Verteidigungsbündnis:Die Nato erhält deutlich mehr Geld

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Italienische Soldaten bei einem Nato-Manöver in Bulgarien. Das Militärbudget des Bündnisses steigt 2023 auf 1,96 Milliarden Euro. (Foto: Stoyan Nenov/Reuters)

Angesichts einer "gefährlicheren Welt" erhöhen die 30 Mitglieder das aktuelle Gemeinschaftsbudget - und senden ein Signal an Russland. Auch künftig wollen die Nato-Länder mehr in Verteidigung investieren.

Von Matthias Kolb

Als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die sich dadurch verschlechterte Sicherheitslage haben die 30 Mitglieder der Nato eine deutliche Erhöhung des Budgets der Militärallianz für 2023 beschlossen. Der zivile Haushalt wächst demnach um etwa 28 Prozent auf 370,8 Millionen Euro; das Militärbudget steigt im Vergleich zu 2022 um ein Viertel auf 1,96 Milliarden Euro.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte den Schritt als "konkreten Ausdruck des höheren Ehrgeizes". Fast eine Milliarde Menschen leben in den Nato-Staaten - und diesen könnten die USA, Kanada und die Europäer nur gemeinsam "in einer gefährlicheren Welt Sicherheit bieten", sagte er.

Drei Zahlen illustrieren den Umfang des Nato-Gemeinschaftsbudgets: Die Zahlen für 2023 entsprechen dem Militärhaushalt der Slowakei, einem Land mit 5,5 Millionen Einwohnern. Laut Nato-Berechnungen hat Deutschland 2022 insgesamt 55,6 Milliarden Euro für Verteidigung ausgegeben; die USA, auf deren militärische Fähigkeiten sich das Bündnis besonders verlässt, investierten sogar 769 Milliarden Euro. Aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert die Nato sowohl ihre Zentrale in Brüssel mit 1000 zivilen Angestellten als auch ihre militärischen Hauptquartiere.

Vor allem Frankreich gilt im Verteidigungsbündnis als Bremser

Seit 2021 trägt Deutschland mit den USA den größten Anteil der Gemeinschaftskosten. Beide Länder übernehmen jeweils rund 16,3 Prozent - 2021 entsprach dies etwa 400 Millionen Euro. Der deutsche Anteil war erhöht worden, um die Kritik des früheren US-Präsidenten Donald Trump zu entkräften. Dieser hatte stets geklagt, die europäischen Alliierten täten zu wenig für die gemeinschaftliche Verteidigung.

Dass sich das Nato-Budget erhöht, ist folgerichtig. Gerade der von allen Mitgliedern geschätzte Stoltenberg, der nur wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sein Amt als Generalsekretär nicht abgegeben hat, wirbt seit Langem dafür, die Gemeinschaftsausgaben der Nato zu verdoppeln. Sein Argument: Wenn die Sicherheitslage gefährlicher wird, braucht es mehr Ressourcen und Personal. Zusätzliches Geld könnte etwa für Kommunikationstechnik investiert werden. Als Bremser im Verteidigungsbündnis gilt Frankreich - und alle Beschlüsse müssen einstimmig gefällt werden.

Ende Juni hatten sich die Staats- und Regierungschefs der Nato auf ihrem Gipfel in Madrid dazu bekannt, bis 2030 die Investitionen für "Verteidigung und Schlüsselfähigkeiten" deutlich zu steigern. "Wir werden sicherstellen, dass für unsere politischen Beschlüsse die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stehen", heißt es in der Abschlusserklärung. Es gelte, die "gemeinsame Widerstandskraft gegen jede Form von Angriff" zu stärken.

2014, als Reaktion auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, hatten die Nato-Mitglieder als Ziel ausgegeben, dass jedes Land bis 2024 zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in Verteidigung investieren solle. Diese umstrittene Zwei-Prozent-Marke erreichte 2022 jedoch nur ein knappes Drittel der Mitglieder.

Einige Mitglieder fordern einen Beitrag von drei Prozent der Wirtschaftsleistung

Trotz des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr musste die Bundesregierung im Dezember einräumen, dass das Nato-Ziel auch 2022 nicht erfüllt wird und man lediglich bei 1,7 Prozent liegt. Zuvor betrug der Wert 1,44 Prozent. Erst in dieser Woche räumte das Verteidigungsministerium in einem internen Bericht ein, dass die Bundeswehr große Mühe habe, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen. So fehle es an Schiffen, an Artilleriegeschützen, Flugabwehrsystemen und moderner Funktechnik.

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Auf die Bundesrepublik sowie andere europäische Nato-Mitglieder warten in den kommenden Monaten schwierige Debatten. Denn in Madrid wurde beschlossen, beim nächsten Gipfel in Vilnius "Beschlüsse zu weiteren Verpflichtungen nach 2024" zu fassen. Und angesichts der russischen Aggression sowie der militärischen Aufrüstung Chinas plädieren einige für ein deutlich ambitionierteres - und teures - Ziel: Die eigene Sicherheit sollte den Mitglieder des Verteidigungsbündnisses drei Prozent der Wirtschaftsleistung wert sein.

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