Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland fällt kleiner aus als ursprünglich geplant - und sie beschränkt sich auf den privaten Bereich sowie Vereine. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) haben die überarbeiteten Pläne der Ampelkoalition in Berlin vorgestellt. So sollen der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen künftig straffrei sein. "Der Konsum soll noch in diesem Jahr legal werden", sagte Özdemir. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen.
Die geplanten Cannabis-Fachgeschäfte, in denen Rauschmittel frei verkauft werden können, wird es zunächst nicht geben. Dies soll erst in einem zweiten Schritt und nur in einigen Modellregionen erprobt werden - mit wissenschaftlicher Begleitung. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission geeinigt, hieß es.
Cannabis-Legalisierung:Doch nicht frei zum High
Die Ampel-Koalition will den Genuss von Cannabis legal machen. Gesundheitsminister Lauterbach schwärmte von einem "Modell für Europa" - nun kommt es ausgerechnet wegen Europa nicht voran. Wie es jetzt weitergeht.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch verabredet, die "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. Lauterbach hatte dazu bereits im Herbst Eckpunkte vorgelegt. Von Anfang an gab es aber Bedenken, dass die Pläne an internationalem und EU-Recht scheitern könnten.
Lauterbach und Özdemir verteidigten grundsätzlich die Legalisierungspläne. Der Schwarzmarkt solle zurückgedrängt werden, bekräftigten beide. "Das Versprechen, dass er ganz verschwindet, das wäre nicht seriös", sagte Özdemir. Aber: "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt."
Lauterbach sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen", flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche. Der Cannabis-Konsum für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bleibe verboten. "Daran wird sich nichts ändern." Es sollen aber bessere Präventionsprogramme für Minderjährige aufgebaut werden.
Erster konkreter Gesetzentwurf im April
Die bisherige Cannabis-Politik sei gescheitert, so Lauterbach. "Die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz haben in der Vor-Corona-Zeit stetig zugenommen." Allein in Bayern wurden nach Angaben des Ministers im Jahr 2019 etwa 55 000 Fälle verzeichnet. Bundesweit sei die Anzahl der erfassten Rauschgiftdelikte und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz seit 2011 jedes Jahr gestiegen.
Die neuen Eckpunkte für das Legalisierungsvorhaben sind ein weiterer Zwischenschritt. Noch im April soll als nächstes ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Vereinen - den sogenannten Cannabis-Clubs - vorgelegt werden. Dieser müsste nach Abstimmung in der Regierung und Kabinettsbeschluss später noch durch Bundestag und Bundesrat.
Union kritisiert Pläne
Kritik an den Plänen kommt von den Unionsparteien. Der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU), sagte den Funke-Zeitungen, die Koalition wolle eine Droge legalisieren, vor der Psychologen und Jugendmediziner seit Jahren warnten.
Auch die bayerische Staatsregierung griff die neuen Pläne der Ampelregierung scharf an. Sie will die Legalisierung in Bayern möglichst verhindern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das Vorhaben auf Twitter einen "Irrweg". Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte: "Die Ampelkoalition versucht jetzt krampfhaft, mit juristischen Winkelzügen Schlupflöcher für ihr ideologisches Legalisierungsprojekt zu finden." Gesundheitsrisiken würden verharmlost.
Die Argumentation, die Legalisierung führe zu mehr Jugendschutz, bezeichnete Holetschek als "schlechten Witz". Bayern werde genau analysieren, wie die Cannabis-Legalisierung im Freistaat zu verhindern sei.
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Die Eckpunkte im Einzelnen:
- Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis wird straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
- Maximal drei "weibliche blühende Pflanzen" sind im Eigenanbau erlaubt - geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
- "Nicht-gewinnorientierte" Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter liegt bei 18 Jahren. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich werben. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
- Pro Club-Mitglied dürfen maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
- In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas.
- In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
- Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.
- Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
- In einem zweiten Schritt sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer in Modellprojekten "kommerzielle Lieferketten" ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, sind auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt.
Im Gesetzgebungsverfahren kann sich an den Eckpunkten noch einiges ändern.