Drogen:Wer bald nach welchen Regeln Cannabis konsumieren darf

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Kiffen wird legal - allerdings nur für Erwachsene und nicht überall. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Die Legalisierung von Cannabis ist eine fundamentale Änderung in der deutschen Drogenpolitik. Was sich mit dem neuen Gesetz ändert - die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Angelika Slavik, Berlin

Nach langem Hin und Her hat der Bundestag an diesem Freitag ein Gesetz beschlossen, das den legalen Konsum von Cannabis vom 1. April an ermöglichen soll. Regeln gibt es aber trotzdem - und das nicht zu knapp. Ein Überblick.

Was genau ist künftig erlaubt?

Grundsätzlich dürfen ausschließlich Erwachsene konsumieren, für Kinder und Jugendliche bleibt Cannabis ohne Ausnahme verboten. Wer volljährig ist, darf bis zu 50 Gramm Cannabis für den privaten Konsum besitzen und in seinem Zuhause aufbewahren. Dort ist auch der Anbau von maximal drei Pflanzen erlaubt. Bringen die Pflanzen mehr Ernte, muss alles, was 50 Gramm überschreitet, sofort vernichtet werden. Im öffentlichen Raum dürfen maximal 25 Gramm mitgeführt werden. Und: Cannabis darf immer nur für den Eigenkonsum beschafft und aufbewahrt und nicht weitergegeben werden, auch nicht an Erwachsene.

Darf überall konsumiert werden?

Nein. In "unmittelbarer Gegenwart" von Kindern und Jugendlichen darf Cannabis überhaupt nicht konsumiert werden. Außerdem ist die Verwendung der Droge auf Spielplätzen, in Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen und Sportstätten verboten - sowie in hundert Metern Sichtweite um all diese Einrichtungen. In Fußgängerzonen gilt ein Verbot in der Zeit zwischen sieben und 20 Uhr. In militärischen Bereichen der Bundeswehr ist der Drogenkonsum rund um die Uhr verboten.

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Wo kann man Cannabis legal erwerben?

Hier wird es kompliziert. Das Gesetz sieht grundsätzlich zwei Möglichkeiten vor, Cannabis zu bekommen: Entweder man baut es zu Hause selbst an. Oder man wird Mitglied in einem sogenannten "Social Club". Solche Anbauvereinigungen werden in den kommenden Monaten wohl bundesweit entstehen. Jeder dieser Klubs darf maximal 500 Mitglieder aufnehmen, diese müssen ihren Wohnsitz in Deutschland haben. In den Klubs kann gemeinschaftlich angebaut werden. An jedes Mitglied darf dann Cannabis abgegeben werden, maximal 50 Gramm im Monat und nicht mehr als 25 Gramm pro Tag. Zur Orientierung: Aus 25 Gramm lassen sich ungefähr 75 Joints herstellen. Für junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren gilt eine Sonderregelung - sie haben, die Klubmitgliedschaft vorausgesetzt, Anspruch auf maximal 30 Gramm pro Monat, wobei der THC-Gehalt höchstens bei zehn Prozent liegen darf. THC, also Tetrahydrocannabinol, ist der berauschende Wirkstoff. Cannabis-Klubs dürfen keine Werbung machen, Lager und Anbauflächen müssen gesichert sein.

Wie wird bezahlt?

Um Cannabis aus einem Social Club zu beziehen, muss man es persönlich vor Ort entgegennehmen und dabei den Mitgliedsausweis und den Personalausweis vorlegen. Postversand ist ausgeschlossen. Bezogen werden kann nur Cannabis in Reinform, keine Mischungen mit Tabak oder Lebensmitteln.

Das bedeutet: Fertig gedrehte Joints sind nicht zu bekommen, Hasch-Kekse auch nicht. Auf einem beigelegten Informationszettel müssen zudem Gewicht, Sorte und THC-Gehalt vermerkt sein, sowie Hinweise zu gesundheitlichen Risiken. Aber: Ein Kaufpreis darf nicht verlangt werden. Die Anbauklubs sollen sich über die Mitgliedsbeiträge finanzieren. Besonders für Gelegenheitskonsumenten könnte Kiffen also unverhältnismäßig teuer sein, wenn sie den gleichen Mitgliedsbeitrag bezahlen wie Menschen, die ihre 50 Gramm Monat für Monat voll ausschöpfen.

Was bedeutet das neue Gesetz für den Straßenverkehr?

Das Bundesverkehrsministerium arbeitet noch an einer Regelung für eine THC-Grenze am Steuer - vergleichbar mit der Promille-Grenze, die für Alkohol gilt. Kompliziert ist unter anderem, dass THC relativ lange im Blut nachweisbar ist, selbst wenn die berauschende Wirkung längst wieder nachgelassen hat. Bis zum 31. März soll es eine Lösung geben.

Ist es fix, dass die Legalisierung zum 1. April in Kraft tritt?

Nicht ganz. Grundsätzlich benötigt das Gesetz keine Zustimmung durch den Bundesrat. Die Länderkammer kann aber trotzdem den Vermittlungsausschuss anrufen. Damit könnte sie die Legalisierung nicht stoppen, aber zumindest verzögern. Das CSU-geführte Bayern hat bereits angekündigt, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Die Unionsländer hoffen auf eine Stimmenmehrheit im Bundesrat, zumal auch viele Sozialdemokraten das Gesetz kritisch sehen. So haben sich unter anderem die Landesinnenminister geschlossen dagegen ausgesprochen - also auch die von der SPD. Auch im Bundestag wollte die SPD-Fraktion dem Gesetz nicht geschlossen zustimmen.

Ist die Legalisierung damit abgeschlossen?

Nach den offiziellen Plänen der Ampel-Regierung ist das Gesetz, das nun in Kraft tritt, nur ein erster Schritt. In einer zweiten Phase sollen Modellregionen definiert werden, in denen Cannabis in lizenzierten Geschäften frei verkauft wird. Allerdings: Schon der Gesetzgebungsprozess für Phase eins war turbulent - zwischenzeitlich schien die Mehrheit in der Koalition zu wackeln. Zudem ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach einer kurzen Phase als Legalisierungsfan nun wieder zu einer eher rigiden Haltung zurückgekehrt. Ob Phase zwei also wirklich noch in dieser Legislaturperiode begonnen wird, ist zumindest fraglich.

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Gibt es eine rückwirkende Amnestie?

Wer schon mal für ein Vergehen belangt wurde, das künftig nicht mehr strafbar ist, kann einen Antrag stellen und den Eintrag aus seiner Akte löschen lassen. Grundsätzlich wäre eine rückwirkende Amnestie auch möglich, wenn jemand gerade eine Gefängnisstrafe absitzt. Allerdings muss man für reine Konsumvergehen in der Regel nicht einsitzen. Denkbar ist aber, dass Häftlinge, die für mehrere Delikte verurteilt wurden, einen Antrag auf Reduktion ihrer Strafe stellen können.

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