Bundesregierung:Kabinett beschließt Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung

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Gesundheitsminister Lauterbach hat den Gesetzentwurf am Mittwoch in der Bundespressekonferenz noch einmal präsentiert. (Foto: Annegret Hilse/Reuters)

Kiffen könnte in Deutschland bald legal sein - mit vielen Einschränkungen. Gesundheitsminister Lauterbach sieht das Vorhaben als "Wendepunkt einer leider gescheiterten Cannabisdrogenpolitik".

Von Nadja Lissok

Die Ampelkoalition hat dem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Cannabis-Legalisierung zugestimmt. Somit ist der Weg frei für eine radikale Umkehr in der deutschen Drogenpolitik, die seit Monaten kontrovers diskutiert wird. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis soll künftig für Erwachsene straffrei bleiben.

Lauterbach bezeichnet den Gesetzentwurf bei der Präsentation als "Wendepunkt einer leider gescheiterten Cannabisdrogenpolitik". Ziel sei es, den Schwarzmarkt und die Drogenkriminalität zurückzudrängen und das Dealen mit gestreckten Substanzen einzudämmen. Diesen Problemen wolle man mit einer "kontrollierten Legalisierung" begegnen, sagte der Minister und sprach von einem "Gesetz mit Augenmaß".

Kritiker der Cannabis-Legalisierung werfen Lauterbach vor, den Gesundheits- und Jugendschutz außer Acht zu lassen. Die Debatte über den Entwurf sei hilfreich, sagte der Minister. Er wolle die Probleme, die ein hoher Cannabiskonsum mit sich bringt, nicht verschweigen. "Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist ein zentraler Bestandteil des gesamten Gesetzesvorhabens", betonte Lauterbach. Eine an junge Menschen gerichtete Präventionskampagne werde über die Gefahren von Cannabis aufklären. "Noch wachsende Gehirne können vom Konsum nachhaltig geschädigt werden", erklärte Lauterbach.

Was sieht der Entwurf vor?

Die Droge Cannabis soll aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen werden, wo es bisher neben Heroin, LSD und Kokain als verbotene Substanz gelistet ist. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis wird straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Bis zu drei "weibliche blühende Pflanzen" wären im Eigenanbau erlaubt. Sie müssen nur vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt werden.

Gibt es in deutschen Städten bald Cannabis-Shops?

Nein, die ursprünglich geplanten Fachgeschäfte verstoßen gegen EU-Recht. Sie wird es erstmal nicht geben. Stattdessen sollen "nicht-gewinnorientierte" Vereine gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen. Sie geben den Stoff dann an ihre maximal 500 Mitglieder für den Eigenkonsum weiter. Pro Club-Mitglied dürfen maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Das Gesetz sieht zahlreiche weitere Auflagen für die Clubs vor.

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Erst in einem zweiten Schritt sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer in Modellprojekten "kommerzielle Lieferketten" ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet und sind auf fünf Jahre befristet.

Wie geht es jetzt weiter?

Wann das Gesetz in Kraft tritt, hängt davon ab, wann es nach der Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen wird. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums muss der Bundesrat nicht zustimmen. Bis spätestens Ende des Jahres soll die Cannabis-Legalisierung nach Lauterbachs Plan in Kraft treten.

Was sagen die Gegner des Gesetzentwurfs?

Besonders Unionspolitiker kritisieren Lauterbachs Pläne. Sie fürchten eine "Normalisierung" der Droge und warnen vor der sinkenden Hemmschwelle, besonders bei Jugendlichen. Generealsekretär Carsten Linnemann hält das Gesetz für "einen schweren Fehler". CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt findet das Vorhaben "absolut verantwortungslos".

"Mit diesem Gesetz wird ein kompletter Kontrollverlust verbunden sein", sagt auch Sachsens CDU-Innenminister Armin Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sein Amtskollege aus NRW, Herbert Reul (ebenfalls CDU), warnt, die Ampelkoalition werde damit Polizei und Justiz nicht etwa weniger, sondern stärker belasten.

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