Cum-Ex-Skandal:Die Union will Antworten vom Kanzler

Lesezeit: 3 min

Im August 2022 musste Kanzler Olaf Scholz im Hamburger Rathaus vor einem Ausschuss aussagen. Kommt jetzt auch einer im Bundestag? (Foto: Markus Scholz/DPA)

CDU und CSU verlangen einen Untersuchungsausschuss zur "Steueraffäre Scholz-Warburg". Das Handeln des Kanzlers werfe "erhebliche Fragen" auf, finden sie.

Von Robert Roßmann, Berlin

Mathias Middelberg redet nicht lange herum. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion ist in die Bundespressekonferenz gekommen, um etwas anzukündigen. Und gleich mit seinem ersten Satz macht er klar, worum es geht. "Wir werden als CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der ersten Parlamentswoche nach den Osterferien einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Steueraffäre Scholz-Warburg im Deutschen Bundestag beantragen", sagt Middelberg. Untersuchungsausschüsse gelten als das schärfste Schwert der Opposition. Die Union hat sich jetzt entschieden, es zu ziehen. Und die Ampelkoalition kann das nicht verhindern, denn für die Einsetzung eines solchen Ausschusses reichen 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten - die bringt die Union allein zusammen.

Worum es CDU und CSU jetzt geht, zeigt schon der Name des Ausschusses, den sie sich wünschen: "Steueraffäre Scholz-Warburg". Es soll nicht nur um die dubiosen Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank gehen, sondern vor allem um das Verhalten des heutigen Bundeskanzlers und früheren Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz.

Das Handeln von Scholz werfe "erhebliche Fragen" auf, schreiben Unionsfraktionschef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einem Brief an ihre Abgeordneten, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. In den zurückliegenden Monaten habe man "wiederholt Aufklärungsversuche unternommen, beispielsweise im Rahmen einer Regierungsbefragung des Bundeskanzlers im Plenum des Deutschen Bundestags" oder durch schriftlich eingebrachte Fragen. Doch dabei sei vieles ungeklärt geblieben. Und eine Befragung des Kanzlers im Finanzausschuss sei "von den Regierungsfraktionen wiederholt verhindert" worden. Deswegen solle jetzt der Untersuchungsausschuss eingerichtet werden.

Die Cum-Ex-Affäre ist einer der größten Steuerskandale der Nachkriegsgeschichte

Die Cum-Ex-Affäre ist einer der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Beteiligten hatten sich dabei von den Finanzbehörden Steuern erstatten lassen, die sie nie gezahlt hatten. Dafür wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Stichtag der Ausschüttung hin- und hergeschoben, bis die zuständigen Behörden keinen Überblick mehr hatten. Dem Staat entstand dadurch ein Schaden in Milliardenhöhe. An dem System war nach Erkenntnissen der Justiz auch die Warburg-Bank beteiligt. In Hamburg gibt es dazu bereits einen Untersuchungsausschuss.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Merz und Dobrindt schreiben, der Untersuchungsausschuss des Bundestags solle nun folgenden Fragen nachgehen: Warum wollte Hamburg im Jahr 2016 die Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen aus Cum-Ex-Geschäften von der Warburg-Bank - auch zum Nachteil des Bundes - verjähren lassen? Warum musste Hamburg im Jahr 2017 durch das Bundesfinanzministerium mit zwei Weisungen zur Geltendmachung von Steuerrückforderungen veranlasst werden? Und wer trägt in Hamburg die Verantwortung für die Entscheidungen, die in diesem Zusammenhang stehen? Olaf Scholz war von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeister von Hamburg.

Merz und Dobrindt schreiben, die Hamburger Finanzbehörde habe im Jahr 2016 zunächst eine Rückforderung der zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen von der Warburg-Bank befürwortet. Innerhalb weniger Wochen sei es dann aber zu der Meinungsänderung gekommen. Die zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen sollten nun doch nicht von der Warburg-Bank zurückgefordert werden. Genau im Zeitraum dieses Meinungsumschwungs habe es mindestens zwei Treffen und mindestens ein Telefonat von Scholz mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Miteigentümer der Warburg-Bank, Christian Olearius, gegeben. Außerdem hätten sich damals verschiedene Hamburger SPD-Politiker mit Olearius getroffen.

Vor diesem Hintergrund gelte es, "die Frage nach einer möglichen politischen Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung in den Hamburger Behörden in der Steueraffäre Warburg-Bank zu betrachten". Scholz hat die Treffen mit Olearius nach deren Bekanntwerden eingeräumt, er bestreitet aber eine Einflussnahme auf den Steuerfall.

SZ PlusMeinungCum-Ex-Skandal
:Das Risiko trägt Olaf Scholz

Die Opposition im Bundestag will des Kanzlers Rolle im Cum-Ex-Skandal durch einen Untersuchungsausschuss aufklären lassen. Das ist ihr gutes Recht - nimmt sie aber auch in die Pflicht.

Kommentar von Daniel Brössler

Auch Grüne und Liberale haben das Verhalten von Scholz einst missbilligt

In der Union verweisen sie gerne darauf, dass auch Grüne und Liberale das Verhalten von Scholz missbilligt haben. Lisa Paus, heute für die Grünen Bundesfamilienministerin, und Florian Toncar (FDP) - inzwischen parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium - hatten Scholz vor der Bundestagswahl scharf kritisiert. Seit dem Regierungseintritt von Grünen und FDP hat man von den beiden aber nichts Vergleichbares mehr gehört.

Der ehemalige Grünen-Abgeordnete und heutige Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick, sagt aber: "Bundeskanzler Scholz darf mit seiner Verschleierungstaktik nicht durchkommen - es ist gut, dass die Union jetzt mit einem Untersuchungsausschuss im Bundestag alle Register für die Aufklärung zieht." Scholz habe zur Aufklärung seiner Rolle bisher nichts beigetragen, dadurch habe auch das Amt des Bundeskanzlers Schaden genommen.

"Wir glauben, dass die Indizien, die für eine politische Einflussnahme in dem Steuerfall Warburg sprechen, immer reichhaltiger geworden sind", sagt Unionsfraktionsvize Middelberg in der Bundespressekonferenz. Und er teilte schon mal mit, wen man in den Untersuchungsausschuss laden wolle: Neben Scholz zum Beispiel auch den früheren Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs und den Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) - er war in den fraglichen Jahren Finanzsenator der Hansestadt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusScholz zum Cum-Ex-Skandal
:"Da war nichts"

Zum zweiten Mal muss Kanzler Olaf Scholz vor dem Cum-Ex-Ausschuss in Hamburg aussagen. Welche Rolle hat er bei dem Skandal gespielt - und kann er sich inzwischen besser erinnern?

Von Peter Burghardt

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: