Nahost:Israel reagiert auf Raketenangriffe aus Syrien

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Israelische Soldaten auf Patrouille auf den annektierten Golanhöhen, nachdem Raketen aus Syrien auf die Region abgefeuert wurden. (Foto: Jalaa Marey/AFP)

Nachdem von syrischem Gebiet aus Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert wurden, hat Israel Ziele in Syrien angegriffen. In Tel Aviv und im Westjordanland kam es wieder zu Protesten gegen die Regierung.

Israel hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht Ziele im Nachbarland Syrien angegriffen. Getroffen wurden demnach Stellungen von Raketenwerfern, von denen aus zuvor Raketen Richtung Israel abgeschossen worden waren. Im Einsatz waren israelischen Medien zufolge Artillerie und Drohen. Zudem teilte die israelische Luftwaffe mit, sie habe ein Militärgelände der syrischen Armee getroffen sowie von der Armee genutzte Radarsysteme und Artillerieposten.

Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete von Explosionen nahe der Hauptstadt Damaskus. Das syrische Verteidigungsministerium teilte mit, seine Luftabwehr habe einige israelische Raketen abgefangen.

Bereits am Samstagabend waren von Syrien aus drei Raketen abgefeuert worden, von denen eine nahe einer nordisraelischen Stadt im offenen Gelände herunterkam, zwei weitere erreichten das israelische Gebiet nicht. Am frühen Sonntagmorgen wurden erneut drei Raketen abgefeuert, die offenbar auf israelische Siedlungen auf den von Israel besetzten Golanhöhen zielten. Eine der Raketen wurde vom Raketenabwehrsystem Iron Dome abgefangen, die zweite kam in der Nähe zweier Siedlungen herunter, ohne großen Schaden anzurichten. Die dritte stürzte offenbar noch vor der syrischen Grenze ab. Der Times of Israel zufolge hat sich eine palästinensische Miliz, die die syrische Armee im Bürgerkrieg unterstützt, zu den Raketenangriffen bekannt.

Israels Luftwaffe bombardiert regelmäßig Ziele im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien, um zu verhindern, dass Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die Hisbollah ihren militärischen Einfluss in Syrien ausweiten. Der Iran ist neben Russland im Bürgerkrieg der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Die Lage ist seit mehr als drei Monaten extrem angespannt

In Israel waren am Samstag trotz der verschärften Sicherheitslage die Proteste gegen die Politik der rechts-religiösen Regierung von Benjamin Netanjahu weitergegangen. Das teilten die Veranstalter der seit drei Monaten andauernden Protestaktionen mit.

Zehntausende von Menschen demonstrierten am Samstagabend erneut in der Küstenstadt Tel Aviv sowie in anderen Städten gegen die umstrittene Justizreform. Im Gedenken an die Opfer zweier Anschläge entzündeten sie Kerzen und hielten eine Schweigeminute ein. In Tel Aviv marschierten in schwarze Uniformen gekleidete Demonstranten mit einem Banner "Wutbrigaden des Diktators", offenbar in Anspielung auf die Nationalgarde, die der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir erhalten soll.

Protest gegen Benjamin Netanjahu: Demonstranten zeigen in Tel Aviv ein großes Transparent mit dem Bild des israelischen Premierministers. (Foto: Ilan Rosenberg/Reuters)

Am Freitagabend waren nach Angaben von Rettungskräften bei einem Anschlag nahe der Tel Aviver Strandpromenade ein italienischer Tourist getötet und sieben weitere Touristen im Alter von 17 bis 74 Jahren verletzt worden. Am Freitagvormittag waren bei einem Anschlag im Westjordanland zwei israelische Schwestern getötet und ihre Mutter lebensgefährlich verletzt worden. Die mutmaßlich palästinensischen Täter hatten aus einem Auto auf die Frauen geschossen, die ebenfalls in einem Fahrzeug unterwegs waren, und konnten dann entkommen.

Seit mehr als drei Monaten ist die Lage in Israel extrem angespannt: Es kommt zu ständigen Protesten gegen eine geplante Justizreform der rechts-religiösen Regierung, die nach Expertenmeinung die Grundfesten der Demokratie bedroht. "Wir werden den Kampf gegen die Diktatur fortsetzen, als ob es keinen Krieg gegen den Terror gäbe", teilten die Veranstalter mit. Gleichzeitig werde man die Sicherheitskräfte unterstützen, "als ob es keinen Krieg gegen die Diktatur gäbe".

Anschlagsopfer stammen aus Italien und Großbritannien

Die nun bei dem Vorfall in Tel Aviv Verletzten stammten nach Krankenhausangaben alle aus Italien und Großbritannien. Die Polizei gab an, der Attentäter sei mit seinem Auto mit hoher Geschwindigkeit auf dem Fahrradweg am Strand gefahren und habe dabei mehrere Menschen gerammt. Das Auto überschlug sich. Der Fahrer wurde nach Polizeiangaben von einem Polizisten erschossen, als er eine Waffe ziehen wollte.

Die Demonstranten - hier in Tel Aviv - sehen in den Justizplänen der Regierung eine fundamentale Bedrohung der israelischen Demokratie. (Foto: Ariel Schalit/AP)

Israelische Medien berichteten allerdings, es habe sich dabei um eine Waffenattrappe gehandelt. Der Attentäter war nach Informationen der Polizei ein Araber aus Kfar Kasem im Norden Israels.

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verurteilte den "feigen Anschlag" und sicherte dem Staat Israel ihre Solidarität zu, wie ihr Amtssitz in Rom mitteilte. Meloni stehe zudem in Kontakt mit den israelischen Behörden, um die neuesten Entwicklungen zu verfolgen. Außenminister Antonio Tajani brachte in einem Tweet seine "entschiedene Verurteilung des Terrorismus" zum Ausdruck. Sein israelischer Kollege Eli Cohen drückte bei einem Telefonat mit Tajani sein Beileid aus.

EU-Außenbeauftragter Borrell verurteilt Anschläge

Erst im vergangenen Monat waren bei einem Anschlag eines Palästinensers im Stadtzentrum Tel Avivs ein Mann getötet und zwei weitere verletzt worden. Außerdem war es am Donnerstag zu schwerem Raketenbeschuss aus dem Libanon auf Israel gekommen. Israel machte die islamistische Palästinenserorganisation Hamas verantwortlich für die Angriffe und attackierte daraufhin Stützpunkte militanter Palästinenser in dem nördlichen Nachbarland sowie im Gazastreifen aus der Luft an. Auch aus dem Palästinensergebiet am Mittelmeer wurden zahlreiche Raketen auf Israel abgefeuert.

Das Auswärtige Amt in Berlin schrieb bei Twitter: "Wir blicken mit Sorge auf die Lage im Nahen Osten und sind entsetzt über die Terroranschläge am Pessach-Fest, denen drei Menschen zum Opfer fielen. Terror und Gewalt können durch nichts gerechtfertigt werden."

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Anschläge in Tel Aviv und im Westjordanland sowie die Raketenangriffe aus dem Libanon und Gazastreifen. "Die EU drückt ihre totale Verurteilung dieser Gewalttaten aus", sagte er zu den Anschlägen. "Dies muss aufhören." Er verurteilte gleichzeitig das Vorgehen der israelischen Polizei auf dem Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem. Israel habe das Recht, sich selbst zu verteidigen, jegliche Reaktion müsse jedoch verhältnismäßig sein. Borrell rief alle Beteiligten zur maximalen Zurückhaltung auf, "um eine weitere Eskalation zu verhindern und für Ruhe während der Feiertage zu sorgen".

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