Wirtschaftskrieg:Ungarn: Verhandlungen zum Ölembargo bringen nichts

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Ungarns kürzlich wiedergewählter Ministerpräsident Viktor Orban (Foto: Marton Monus/dpa)

Regierungschef Viktor Orbán blockiert den Importstopp gegen Russland und will nun nicht einmal mehr darüber reden. Hinter dem Ärger dürfte der Wunsch nach mehr Geld aus Brüssel stehen.

Von Björn Finke, Brüssel

Ungarns Regierung verschärft den Streit um das Ölembargo gegen Russland: Ministerpräsident Viktor Orbán will den geplanten Importstopp nicht einmal mehr beim Gipfeltreffen der 27 Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel diskutieren. Der kürzlich wiedergewählte Politiker schickte einen vierseitigen Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel, in dem er darlegte, dass solch eine Debatte "nur auf unsere interne Spaltung hinweisen würde, ohne eine realistische Chance zu bieten, die Differenzen beizulegen". Denn seine Regierung könne dem sechsten Sanktionspaket der EU, das dieses Ölembargo vorsieht, weiterhin nicht zustimmen, heißt es in dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Kommission präsentierte die Vorschläge für das sechste Paket vor drei Wochen. Für die Annahme ist Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten nötig, und Ungarn blockiert das bislang mit der Begründung, dass ein Verzicht auf russisches Öl die heimische Wirtschaft zu hart treffen würde. Diplomaten hatten gehofft, dass der Disput bis zum Gipfel oder bei dem Spitzentreffen beigelegt werden kann, doch der Brief Orbáns weist in eine andere Richtung. Das wiederum wird in Brüssel die Debatte befeuern, ob die EU das sechste Paket an Strafmaßnahmen nicht aufteilen sollte: in einen unstrittigen Teil, der verabschiedet werden kann, und in das Ölembargo, über das weiter verhandelt werden muss.

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Neben dem Importstopp umfasst das Paket etwa Sanktionen gegen die Sberbank, die größte russische Bank. Sie soll genau wie zwei weitere Finanzinstitute vom globalen Überweisungssystem Swift abgekoppelt werden. Damit wären zehn Banken betroffen. Drei weitere russische Staatssender sollen ihre Sendelizenz in der EU verlieren. Außerdem ist ein Verbot für Russen geplant, Immobilien in der EU zu kaufen oder Anteile an Immobilienfonds. Steuer-, PR- und Unternehmensberater sowie Wirtschaftsprüfer dürfen nicht mehr für Russen arbeiten.

Eine Alternative zur Aufteilung wäre, das umstrittene Ölembargo abzuschwächen: zum Beispiel indem es nur für die einfacher zu ersetzenden Lieferungen per Tankschiff gilt und Pipeline-Öl außen vor gelassen wird. Dann könnten Ungarn, die Slowakei, Tschechien, Polen und Deutschland weiter Öl über die russische Druschba-Röhre beziehen. Nach Schätzungen der Kommission wird ein Drittel der EU-Importe aus Russland per Pipeline geliefert.

Raffinerie südlich von Budapest, zu der die Druschba-Pipeline Öl bringt: Ungarn lehnt einen Importstopp ab. (Foto: A2800 epa Laszlo Beliczay/dpa)

Im Grunde gibt es keinen Zeitdruck für eine Einigung beim Ölembargo, da es ohnehin erst mit Vorlauf in Kraft treten soll: Importe von russischem Rohöl werden erst nach sechs Monaten Übergangszeit untersagt und die Einfuhr von raffinierten Produkten wie Benzin und Diesel nach acht Monaten. Zum Vergleich: Beim im April beschlossenen Kohle-Embargo haben die Staaten nur vier Monate zur Umstellung. Zudem sollen für die Slowakei und Ungarn Sonderregeln gelten. Die Länder hängen nahezu komplett von der russischen Druschba-Ölpipeline ab; sie haben keinen Seehafen, um Tankschiffe von anderen Förderländern zu entladen. Daher haben sie bis Ende 2024 Zeit. Tschechiens Regierung konnte nach Protesten immerhin einen Aufschub bis Sommer 2024 durchsetzen.

Brüssel gewährt Hilfen - aber mit Auflagen

Die Kommission sagte vergangene Woche außerdem Finanzhilfen zu. Die Behörde bezifferte da die nötigen Investitionen in der EU auf bis zu zwei Milliarden Euro, um vom russischen Öl wegzukommen. Dafür sollen Mitgliedstaaten Zuschüsse und günstige Kredite aus Brüssel erhalten. All das reicht Ungarns Regierungschef aber nicht. In dem Brief an den EU-Ratspräsidenten kritisiert Orbán unter anderem, dass die Kommission die Zuschüsse und günstigen Kredite über ein Programm aus dem Corona-Hilfstopf ausschütten will. Orbán weist darauf hin, dass Geld aus diesem Topf "nicht für alle Mitgliedstaaten gleich gut zugänglich ist".

Tatsächlich müssen die Regierungen für Mittel aus diesem Programm Reform- und Investitionspläne bei der Kommission einreichen, und die Behörde muss sie genehmigen, bevor das Geld fließt. Im Fall von Ungarn und Polen gibt die Kommission bislang kein grünes Licht, weil die Regierungen angemahnte Reformen verweigern: etwa ein besserer Kampf gegen Korruption oder die Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz. Orbán befürchtet nun offenbar, dass er die Zuschüsse, um unabhängig von russischem Öl zu werden, de facto gar nicht kassieren kann - es sei denn, er erfüllt die Auflagen der Kommission.

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