Europawahl:Linke nominiert Seenotretterin Carola Rackete

Lesezeit: 2 min

Die politische Aktivistin und Kapitänin Carola Rackete. (Foto: Boris Roessler/AP)

Die Aktivistin soll als Teil eines Vierergespanns für die Europawahl 2024 kandidieren. Linken-Chefin Wissler sagt, die Partei wolle sich mehr für soziale Bewegungen öffnen.

Von Saladin Salem

Die Seenotretterin und Umweltschützerin Carola Rackete soll bei der Europawahl 2024 für die Linke kandidieren. Das teilte Parteichefin Janine Wissler auf einer Pressekonferenz mit. Damit stellt die Partei wie häufiger in den vergangenen Jahren eine parteilose Kandidatin auf.

Rackete stehe für die "Verbindung von Klima- und Klassenpolitik", sagte Wissler bei der Vorstellung der Personalie. Rackete solle für den zweiten Listenplatz hinter dem Parteivorsitzenden Martin Schirdewan kandidieren, der derzeit auch Fraktionschef der Linken im Europaparlament ist.

Die 35-jährige Kapitänin wurde 2019 international bekannt, als sie mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen auf dem Schiff Sea-Watch 3 trotz eines Verbots der italienischen Behörden die Insel Lampedusa ansteuerte. Es folgte ein Strafverfahren, das 2021 aber eingestellt wurde.

Bei ihrer Vorstellung erklärte Rackete, es fehle den sozialen Bewegungen an Unterstützung einer starken parlamentarischen Linken. Sie wolle daher in enger Absprache mit den Bewegungen für Klimagerechtigkeit und Migration stehen. Für diese Gruppen sei es wichtig, Ansprechpartner im Parlament zu haben. Sollte sie ein Mandat erhalten, plane sie, im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments zu arbeiten. Rackete wolle aber nicht in die Partei eintreten.

Auf Twitter schrieb Rackete zu ihrer Kandidatur, sie betrachte das Mandat als ein kollektives Projekt. "Das Mandat will ich mit Gruppen teilen, die sonst keinen Zugang zum Parlament hätten: EU-Einwohner:innen ohne EU-Pass und Bewegungen aus dem Globalen Süden", so Rackete.

Mit der Nominierung geht die Partei auf Distanz zu Sahra Wagenknecht

Neben Rackete und Schirdewan soll auch die Europaabgeordnete Özlem Demirel erneut für die Wahl 2024 vorgeschlagen werden. Vervollständigt wird das Vierergespann mit dem parteilosen Sozialmediziner Gerhard Trabert. Die Linke schickte ihn bereits 2022 als Gegenkandidaten für das Amt des Bundespräsidenten gegen Frank-Walter Steinmeier ins Rennen. 2021 trat er als Mainzer Direktkandidat der Linken für den Bundestag an.

Trabert ist Gründer des Vereins "Armut und Gesundheit in Deutschland" und seit mehreren Jahren mit einem "Arztmobil" unterwegs, in dem er wohnungslose Menschen kostenlos ärztlich versorgt.

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Die Vorschläge für die Kandidatur zur Europawahl sollen im September dem Bundesausschuss der Linken vorgelegt werden, sagte Wissler. Offiziell wird die Liste für die Europawahl erst bei einem Linken-Parteitag Mitte November erstellt.

Die Parteivorsitzenden Wissler und Schirdewan sind wegen schlechter Wahlergebnisse und Umfragewerte der Linken und wegen des Dauerstreits mit der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht unter Druck. Mit dem Vorschlag von Rackete geht die Parteispitze klar auf Distanz zu Wagenknecht, die sich für eine striktere Migrationspolitik ausspricht. Sollte Wagenknecht eine eigene Partei gründen, könnte sie mit prominenter Unterstützung rechnen. Ex-Parteichef Klaus Ernst sagte der Abendzeitung: "Auch ich kann mir gut vorstellen, einer solchen Partei beizutreten."

Bei der vergangenen Europawahl im Jahr 2019 erreichte die Linke 5,5 Prozent der deutschen Stimmen und holte fünf Sitze im Europaparlament.

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