Treffen in Ramstein:Pistorius bereitet Panzerlieferung vor

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Sichern der Ukraine weitere Unterstützung zu: Boris Pistorius und Lloyd Austin mit ihrem ukrainischen Kollegen Oleksij Resnikow (v.l.). (Foto: Hannes P Albert/dpa)

Die Ukraine-Kontaktgruppe erzielt keine Einigung über die Entsendung von "Leopard 2". Der Verteidigungsminister lässt die deutschen Bestände prüfen - "für den Fall der Fälle".

Von Georg Ismar und Matthias Kolb, Ramstein/München

Der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bereitet sich auf eine mögliche Lieferung von deutschen Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine vor und hat daher eine Prüfung aller Bestände und Verfügbarkeiten angeordnet. Zwar gab es beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein mit Vertretern von etwa 50 Staaten noch keine Einigung. Pistorius wies aber nach der Kritik der vergangenen Tage den Eindruck zurück, Deutschland sei isoliert in der Frage.

Ihn interessiert neben der Stückzahl auch die Kompatibilität mit den Systemen der Partner, um handlungsfähig zu sein. "Wir bereiten uns vor für den Fall der Fälle", sagte Pistorius mit Blick auf eine Entscheidung zu Panzerlieferungen. Für ihren Kampf gegen Russland sicherte er der Ukraine ein "Frühjahrspaket" mit Militärhilfe im Wert von einer Milliarde Euro zu. Auch andere Regierungen kündigten umfangreiche Unterstützung an.

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Die Liste jener Staaten, die der Ukraine den aus deutscher Produktion stammenden "Leopard 2" zur Verfügung stellen wollen, wird stetig länger. Die USA geben 31 "Abrams"-Panzer ab.

Als Gastgeber hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin das Treffen mit dem Versprechen eröffnet, dass die etwa 50 versammelten Länder die Ukraine "so lange wie nötig unterstützen" würden. Austin sprach von einem "entscheidenden Moment" des Kriegs: "Die russischen Streitkräfte formieren sich gerade neu, sie rekrutieren weitere Soldaten und versuchen aufzurüsten." Die USA werden Dutzende Schützenpanzer vom Typ Bradley sowie 90 gepanzerte Stryker-Mannschaftsfahrzeuge liefern. Per Video forderte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij weitere Waffen.

Die Vertreter der Ukraine argumentieren ähnlich wie Fachleute, dass Kiew für das zweite Kriegsjahr Kampfpanzer aus westlicher Produktion brauche. Ohne diese modernen Waffen sei es unmöglich, die russische Armee in der Donbass-Region in der Ostukraine zurückzudrängen, eigenes Territorium zurückzuerobern und die für das Frühjahr erwarteten Offensiven Moskaus abzuwehren. Über dieses Thema hat laut Washington Post CIA-Direktor William Burns vergangene Woche in Kiew mit Selenskij beraten.

Die Haltung der Bundesregierung ist deswegen so wichtig, weil Berlin bei jedem Leopard-Panzer zustimmen muss, den Partner an Kiew liefern wollen. Über solche Exportgenehmigungen wurde in Ramstein nicht gesprochen. Pistorius betonte aber, dass Deutschland "nicht im Wege stehen" werde, wenn andere Staaten mit einer Ausbildung an den Panzern beginnen wollten. Das würde bedeuten, dass etwa Polen sofort ukrainische Soldaten trainieren könnte - was zugleich eine finale Ablehnung des Leopard-Exports erschweren würde.

Entscheidend für die Ukraine ist nach Einschätzung von Pistorius derzeit "Luftverteidigung, Luftverteidigung, Luftverteidigung, vor allem auch mit Blick auf Munition". Deutschland werde neben einer Patriot-Batterie ein weiteres Iris-T-SLM-Luftverteidigungssystem liefern. Zudem würden sieben Gepard-Panzer zur Flugabwehr aus Industriebeständen geliefert. Damit könne die Ukraine insgesamt 37 Stück einsetzen. Inklusive des Frühjahrspakets habe Deutschland dann 3,3 Milliarden Euro an militärischer Unterstützung geleistet. Pistorius verwies auch auf die Lieferung von 40 Marder-Schützenpanzern, die Ausbildung ukrainischer Soldaten beginne noch im Januar.

Der stellvertretende Außenminister der Ukraine und frühere Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, kritisierte die Hängepartie scharf. Er rief Pistorius auf, "dieses Panzer-Kasperltheater" zu beenden. "Deutschland darf sich nicht mehr hinter dem Rücken der Amerikaner verstecken", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Unterdessen erklärte die Bundesregierung am Freitag, dass sie die Lieferung von Leopard- 2-Panzern nicht von der Lieferung von M1- Abrams-Panzern der USA abhängig mache. "Es hat zu keinem Zeitpunkt (...) ein Junktim oder eine Forderung gegeben, dass das eine zu erfolgen habe, damit das andere erfolgen kann", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Zuvor hatten die SZ und andere Medien berichtet, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Leopard-Panzer nur liefern wolle, wenn die USA ihre Abrams-Panzer zusagen. Der Online-Dienst Politico berichtete am Donnerstag, Scholz habe sich vor einer Delegation des US-Kongresses in Davos so geäußert. Der Demokrat Seth Moulton wurde mit den Worten zitiert, er habe die Forderung von Scholz "einigermaßen vernünftig" gefunden, da Deutschland auf die nukleare Abschreckung durch die USA angewiesen sei und die Deutschen "dieser Auseinandersetzung viel näher sind als wir".

Offenbar will die Bundesregierung nun den Eindruck erwecken, dass es zwar einen klaren Zusammenhang gebe zwischen amerikanischen und deutschen Lieferungen, dass Berlin dies aber nicht als Bedingung verstanden wissen will. Die SZ bleibt bei ihrer Darstellung.

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