Bundesverfassungsgericht:Karlsruhe stoppt Beratung des Heizungsgesetzes

Lesezeit: 2 min

Die Entscheidung aus Karlsruhe dürfte neues Kopfzerbrechen für sie bedeuten: Wirtschaftsminister Habeck, Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Lindner. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Noch vor der Sommerpause wollte die Ampelkoalition das lange umstrittene Gebäudeenergiegesetz im Bundestag verabschieden. Daraus wird nun nichts. Ein Eilentscheid der Verfassungsrichter gibt dem Parlament mehr Zeit.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Bundestag muss seinen Beschluss des sogenannten Heizungsgesetzes verschieben - das Bundesverfassungsgericht zwingt ihn, den für Freitag dieser Woche geplanten Termin auszusetzen. Das geht aus einem am Mittwochabend in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss hervor. Der Zweite Senat des Gerichts gab damit dem Eilantrag des CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann statt, der sich an die Karlsruher Richter gewandt hatte, um einen Aufschub der parlamentarischen Behandlung zu erreichen. Wann nun die zweite und dritte Lesung im Gesetzgebungsverfahren über das - wie es offiziell heißt - Gebäudeenergiegesetz abgehalten wird, ist vorerst unklar. Laut Bundesverfassungsgericht darf die abschließende Behandlung "nicht mehr innerhalb der laufenden Sitzungswoche" stattfinden.

Die Opposition hatte den Vorwurf erhoben, dass die Ampelkoalition erst in letzter Minute einen finalen Gesetzentwurf vorgelegt habe, und dies, obwohl die Materie extrem komplex sei. Das fertige Gesetz solle "erst kurz vor knapp aus den Hinterzimmern der Ampel ins Parlament fallen", hatte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung kritisiert. Vorgelegt wurde die maßgeblich geänderte Version des Entwurfs erst am Ende der vergangenen Woche, weitere Änderungen folgten in dieser Woche.

Der CDU-Chef spricht von einer "schweren Niederlage für die Bundesregierung"

Heilmann hatte die Kritik in der vergangenen Woche zum Anlass genommen, einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sein zentrales Argument: Das Gesetz solle ja erst zum Jahresbeginn in Kraft treten, daher sei es möglich, dessen Verabschiedung auf eine Sondersitzung im Juli zu verlegen.

Diesem Argument hat sich das Gericht nun angeschlossen, freilich in einer intern umstrittenen Entscheidung; zwei der sieben am Verfahren beteiligten Richter des Zweiten Senats stimmten gegen die Entscheidung. Das Gericht ließ allerdings ausdrücklich offen, ob Heilmann auch im Hauptsacheverfahren den Sieg davontragen werde. Seine Organklage sei jedenfalls "nicht offensichtlich unbegründet".

Um eine "irreversible, substantielle Verletzung" seines Rechts auf parlamentarische Mitwirkung an dem komplexen Gesetzgebungsverfahren zu vermeiden, sei seinem Antrag im Rahmen einer Folgenabwägung stattzugeben. "Dem Antragsteller wäre unwiederbringlich die Möglichkeit genommen, bei den Beratungen und der Beschlussfassung über das Gebäudeenergiegesetz seine Mitwirkungsrechte in dem verfassungsrechtlich garantierten Umfang wahrzunehmen", heißt es in der Entscheidung.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Das Karlsruher Gericht räumte zwar ein, dass eine solche Anordnung eine "erheblichen Eingriff in die Autonomie des Parlaments" darstelle - und damit in die "originäre Zuständigkeit eines anderen obersten Verfassungsorgans". Ausschlaggebend für die Anordnung war aber offenbar der Umstand, dass bis zum geplanten Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar nächsten Jahres noch genügend Zeit bleibt.

Thomas Heilmann sprach in einer ersten Reaktion von einem "großen Erfolg für den Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz". CDU-Chef Friedrich Merz nannte das Urteil "eine schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz". Dem "unsäglichen Umgang" der Bundesregierung mit Parlament und Öffentlichkeit "wurde nun ein Riegel vorgeschoben".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusStopp des Heizungsgesetzes
:Jetzt auch noch die höchstrichterliche Rüge

Der Kanzler und seine Partei feiern sich dafür, dass sie die Qualen mit dem Heizungsgesetz endlich hinter sich haben. Dann meldet sich um 21.48 Uhr das Verfassungsgericht zu Wort.

Von Michael Bauchmüller, Georg Ismar, Nicolas Richter, Henrike Roßbach und Robert Roßmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: