Nach der Bundestagswahl:Auf dem Weg zur Ampel-Koalition

Lesezeit: 3 min

"Die Vertrauensbasis ist da": die Generalsekretäre Volker Wissing (FDP), Lars Klingbeil (SPD) und Grünen-Bundesgschäftsführer Michael Kellner. (Foto: ODD ANDERSEN/AFP)

Sozialdemokraten, FDP und Grüne wollen ihre Sondierungsgespräche über ein Regierungsbündnis vertiefen. Derweil deutet CDU-Chef Armin Laschet seine Bereitschaft zum Rückzug an.

Von Boris Herrmann, Roland Preuß und Robert Roßmann, Berlin

SPD, Grüne und FDP unternehmen weitere Schritte zur Bildung einer Ampel-Koalition. Vertreter der Parteien kamen am Donnerstag erstmals zu einem Dreiertreffen zusammen und zeigten sich am Abend zufrieden über den Verlauf. Insbesondere die FDP schlug deutlich positivere Töne an als vor dem Treffen. FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte: "Das heutige Gespräch macht Mut". Das Präsidium der Liberalen habe es einstimmig unterstützt, nun in vertiefte Sondierungen einzusteigen. Diese sollen kommende Woche stattfinden.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, das Treffen sei geprägt gewesen von dem Willen, dass man "gemeinsam etwas erreichen will". Man habe "über alle Themen gesprochen". Einzelheiten nannte Klingbeil nicht und verwies darauf, dass die Verhandlungspartner Vertraulichkeit vereinbart hätten. Es sollen keine Zwischenstände aus den Gesprächen nach draußen dringen. Das nächste Treffen ist für Montag geplant, weitere sollen Dienstag und Freitag folgen .Ende kommender Woche werde man bilanzieren, so Klingbeil. Der Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner dankte der FDP. "Die Vertrauensbasis ist da", sagte er, "Lösungen lassen sich finden", das Treffen sei "sehr harmonisch" verlaufen.

SPD und Grüne hatten sich schon vor dem Treffen betont optimistisch gegeben, dass man Fortschritte in Richtung eines Ampelbündnisses erreichen werde. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schrieb bei Twitter, sie sei nach den "sehr konstruktiven bilateralen Vorgesprächen" mit Grünen und FDP "zuversichtlich, dass wir in den Gesprächen zu dritt einen guten Weg zu einer gemeinsamen Erzählung finden".

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock sagte im Deutschlandfunk, sie gehe sehr optimistisch in die Verhandlungen. Es gebe zwar Themen wie die Klimakrise, bei denen "gerade auch die FDP und wir Grüne bisher weit auseinander gestanden sind", eine Ampelregierung biete aber auch die Chance, "einen gesellschaftspolitischen Aufbruch zu schaffen".

FDP will bei Steuererhöhungen nicht nachgeben

FDP-Generalsekretär Wissing hatte vor dem Treffen skeptischer geklungen. Es dürfe nicht eine "Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners werden". Wissing nannte als einziger der Beteiligten eine konkrete Forderung, bei der seine Partei hart bleiben werde, nämlich dass es keine Steuererhöhungen geben dürfe: "Wir werden an dieser Stelle nicht nachgeben." Nach dem Treffen zeigte Wissing aber auch Distanz zur Union, mit Blick auf die internen Führungsdebatten der CDU sagte er, dass personelle Veränderungen vorerst keine Auswirkungen auf die laufenden Sondierungsgespräche hätten. Messlatte der FDP für die Bildung einer Regierung seien nicht Personen, sondern Inhalte. "Eine Regierungsbildung kann sich nicht an einzelnen Personen oder parteiinternen Führungsfragen entscheiden."

Er reagierte damit auf CDU-Chef Armin Laschet, der am Nachmittag in einer Videoschalte der Unionsfraktion angekündigt hatte, seine Partei personell neu aufstellen zu wollen. Dazu solle es einen Parteitag geben. Ein Datum dafür nannte er aber nicht. Der CDU-Chef sagte, jetzt müsse gelten: Erst das Land, dann die Partei dann die Personen. Eine Jamaika-Koalition wäre für das Land besser als eine Ampel-Koalition. Laschet deutete die Bereitschaft an, eigene Ambitionen für mögliche Jamaika-Verhandlungen mit Grünen und FDP zurückzustellen. "Wenn es mit anderen Personen besser geht, dann gerne", sagte er. "Das Ziel, etwas gutes für das Land zu erreichen ist wichtiger als Einzelinteressen."

Bei einem Auftritt in der Parteizentrale am Abend erklärte Laschet dann, er wolle den CDU-Gremien bereits in der kommenden Woche einen Vorschlag machen. Die personelle Neuaufstellung der CDU - "vom Vorsitzenden über das Präsidium bis hinein in den Bundesvorstand" - solle rasch angepackt werden. Sein Ziel sei immer gewesen, Gegensätze zu versöhnen. Laschet verwies auf Nordrhein-Westfalen, wo die CDU gerade im Einvernehmen entschieden habe, dass Hendrik Wüst ihm als Ministerpräsident nachfolgen solle.

Laschets Nachfolger stehen schon bereit

Der CDU-Chef sagte, auch in der Bundespartei solle versucht werden, einen Konsens mit allen möglichen Kandidaten zu erzielen. Diesen Prozess werde er moderieren. Deshalb wolle er darüber in den kommenden Wochen auch mit den Landesvorsitzenden beraten.

Sowohl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als auch dem Außenpolitiker Norbert Röttgen und dem Ex-Fraktionschef Friedrich Merz werden Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt. Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus könnte Interesse anmelden. Er war erst in der vergangenen Woche mit großer Mehrheit im Amt bestätigt worden.

Bei seinem Auftritt in der CDU-Zentrale setzte sich Laschet vehement für ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP ein. Jamaika sei die Chance für einen echten Aufbruch in Deutschland, sagte er. Die CDU stehe deshalb weiter für Gespräche bereit. CSU-Chef Markus Söder hatte sich dazu am Mittwoch jedoch deutlich distanzierter geäußert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: