Abwehrschirm:Israelische Raketen für Europas Schutz

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Die vom israelischen Verteidigungsministerium herausgegebene Aufnahme zeigt den Start einer "Arrow 3"-Abfangrakete im Juli 2019 in Alaska. (Foto: Israelischen Verteidigungsministerium /AFP)

Die USA genehmigen den Export des israelischen "Arrow 3"-Luftverteidigungssystems nach Deutschland. Es soll von 2025 an einsatzfähig sein und auch vor Angriffen aus Russland schützen.

Von Paul-Anton Krüger und Sina-Maria Schweikle, Berlin, Tel Aviv

Deutschland kann wie geplant das Flugabwehrsystem Arrow 3 aus Israel beschaffen, das Teil eines gemeinsamen europäischen Luftverteidigungsschildes werden soll. Die USA haben die notwendige Genehmigung erteilt. Israel und die Vereinigten Staaten hatten das System gemeinsam entwickelt; die USA übernahmen zudem 2,2 Milliarden Dollar an Kosten dafür. Die US-Regierung muss deshalb jeder Weitergabe zustimmen.

"Ich freue mich über das Votum der US-Administration", sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag in Berlin. Das Projekt sei "essenziell, um zukünftig Deutschland vor ballistischen Raketenangriffen schützen zu können". Es stelle außerdem "ein Zeichen unserer besonderen deutsch-israelischen Beziehungen dar".

Die Bundesregierung verhandelt mit Israel seit mehr als einem Jahr über den Kauf, der zwischen 3,2 Milliarden und knapp vier Milliarden Euro kosten soll, ja nach Umfang der Bestellung. Das Geld dafür soll aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr kommen, das der Bundestag nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eingerichtet hat.

Die US-Billigung galt als letzte größere Hürde für den historischen Vertrag zwischen Deutschland und Israel. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte nach israelischen Angaben nie ein Veto gegen den Deal eingelegt. Es habe aber monatelanger Überzeugungsversuche bedurft, um die Genehmigung zu erhalten. Die Bundesregierung hatte sich zuversichtlich gezeigt, dass das Geschäft zustande kommen werde.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine Interesse an dem System Arrow 3 bekundet, das in der Lage ist, anfliegende ballistische Raketen außerhalb der Atmosphäre abzufangen, und sich damit auch zur Bekämpfung von Atomwaffenträgern und anderen Massenvernichtungswaffen eignet. Russlands Präsident Wladimir Putin hat seit Beginn des Krieges wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Russland rüstet zudem seit Jahren drastisch auf bei Kurz- und Mittelstreckenwaffen, die nukleare Sprengköpfe tragen können.

Die ersten Einheiten werden zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt stationiert

Das Arrow-System besteht aus einem Führungsgefechtsstand, Radargeräten, Startgeräten und Lenkflugkörpern. Nach Vorstellungen der Bundesregierung, die sich mit Angaben aus Israel decken, könnten die ersten Einheiten des Systems bereits gegen Ende des Jahres 2025 in Deutschland einsatzbereit sein.

Laut dem Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, soll die erste Batterie am Luftwaffenstützpunkt Holzdorf stationiert werden, der auf der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt liegt. Zwei weitere Luftverteidigungseinheiten sollen in Schleswig-Holstein und Bayern stationiert werden. Nach israelischen Angaben könnte das gesamte System dann im Jahr 2030 einsatzbereit sein.

Von solchen Fahrzeugen aus werden die Abwehrraketen abgeschossen (Aufnahme von der Hatzor Airbase in Israel 2017). (Foto: ZUMA Press/imago)

Es soll Teil des europäischen Luftverteidigungssystems ( European Skyshield Initiative) werden, einer von Scholz angestoßenen Initiative, der mittlerweile 19 europäische Staaten angehören. "Wir möchten das System in die Nato-Luftverteidigung integrieren", betonte Pistorius am Freitag . Dabei sollen auf verschiedene Bedrohungen hin optimierte Luftverteidigungssysteme, wie Iris-T, Patriot und Arrow 3 zu einem mehrlagigen Schutzschirm zusammengeführt werden. Frankreich hat sich diesen Plänen nicht angeschlossen und stattdessen gefordert, in Europa entsprechende Alternativen zu entwickeln.

Die Bundesregierung suchte dagegen nach am Markt verfügbaren Lösungen, um die Fähigkeitslücken zu schließen, die nach Ende des Kalten Krieges bei der Luftraumverteidigung entstanden waren. Israel gilt als führend bei der Raketenabwehr. Es verfügt über das kampferprobte System Iron Dome (Eiserne Kuppel), welches das Land vor den Angriffen mit Kurzstreckenraketen und Mörsergranaten aus dem Gazastreifen und Libanon schützt. Arrow 3 dagegen ist zum Schutz vor ballistischen Raketen mit einer hohen Flugbahn entwickelt worden, mit denen etwa Iran Israel bedroht. Allerdings ist das seit 2017 in Israel bei den Streitkräften eingeführte System noch nicht im Ernstfall zum Einsatz gekommen.

Nach der amerikanischen Freigabe sollen im nächsten Schritt Vertreter des israelischen und deutschen Verteidigungsministeriums sowie das israelische Luftfahrt- und Verteidigungsunternehmen IAI eine Verpflichtungserklärung unterzeichnen, womöglich die Minister Boris Pistorius und Joav Gallant. Der Vertrag soll nach der Zustimmung durch die Parlamente Israels und Deutschlands noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

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Gallant sprach von einer "bedeutenden Entscheidung", die auch der Wirtschaft Israels dienen werde. "Es ist auch besonders bedeutsam für jede jüdische Person, dass Deutschland ein israelisches Verteidigungssystem kauft." Arrow 3 sei ein "bahnbrechendes System, das fortschrittlichste dieser Art auf der Welt, ein Kraftverstärker der israelischen Luftabwehr - und bald auch derer in Europa". Das Geschäft stellt den größten Rüstungsexporterfolg Israels bis dato dar, heißt es aus dem israelischen Verteidigungsministerium.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zeigte sich "sehr erleichtert" über die Erlaubnis der USA. Das Arrow-System werde "bis Ende 2025 einsatzfähig sein und wird, auf unsere Initiative hin, Teil eines europäischen Luftverteidigungssystems werden", sagte die FDP-Politikerin.

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