Mit ihrem einfachen Versprechen, die Steuern zu senken, bekommt die neue Koaltion immer neue Probleme. Landespolitiker von Union und FDP stimmen in den vielstimmigen Chor der Kritiker ein und bezeichnen die in Berlin ausgehandelten Steuerpläne als nicht finanzierbar. Die Chefs von CSU und FDP, Horst Seehofer und Guido Westerwelle, lassen dagegen keine Gelegenheit aus, auf den Koalitionsvertrag zu pochen.
Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki distanzierte sich klar von der Haltung der Bundes-FDP. Er sagte dem Spiegel, die schwarz-gelben Landesregierungen würden nicht alle Beschlüsse der Bundesregierung einfach mittragen. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, und mehrere SPD-Landeschefs hatten zuvor mit einer Verfassungsklage gegen die Steuerpläne gedroht.
Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn warnte vor einseitigen Belastungen. Im Tagesspiegel sagte der stellvertretende Ministerpräsident, wer eine Steuerreform wolle, müsse Einsparungen vornehmen.
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) warnte im Spiegel davor, Geld zu "verpulvern", das für einen schuldenfreien Haushalt gebraucht werde. Steuersenkungen auf Pump seien unverantwortlich.Sein Amtskollege aus dem Saarland, Peter Müller, sagte dem Spiegel, seinem Land fehle das Geld für Steuersenkungen.
Seehofer und Westerwelle geben sich unnachgiebig
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Helmut Linssen (CDU) erklärte die Pläne der Bundesregierung für nicht unantastbar. "Wir werden die wirtschaftliche Entwicklung abwarten müssen", sagte er der Rheinischen Post. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon sprachen sich gegen den von der FDP geforderten Stufentarif bei der Lohn- und Einkommensteuer aus. Der Tarif sei nicht darstellbar, sagte er der Welt am Sonntag.
"Die Sorgen der Länder müssen wir ernst nehmen", sagte Kauder dem Tagesspiegel. Lösungen könnten nur mit den Ländern gefunden werden. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Entlastung in Höhe von 24 Milliarden Euro sei "die oberste Grenze dessen, was möglich ist", sagte Kauder.
Westerwelle und Seehofer gaben sich hingegen unnachgiebig. Der Außenminister sagte auf dem Bundeskongress der Jungen Liberalen in Saarbrücken: "All denjenigen, die sich in der Steuerpolitik jetzt abseilen möchten von dem, was gerade schwarz auf weiß vereinbart worden ist, rufe ich zu: Koalitionsverträge schließt man, damit sie gelten."
Seehofer erinnerte in der Welt am Sonntag daran, dass die Parteitage die Pläne einstimmig gebilligt hätten. Deshalb könnten sie nicht einige Tage später infrage gestellt werden. Ähnlich argumentierte der neue CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nannte die Finanzpolitik der schwarz-gelben Koalition die richtige Strategie. In der ARD kündigte er Sparanstrengungen an, "um in Sinne von Generationengerechtigkeit für Nachhaltigkeit" zu sorgen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) riet dazu, dem Schuldenabbau Vorrang vor umfassenden Steuersenkungen zu geben. Präsident Hans-Peter Keitel forderte die Bundesregierung im Focus auf, im Haushalt etwa bei den Sozialsysteme zu sparen.