Politik kompakt:Wulff droht mit Boykott

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Wulff fordert Gleichbehandlung der Länder bei Steuersenkungen, die USA sollen Truppen Kolumbiens unterstützt haben und Tausende protestieren nach Obamas Nobelpreis-Rede.

Wulff droht beim Steuerpaket mit Blockade

Sollte Schleswig-Holstein eine Sonderlösung im Steuersenkungsprogramm erhalten, droht Ministerpräsident Wulff mit einer Blockade der Reform. (Foto: Foto: ddp)

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat eine Blockade des Steuersenkungspakets der Bundesregierung angedroht, falls es eine Sonderlösung für Schleswig-Holstein geben sollte. Er sei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankbar dafür, "dass sie klar gesagt hat, dass ein Herauskaufen einzelner Länder mit ihr nicht in Frage komme. Eine isolierte Einzellösung für Schleswig-Holstein würde dazu führen, dass im Bundesrat die Stimmen Schleswig-Holsteins für das Wachstumsbeschleunigungspaket da sind, die Stimmen Niedersachsens aber nicht mehr", sagte Wulff dem Handelsblatt. Kurz vor einem Krisentreffen im Kanzleramt hat sich der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki im Streit um das Steuerpaket hart gezeigt, zugleich aber eine Einigung in Aussicht gestellt. Wie sie aussehen könnte, ist allerdings unklar: "Ich weiß nur, dass wir ein Ergebnis bekommen werden, mit dem beide Seiten leben können und leben werden", sagte Kubicki. Die Bundesregierung machte unterdessen klar, dass Schleswig-Holstein für eine Zustimmung zu den geplanten Steuersenkungen keine Finanzzusagen erwarten kann. Zu dem für Sonntag geplanten Sondertreffen mit der Landesregierung im Kanzleramt sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans: "Die Bundesregierung rechnet nicht mit Entscheidungen am Wochenende."

USA sollen Angriff auf Farc in Ecuador unterstützt haben

Die US-Streitkräfte sollen vor eineinhalb Jahren die entscheidenden Informationen für einen Angriff kolumbianischer Truppen auf Guerilleros in Ecuador geliefert haben. Dies geht aus dem Abschlussbericht der ecuadorianischen Untersuchungskommission hervor, der in Quito vorgestellt wurde. Die US-Botschaft dementierte eine Mitwirkung an dem Einsatz. Die Informationen für den Angriff auf ein Lager der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) seien vom Luftwaffenstützpunkt Manta an der ecuadorianischen Pazifikküste gekommen, heißt es. Dieser wurde damals von den US-Streitkräften genutzt. Damit sei es möglich geworden, den Guerillaführer Paul Reyes aufzuspüren und das kolumbianische Kommando zu ihm zu führen. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, haben führende kolumbianische Regierungsbeamte bestätigt, dass US-Aufklärungsflugzeuge die Informationen für die Militäraktion geliefert hätten.

Protest gegen Afghanistan-Krieg nach Obamas Rede

Mehrere tausend Menschen haben in Oslo nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an US-Präsident Barack Obama gegen den Krieg in Afghanistan demonstriert. Gleichzeitig jubelten mehrere Tausend Menschen dem Präsidenten vor seinem Hotel in der Innestadt von Oslo zu. Obama und seine Frau Michell traten am Rande eines Banketts in Abendgarderobe auf einen Balkon und winkten ihren Fans zu, die unzählige Fackeln entzündet hatte. Obama hatte bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises den Krieg in Afghanistan verteidigt und den Einsatz von Gewalt für zeitweise unumgänglich erklärt. "Krieg ist manchmal notwendig", sagte er. "Wir müssen die harte Wahrheit anerkennen, dass wir während unseres Lebens gewaltsame Konflikte nicht ausmerzen werden", sagte Obama in seiner Dankesrede. Er würdigte zwar gewaltlose Aktionen wie die von Mahatma Gandhi oder Martin Luther King, "aber als Staatsoberhaupt, das geschworen hat, meine Nation zu schützen und zu verteidigen, kann ich mich nicht nur von deren Beispiel leiten lassen."

Schwarz-Gelb laut Umfragen ohne Mehrheit

Elf Wochen nach der Bundestagswahl hat die schwarz-gelbe Koalition nach zwei Umfragen keine Mehrheit mehr in der Bevölkerung. Laut ZDF-Politbarometer liegen die Regierungsparteien Union und FDP nur gleichauf mit der Opposition bei 47 Prozent. Der ARD-Deutschlandtrend ergab sogar einen Vorsprung von 49 zu 47 Prozent für SPD, Grüne und Linke gegenüber CDU/CSU und Liberalen. Offenbar mit Blick auf die wachsende Bedeutung des Klimaschutzes haben sich in beiden Umfragen die Grünen deutlich verbessert. Nach der Erhebung von Infratest Dimap für die ARD kämen CDU/CSU auf 35 Prozent, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre. Für die FDP würden 12 Prozent der insgesamt 1.000 Befragten stimmen, das wären 2,6 Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl am 27. September. Die SPD liegt mit derzeit 24 Prozent nach der Wahl Sigmar Gabriels zum neuen Parteivorsitzenden dagegen um einen Prozentpunkt über ihrem Bundestagswahlergebnis. Die Liste der zehn wichtigsten Politiker führt im Politbarometer erneut Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit einem Wert von 2,2 an. Auf Platz Zwei bleibt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 1,8. Beide verschlechterten sich aber gegenüber dem letzten Politbarometer. Dagegen konnte sich die neue Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf Rang Drei mit 1,3 leicht verbessern.

Nordkorea ist bereit zu Atomverhandlungen

Nach Gesprächen mit einem Sondergesandten der USA hat sich Nordkorea erneut grundsätzlich zur Rückkehr zu den Verhandlungen über sein Atomwaffenprogramm bereiterklärt. Zwischen beiden Ländern herrsche Einvernehmen, dass die Sechs-Länder-Gespräche über das Atomprogramm wieder aufgenommen und die dabei getroffenen Abrüstungsvereinbarungen von 2005 umgesetzt werden sollten, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Pjöngjang. Ähnlich hatte sich bereits der US-Sonderbeauftragte für die Nordkorea-Politik, Stephen Bosworth, nach der Rückkehr von einem dreitägigen Besuch in Pjöngjang in Südkorea geäußert. Eine konkrete Zusage, wann es zu den Sechser-Gesprächen zurückkehren wolle, machte Nordkorea jedoch nicht.

Al-Qaida-Anführer in Pakistan bei Drohnenangriff getötet

Bei einem Drohnenangriff im Nordwesten Pakistans ist einem US-Fernsehbericht zufolge ein Anführer des al-Qaida-Netzwerks von Osama bin Laden getötet worden. Wie NBC News unter Berufung auf US-Regierungskreise berichtete, wurde die Identität des Getöteten nicht bekanntgegeben. Der Angriff sei in den vergangenen Tagen erfolgt. Wie der Sender weiter berichtete, hatten die US-Streitkräfte ihre Angriffe auf al-Qaida-Anführer in den vergangenen Wochen verstärkt. Seit August 2008 gab es in Nordwest-Pakistan mindestens 65 US-Angriffe mit unbemannten Flugzeugen, bei denen mehr als 600 Menschen getötet wurden.

Siedler legen Feuer in Moschee

Im Westjordanland hat nach palästinensischen Angaben eine Gruppe jüdischer Siedler eine Moschee geschändet. Die Täter hätten in dem muslimischen Gotteshaus im Dorf Kfar Jussuf bei Nablus unter anderem Hassbotschaften in Hebräisch an die Wand geschmiert. Eine davon laute: "Wir werden Euch verbrennen", sagte Polizeisprecher Munir Jakub. Darüber hinaus hätten sie Bücherregale mit dem Koran, dem heiligen Buch der Muslime, sowie Gebetsteppiche in Brand gesetzt. Ein Sprecher der israelischen Armee kündigte an, dass die Beschwerde wegen Vandalismus in einer Moschee untersucht werde. Israel betrachte das als schwerwiegenden Vorfall. Nach Angaben des Polizeisprechers haben israelische Siedler in den vergangenen beiden Wochen mehrfach im Westjordanland randaliert. Im Dorf Burin bei Nablus haben Siedler nach palästinensischen Angaben die Farm und das Haus einer palästinensischen Familie angezündet. Die Palästinenser glauben, dass sich militante Siedler damit für den auf zehn Monate befristeten Baustopp in jüdischen Siedlungen im Westjordanland rächen.

Merkel-Berater erhält Spitzenposten in Brüssel

Deutschland hat sich doch noch einen der durch den EU-Reformvertrag geschaffenen Spitzenposten in Brüssel gesichert: Der europapolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Uwe Corsepius, soll Mitte 2011 Generalsekretär des Ministerrats werden. Darauf verständigten sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel, wie aus deutschen Regierungskreisen bekannt wurde.Corsepius soll im Juni 2011 die Nachfolge des amtierenden Generalsekretärs Pierre de Boissieu antreten. Der Franzose leitet das Ratssekretariat faktisch seit 1999. Bis Anfang Dezember war er formal allerdings nur stellvertretender Generalsekretär, weil das Amt des Generalsekretärs mit dem des EU-Außenbeauftragten Javier Solana zusammenfiel. Als eigenständigen Posten gibt es das Amt des Generalsekretärs erst seit Inkrafttreten des EU-Reformvertrags von Lissabon am 1. Dezember. De Boissieus Amtszeit endet einen Tag nach dem EU-Gipfel im Juni 2011, das genaue Datum ist noch offen.

Italienischer Minister muss wegen Bestechlichkeit vor Gericht

Der italienische Minister Raffaele Fitto, der für die Beziehungen der Zentralregierung zu den Regionen zuständig ist, muss sich wegen Bestechlichkeit und illegaler Parteienfinanzierung vor Gericht verantworten. Nach Medienberichten vom Freitag befand das Gericht im süditalienischen Bari, dass Fitto wegen Abmachungen mit einem römischen Unternehmer der Prozess gemacht werden soll. Vorwürfe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ließ das Gericht fallen. Fitto zählte zu Beginn des Jahrzehnts zu den Hoffnungsträgern der Partei Forza Italia von Ministerpräsident Silvio Berlusconi. 2000 wurde er zum Präsidenten der Provinz Apulien. In dieser Funktion soll er mit dem römischen Unternehmer Giampaolo Angelucci vereinbart haben, dass dieser Fittos Partei "Apulien zuerst" 500.000 Euro spendet, im Gegenzug Verträge über die Verwaltung von Seniorenheimen im Wert von 200 Millionen Euro erhält.

Teilweise Neuauszählung der Präsidentenwahl in Rumänien

Nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Rumänien muss ein Teil der Stimmen neu ausgezählt werden. Das Verfassungsgericht entschied am Freitag, rund 138.000 für ungültig erklärte Stimmen der Stichwahl vom vergangenen Sonntag müssten überprüft werden. Dies könnte rechnerisch den Sieg von Amtsinhaber Traian Basescu gefährden, der nur 70.000 Stimmen mehr als sein Herausforderer erhalten hatte. Der in der Stichwahl unterlegene Sozialdemokrat Mircea Geoana wirft Basescu massive Wahlfälschung vor und war deshalb vor das Verfassungsgericht gezogen. Die Richter müssen auch über eine weitere Beschwerde Geoanas befinden, mit der er das gesamte Wahlergebnis wegen angeblicher massiver Mehrfach-Stimmabgaben und Stimmenkäufe zu Fall bringen will. OSZE-Wahlbeobachter hatten erklärt, die Wahl habe die Kriterien der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erfüllt.

London will Waren israelischer Siedler kennzeichnen

Die britische Regierung hat Supermärkte zur Kennzeichnung von Produkten aus israelischen Siedlungen aufgefordert. Damit sollen Kunden zwischen Waren aus den Palästinensergebieten und den jüdischen Siedlungen unterscheiden können. Bisher werden die Produkte lediglich mit dem Hinweis versehen, dass sie aus dem Westjordanland importiert sind. Die israelische Regierung fürchtet nach Medienangaben von Freitag einen Boykott. Das Landwirtschaftsministerium erklärte, mit den unverbindlichen Richtlinien reagiere es auf den Wunsch von Einzelhändlern, Verbraucherverbänden und Nichtregierungsorganisationen nach "größerer Klarheit". Die Zeitung Guardian berichtete, dass rund 27 Firmen aus den jüdischen Siedlungen Waren wie Gemüse oder Obst exportierten. Die israelische Botschaft in London zeigte sich "extrem enttäuscht" von der Entscheidung. Sie spiele denen in die Hände, die nach einem Boykott israelischer Produkte verlangten. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte dem Sender BBC, der Vorschlag sei "politisch motiviert". Palästinenservertreter begrüßten die Entscheidung dagegen.

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