Klimaaktivismus:Buschmann prüft härtere Strafen zum Schutz von Kunst

Lesezeit: 2 min

Überfällig, aber nicht leicht zu kommunizieren: Justizminister Marco Buschmann korrigiert ein Gesetz, das laut Richterbund "zum Bumerang" geworden ist. (Foto: Sarah Silbiger/Imago)

Wer Kulturschätze angreife, überschreite "eine rote Linie", findet der FDP-Bundesjustizminister. Parteikollege Baum hält die bestehenden Gesetze für ausreichend.

In Potsdam bewarfen Aktivisten ein durch eine Glasscheibe geschütztes Gemälde von Claude Monet mit Kartoffelbrei, in Dresden klebten sie sich an die "Sixtinischen Madonna" von Raffael: Klimaschutz-Demonstranten erhitzen mit solchen Aktionen seit Wochen die Gemüter. Über den rechtlichen Umgang damit sind Politiker uneins.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) möchte nun prüfen, ob härtere Strafen für die Gefährdung von Kulturgütern nötig sind. Er sagte der Bild am Sonntag, sein Ministerium werde genau beobachten, wie die Justiz mit den Angriffen umgehe und ob es ein gesetzliches Defizit in Deutschland gebe. "Wer Kunstwerke bewirft, kann sich einer Sachbeschädigung strafbar machen", so Buschmann. Auch eine Straßenblockade könne als Nötigung bestraft werden. Gesetze sähen neben Geldstrafen in bestimmten Fällen auch Freiheitsstrafen vor. Diese Gesetze gelte es durchzusetzen.

Zur Besonnenheit mahnte indes der FDP-Politiker und ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum: "Die Gesetze, die wir haben, reichen völlig aus", sagte er im Deutschlandfunk. Das Recht müsse angewandt werden, und zwar möglichst schnell nach einer Tat. Es müsse aber "nicht pervertiert werden, wie die Bayern das jetzt tun mit einem Polizeigewahrsam". Nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz können Bürger auf Grundlage einer richterlichen Entscheidung bis zu zwei Monate lang festgehalten werden, um zu verhindern, dass sie eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begehen.

SZ PlusMeinungProteste
:Bayern bestraft Klimaschützer mit politischer Haft

Dürfen Straßenblockierer und Breiwerfer wochenlang zur Vorbeugung weggesperrt werden? Als ob Populismus ein Haftgrund wäre.

Kolumne von Heribert Prantl

Nach Festklebeaktionen in München war Anfang November für mehrere Klimaaktivisten ein 30-tägiger Gewahrsam beantragt worden. Ministerpräsident Markus Söder warb für das Vorgehen. In Bayern gebe es Gewahrsam für diejenigen, die neue Straftaten ankündigen, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir brauchen in ganz Deutschland eine klare Linie."

Die Aktivisten wollen mit den Aktionen mehr Aufmerksamkeit für den Klimaschutz erreichen

Unter dem Namen "Letzte Generation" machten Klimaaktivisten in den vergangenen Wochen immer wieder mit Protestaktionen von sich reden. Sie setzten sich auf Autobahnen, blockierten Hauptverkehrsadern großer Städte und klebten ihre Hände nicht nur auf Kunstwerken, sondern auch auf Straßen fest. All das, um damit Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu erreichen: eine entschiedene Kehrtwende in der Klimapolitik, ein Tempolimit und eine allgemeine Drosselung des CO₂-Ausstoßes.

Während die Gruppe durch die Aktionen nach eigenen Angaben mehr Zulauf bekommt, hält das Gros der Bevölkerung diese laut einer Umfrage für falsch. Bei der Forschungsgruppe Wahlen sprachen sich 83 Prozent der Befragten gegen das Vorgehen der "Letzten Generation" aus. Carla Rochel, eine der Aktivistinnen, sagte der SZ dazu: "Keine Protestbewegung war am Anfang beliebt." Selbst "Fridays for Future" sei zu Beginn heftig attackiert worden.

In einer offenen Gesellschaft dürfe jeder für sein Anliegen werben, Dinge kritisieren und demonstrieren, sagt Justizminister Buschmann. Das sei nicht nur rechtlich geboten, sondern mache eine vielfältige Gesellschaft aus. "Das Bewerfen von Kunst mit Lebensmitteln hat damit aber wenig zu tun", findet Buschmann. "Wer unsere Kulturschätze angreift und gefährdet, überschreitet eine rote Linie."

Angriffe auf Kulturschätze haben zugenommen

Die Protestaktionen in Museen haben sich in jüngster Vergangenheit gehäuft. In Londons National Gallery überschütteten Klimaaktivisten das ebenfalls von einer Glasscheibe geschützten Vincent van Goghs Werk "Sonnenblumen" mit Tomatensuppe, in der Berliner Gemäldegalerie klebten sich zwei Aktivisten an ein Werk von Lucas Cranach dem Älteren.

Im Oktober bewarfen Klimaaktivisten der Protestgruppe "Letzte Generation" das Gemälde "Getreideschober" von Claude Monet im Potsdamer Museum Barberini mit Kartoffelbrei. (Foto: AFP)

Auch in den Niederlanden gab es Protestaktionen. Hier sind Anfang November drei Klimaaktivisten in zu zwei Monaten Haft verurteilt worden. Die drei Männer hatten sich mit Klebstoff an der Schutzscheibe des berühmten Vermeer-Gemäldes "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" im Museum Mauritshuis in Den Haag festgeklebt und das Bild mit Tomatensoße bekleckert.

© SZ/dpa/case - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAttacken auf Kunstwerke
:Aktivismus für Anfänger

Selbstankleber, Suppenwerfer und "Sofortismus": Zur nun auch schon 100-jährigen Geschichte des Remmidemmis.

Von Gustav Seibt

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: