Es ist der Höhepunkt der Beratungen zum Bundeshaushalt: die Generaldebatte im Bundestag. Traditionell ist sie auch immer eine Gelegenheit für die Opposition, die Arbeit der Regierung zu kritisieren. Der Liveticker zur Debatte in der Nachlese.
Wichtige Updates
Fraktions-Olaf gegen Fraktions-Friedrich – das war das Duell von Kanzler und Oppositionsführer
Emotionaler hat man Scholz lange nicht gesehen
Scholz: "Wir haben Tempo gemacht, wo Tempo notwendig war"
"Sie waren mal eine Partei der Arbeitnehmer" – Merz geht zum Angriff über
Leopold Zaak
Kämpferischer Kanzler, Abgrenzung von der AfD: Was bleibt von der heutigen Debatte?
Die Generaldebatte im Bundestag ist nach vier Stunden zu Ende. Eine knappe Zusammenfassung:
- An diesem Mittwoch konnte man einen kämpferischen Kanzler sehen, der seinen Kontrahenten, Unions-Fraktionschef Friedrich Merz, hart angeht. Er gestikuliert wild, ballt die Faust, teilweise wird er laut. Er wirft Merz "Feigheit" vor, nennt ihn eine "Mimose". Es ist, zumindest in Teilen, kaum zu vergleichen mit dem Kanzler, der im Plenum Schachtelsätze abliest.
- Fast jeder Redner und jede Rednerin spricht über die Wirtschaftspolitik in Deutschland. Aus der Opposition kommen drastische Warnungen und Vorwürfe: Die Ampel schade der deutschen Wirtschaft, das Land werde nicht mal "mittelmäßig regiert", deutet Merz an. Die Regierung sieht das logischerweise völlig anders. Sie betont Erfolge – und verweist auf Liegengebliebenes aus der Zeit unter Angela Merkel. Die Ampel und die Opposition sprechen sich gegenseitig die Kompetenz ab, das Land wirtschaftspolitisch zu führen.
- CDU-Chef Merz kritisiert die Sozialpolitik der Ampel. Sie regiere hauptsächlich für Bürgergeldempfänger, für Arbeitnehmer tue sie zu wenig.
- Neben der Wirtschaftspolitik schwebt über der Debatte ein großes Thema: die Verstrickungen der AfD in die rechtsextreme Szene. Quer durch die Reihen wird deutlich: Die demokratischen Parteien wollen sich von der Partei abgrenzen. Über das Wie gibt es aber unterschiedliche Vorstellungen. Die Ampelfraktionen gehen in dieser Frage auf die Union zu, von dort kommt aber kein Angebot. Die Union macht für den Erfolg der AfD die Arbeit der Ampel verantwortlich.
Nadja Tausche
Wagenknecht kritisiert Ampelkoalition heftig
Sahra Wagenknecht macht in ihrer Rede sehr deutlich, wie wenig sie von der Arbeit der Bundesregierung hält. Diese wolle wohl endgültig die Zeiten hinter sich lassen, in denen Deutschland zum Beispiel für seine starke Industrie und die zurückhaltende Außenpolitik international geachtet wurde, sagt die Vorsitzende des gleichnamigen Bündnisses. "Statt Antworten offerieren Sie dem Bürger Ausreden, statt Konzepten Schönfärberei.“ Die Bundesregierung solle sich fragen, was die eigene Verantwortung für die hohen Umfragezahlen der AfD sei.
Ja, man lebe in Zeiten von Krisen und Kriegen, so Wagenknecht weiter, trotzdem wachse anderswo die Wirtschaft, Energie sei bezahlbar, Wohnungen würden gebaut, Rentner könnten von Renten leben, die Migration sei niedriger. In Deutschland sei das anders, meint Wagenknecht, und bezeichnet das als Versagen der Regierung. Auch die Unterstützung für die Ukraine kritisiert die ehemalige Linken-Politikerin. Man liefere "immer mehr Waffen für einen nicht gewinnbaren Krieg“, nehme dafür aber in Deutschland Kürzungen bei Renten, in der Gesundheit und Bildung in Kauf. Exakt drei Minuten und 30 Sekunden spricht Wagenknecht, dann ist ihre Redezeit vorbei.
Das "Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit", wie die Gruppe offiziell heißt, wurde im Januar dieses Jahres offiziell gegründet. Viele der Mitglieder waren zuvor in der Linksfraktion. Am Wochenende traf sich das Bündnis zum ersten Mal zum Parteitag.
Lesen Sie hier einen ausführlichen Bericht zum Gründungsparteitag des BSW (SZ Plus):
Ja, man lebe in Zeiten von Krisen und Kriegen, so Wagenknecht weiter, trotzdem wachse anderswo die Wirtschaft, Energie sei bezahlbar, Wohnungen würden gebaut, Rentner könnten von Renten leben, die Migration sei niedriger. In Deutschland sei das anders, meint Wagenknecht, und bezeichnet das als Versagen der Regierung. Auch die Unterstützung für die Ukraine kritisiert die ehemalige Linken-Politikerin. Man liefere "immer mehr Waffen für einen nicht gewinnbaren Krieg“, nehme dafür aber in Deutschland Kürzungen bei Renten, in der Gesundheit und Bildung in Kauf. Exakt drei Minuten und 30 Sekunden spricht Wagenknecht, dann ist ihre Redezeit vorbei.
Das "Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit", wie die Gruppe offiziell heißt, wurde im Januar dieses Jahres offiziell gegründet. Viele der Mitglieder waren zuvor in der Linksfraktion. Am Wochenende traf sich das Bündnis zum ersten Mal zum Parteitag.
Lesen Sie hier einen ausführlichen Bericht zum Gründungsparteitag des BSW (SZ Plus):
Oliver Klasen
Mini-Redezeiten für Linke und BSW
SPD, CDU, CSU, Grüne, FDP und AfD haben gesprochen. Nur von den Linken war noch niemand am Mikrofon. Da war doch was, ja richtig, die Linken-Fraktion im Bundestag existiert nicht mehr, nachdem sich eine Gruppe um Sahra Wagenknecht abgespalten hat, die von den verbliebenen Linken verächtlich "die Wagenknechte" genannt wird. Jetzt werden aus einer Fraktion zwei Gruppen, der Bund. Eine Gruppe hat deutlich weniger parlamentarische Rechte als eine Fraktion, was sich auch in der Redezeit niederschlägt. Nur jeweils ein Redner beziehungsweise eine Rednerin ist Rest-Linken und dem Bündnis Sahra Wagenknecht zugestanden. Für die Linken spricht Dietmar Bartsch.
Er hält eine für einen linken Politiker klassische Rede. Das Bundesverfassungsgericht habe "die Ampel ausgebremst", das Urteil sei "eine große Klatsche gewesen". Finanzminister Lindner lege "eine Belastungsorgie für die Mehrheit im Land" vor. "Sie verteuern den ohnehin schon teuren Alltag der Bürgerinnen und Bürger", sagt der Linken-Politiker. Lindner sage die Unwahrheit, wenn er behauptet, alle müssten in der aktuellen Haushaltskrise ihren Beitrag leisten. "Sie schonen sich und Sie schonen den Geldadel", sagt Bartsch. Bei der Zahl der Beamtinnen und Beamtenstellen gebe es ein großes Plus, andererseits sei das Rentenniveau in Deutschland zehn Prozent niedriger als im Durchschnitt der EU, "in der größten Volkswirtschaft Europas".
Er hält eine für einen linken Politiker klassische Rede. Das Bundesverfassungsgericht habe "die Ampel ausgebremst", das Urteil sei "eine große Klatsche gewesen". Finanzminister Lindner lege "eine Belastungsorgie für die Mehrheit im Land" vor. "Sie verteuern den ohnehin schon teuren Alltag der Bürgerinnen und Bürger", sagt der Linken-Politiker. Lindner sage die Unwahrheit, wenn er behauptet, alle müssten in der aktuellen Haushaltskrise ihren Beitrag leisten. "Sie schonen sich und Sie schonen den Geldadel", sagt Bartsch. Bei der Zahl der Beamtinnen und Beamtenstellen gebe es ein großes Plus, andererseits sei das Rentenniveau in Deutschland zehn Prozent niedriger als im Durchschnitt der EU, "in der größten Volkswirtschaft Europas".
Oliver Klasen
Jetzt gehts um den Haushalt
Die Debatte tritt jetzt in eine andere Phase ein. Jetzt sprechen nach und nach die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker der Fraktionen – Achim Post von der SPD, Sepp Müller von der CDU, Otto Fricke von der FDP – jetzt geht es wirklich um den Haushalt und um die Staatsfinanzen. Es geht um den Einzelplan 04, wie die Fachleute sagen, also um den Etat des Bundeskanzlers. Dieser Etat ist – gemessen am Staatshaushalt – verschwindend klein, 3,7 Milliarden Euro nur, bei etwa 477 Milliarden Euro Gesamtausgaben.
Zum Kanzleretat gehören auch die Ausgaben für die Kulturstaatsministerin Claudia Roth, für den Ostbeauftagten Carsten Schneider und die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan. Daher geht es in der Debatte nun auch um Integrationsfragen, um die gesellschaftliche Kluft, die in einigen Bereichen noch immer zwischen Ost- und Westdeutschland herrscht und um den richtigen Weg, um Kulturprojekte zu fördern.
Zum Kanzleretat gehören auch die Ausgaben für die Kulturstaatsministerin Claudia Roth, für den Ostbeauftagten Carsten Schneider und die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan. Daher geht es in der Debatte nun auch um Integrationsfragen, um die gesellschaftliche Kluft, die in einigen Bereichen noch immer zwischen Ost- und Westdeutschland herrscht und um den richtigen Weg, um Kulturprojekte zu fördern.
Karoline Meta Beisel
Mützenich äußert sich selbstkritisch
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich ist der erste, der selbstkritische Töne anstimmt. Nicht immer sei es der Koalition möglich gewesen, Zuversicht zu stiften. "Durch unser Verhalten in dieser Koalition haben wir den Verdruss befördert. Das ist fahrlässig und das betrübt mich auch." Die Koalition müsse den eigenen Ansprüchen besser gerecht werden, das heiße: Grundsatzdebatten ja; Eigennutz, Unhöflichkeit und Besserwisserei nein.
Insgesamt aber stellt er der Arbeit der Ampel-Regierung ein gutes Zeugnis aus: "Wir schaffen das Fundament für glasklare Veränderungen in diesem Land, weil das in der Vergangenheit nicht gelungen ist", sagt er. Dass dieses Fundament nicht "wieder zurückgedreht werden kann", sei "Leistung und Erfolg" dieser Regierung.
Den CDU-Chef Merz, der in seiner Rede über das seiner Meinung nach zu hohe Bürgergeld geschimpft hatte, erinnert Mützenich daran, dass jeder fünfte der Bürgergeld-Empfänger ein Aufstocker sei, der die Stütze brauche, weil er mit seiner Arbeit zu wenig verdiene. "Warum reden Sie über die, als würde denen das nicht zustehen? Das passt nicht zu einem christlichen Menschenbild."
Mützenich wendet sich aber nicht nur an seine Kollegen im Bundestag, sondern auch an die Bürgerinnen und Bürger, die in den vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind: "Gehen Sie zu Ihren Nachbarn, zu Kolleginnen und Kollegen und sagen denen, was es bedeutet AfD zu wählen. Seien Sie eine Stimme gegen die, die dieses Land ruinieren wollen!".
Insgesamt aber stellt er der Arbeit der Ampel-Regierung ein gutes Zeugnis aus: "Wir schaffen das Fundament für glasklare Veränderungen in diesem Land, weil das in der Vergangenheit nicht gelungen ist", sagt er. Dass dieses Fundament nicht "wieder zurückgedreht werden kann", sei "Leistung und Erfolg" dieser Regierung.
Den CDU-Chef Merz, der in seiner Rede über das seiner Meinung nach zu hohe Bürgergeld geschimpft hatte, erinnert Mützenich daran, dass jeder fünfte der Bürgergeld-Empfänger ein Aufstocker sei, der die Stütze brauche, weil er mit seiner Arbeit zu wenig verdiene. "Warum reden Sie über die, als würde denen das nicht zustehen? Das passt nicht zu einem christlichen Menschenbild."
Mützenich wendet sich aber nicht nur an seine Kollegen im Bundestag, sondern auch an die Bürgerinnen und Bürger, die in den vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind: "Gehen Sie zu Ihren Nachbarn, zu Kolleginnen und Kollegen und sagen denen, was es bedeutet AfD zu wählen. Seien Sie eine Stimme gegen die, die dieses Land ruinieren wollen!".
Nadja Tausche
Dobrindt: "Sie sind eine Koalition der Spaltung“
In der Politik gehe es um die Bewältigung von Problemen, sagt Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Dass der Bundeskanzler in Anbetracht der Lage, in die die Ampel das Land gebracht habe, kein Stück von Einsicht und Demut gezeigt habe, nennt Dobrindt den "Gipfel der Arroganz“.
Die deutsche Wirtschaft schrumpfe weiter, Deutschland stecke in der Rezession. Die Verantwortung liege bei der Ampelkoalition, sagt Dobrindt – "und nirgendwo anders“. Stark belastet seien derzeit Bauern, Spediteure, Gastronomen, das Handwerk und der ländliche Raum. "Sie bieten in Ihrem Haushalt dazu auch überhaupt keine Lösungen an“, wirft er der Bundesregierung vor. Die Ampelkoalition sei nicht Opfer der Konflikte, sondern deren Urheber.
Mit dem Bundeshaushalt habe sich die Koalition vom Sparen verabschiedet – und die Polarisierung in diesem Land weiter vorangetrieben. "Sie sind eine Koalition der Spaltung“, so Dobrindt. Zum Ende seines Beitrags greift er auch die AfD hart an, sagt: "Sie arbeiten am Ruin dieses Landes."
Die deutsche Wirtschaft schrumpfe weiter, Deutschland stecke in der Rezession. Die Verantwortung liege bei der Ampelkoalition, sagt Dobrindt – "und nirgendwo anders“. Stark belastet seien derzeit Bauern, Spediteure, Gastronomen, das Handwerk und der ländliche Raum. "Sie bieten in Ihrem Haushalt dazu auch überhaupt keine Lösungen an“, wirft er der Bundesregierung vor. Die Ampelkoalition sei nicht Opfer der Konflikte, sondern deren Urheber.
Mit dem Bundeshaushalt habe sich die Koalition vom Sparen verabschiedet – und die Polarisierung in diesem Land weiter vorangetrieben. "Sie sind eine Koalition der Spaltung“, so Dobrindt. Zum Ende seines Beitrags greift er auch die AfD hart an, sagt: "Sie arbeiten am Ruin dieses Landes."
Oliver Klasen
Eins zu eins umsetzen
Die Losung "Wir werden das eins zu eins umsetzen" hat man zuletzt vor gut 20 Jahren gehört, vom damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder, der das sagte, als es um die von der sogenannten Hartz-Kommission gemachten Reformvorschläge ging. Die 1:1-Umsetzung ist der SPD in der Folge dann ziemlich schlecht bekommen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr greift die Formulierung auf. Man habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November, das die Finanzpolitik der Ampel über den Haufen warf, "eins zu eins" umgesetzt. Nach Ansicht der FDP hat das Urteil aus Karlsruhe die Schuldenbremse gestärkt. Und die Rückkehr zu soliden Finanzen sei die Grundvoraussetzung dafür, dass es in Deutschland wirtschaftlich wieder vorangehe. Teile der Grünen und der SPD sehen das völlig anders. Sie halten die Schuldenbremse, an der die FDP in ihrer bisherigen Form vehement festhält, für mindestens reformbedürftig.
Das verschweigt Dürr geflissentlich. Stattdessen weist er darauf hin, dass auch einige CDU-Politiker, etwa der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, inzwischen Zweifel an der Schuldenbremse haben. Allein die FDP, das will er wohl sagen, stehe felsenfest zu dieser Regelung.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr greift die Formulierung auf. Man habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November, das die Finanzpolitik der Ampel über den Haufen warf, "eins zu eins" umgesetzt. Nach Ansicht der FDP hat das Urteil aus Karlsruhe die Schuldenbremse gestärkt. Und die Rückkehr zu soliden Finanzen sei die Grundvoraussetzung dafür, dass es in Deutschland wirtschaftlich wieder vorangehe. Teile der Grünen und der SPD sehen das völlig anders. Sie halten die Schuldenbremse, an der die FDP in ihrer bisherigen Form vehement festhält, für mindestens reformbedürftig.
Das verschweigt Dürr geflissentlich. Stattdessen weist er darauf hin, dass auch einige CDU-Politiker, etwa der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, inzwischen Zweifel an der Schuldenbremse haben. Allein die FDP, das will er wohl sagen, stehe felsenfest zu dieser Regelung.
Florian Kappelsberger
Grünen-Fraktionschefin Haßelmann erinnert Merz an Beispiele erfolgreicher Zusammenarbeit
Nach Alice Weidel (AfD) spricht Britta Haßelmann, Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion. Sie listet Städte und Orte im ganzen Land auf, an denen in den vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus demonstriert wurde. Die Rede von Weidel, so Haßelmann, habe einmal mehr die Dringlichkeit dieser Proteste bewiesen. Sie erinnert die AfD-Fraktionsvorsitzende an die neuesten Enthüllungen zu den Verstrickungen zwischen der AfD und Rechtsextremisten. "Sie sind demokratisch gewählt", sagt Haßelmann mit Blick auf die AfD-Abgeordneten, "aber Sie sind keine Demokraten."
Die Verteidigung der Demokratie sei die Aufgabe aller demokratischen Parteien. Hier spricht Haßelmann den Oppositionsführer Merz an, der vorher einer weiteren Zusammenarbeit mit der Ampel eine Absage erteilt hatte: "Wir haben doch in diesem Haus doch auch schon gezeigt, dass es geht." Änderungen in der Parteifinanzierung, am Stiftungsgesetz, im Disziplinarrecht, im Kampf gegen Rechtsextremismus hätten Regierung und Opposition bisher erfolgreich zusammengearbeitet. "Treiben Sie hier keinen Spalt rein", mahnt sie in Richtung Merz.
Die Verteidigung der Demokratie sei die Aufgabe aller demokratischen Parteien. Hier spricht Haßelmann den Oppositionsführer Merz an, der vorher einer weiteren Zusammenarbeit mit der Ampel eine Absage erteilt hatte: "Wir haben doch in diesem Haus doch auch schon gezeigt, dass es geht." Änderungen in der Parteifinanzierung, am Stiftungsgesetz, im Disziplinarrecht, im Kampf gegen Rechtsextremismus hätten Regierung und Opposition bisher erfolgreich zusammengearbeitet. "Treiben Sie hier keinen Spalt rein", mahnt sie in Richtung Merz.
Foto: dpa
Oliver Klasen
Weidel wutschnaubend
Mit gewohnt aggressivem Unterton bestreitet die AfD-Co-Chefin Alice Weidel ihre Rede. Zum Teil sagt sie Dinge, die erwartbar und geboten sind für eine Oppositionspolitikerin: "Die Ampel ist das größte Standortsrisiko für Deutschland" etwa. Oder wenn sie betont, dass "drei Viertel der Deutschen" sich eine neue Regierung wünschten. Sehr schnell kommt Weidel aber auch auf die Berichte des Medienhauses "Correctiv" zu sprechen, welches das Treffen von Rechtsextremen aufgedeckt hat, an dem auch mehrere AfD-ler teilgenommen haben. Weidel spricht von "unglaublichen Lügen", die von den Journalisten verbreitet worden seien. Was derzeit in den Medien vor sich gehe, sei eine "steuerfinanzierte Denunziation gegen eine Konkurrenzpartei".
Auch den Rest ihrer Rede trägt Weidel wutschnaubend vor. "Eine Billion - wie viele Nullen hat diese Zahl? - Wissen Sie nicht!", sagt sie an Robert Habeck gerichtet, den sie an anderer Stelle als "Kinderbuchautor" bezeichnet.
Auch den Rest ihrer Rede trägt Weidel wutschnaubend vor. "Eine Billion - wie viele Nullen hat diese Zahl? - Wissen Sie nicht!", sagt sie an Robert Habeck gerichtet, den sie an anderer Stelle als "Kinderbuchautor" bezeichnet.
Foto: dpa
Leopold Zaak
Foto: Kay Nietfeld/dpa
Fraktions-Olaf gegen Fraktions-Friedrich – das war das Duell von Kanzler und Oppositionsführer
Der Schlagabtausch von Merz und Scholz, der Höhepunkt der Debatte, ist vorüber. Friedrich Merz greift nach einem ruhigen Anfang gewohnt scharf die Ampel an. Sie lähme das Land mit einer schlechten Wirtschaftspolitik, durch ihr Regieren mache sie die AfD stark. Er macht ein bissiges Gedankenspiel auf: Man möge sich kurz vorstellen, sagt er, "Deutschland würde – die Ansprüche müssen nicht zu groß sein – nur mittelmäßig regiert". Selbst dann, so Merz, wäre die AfD viel schwächer.
In seiner Antwort an Merz beginnt Olaf Scholz wie gewohnt: eng am Skript, ohne große Abwechslung in der Betonung. Dann aber wacht der Bundeskanzler auf: Er ballt die Fäuste, gestikuliert wild und greift seinen Kontrahenten Merz minutenlang an. Er wirft ihm Feigheit vor beim Migrationspakt, Merz habe "null" ökonomischen Sachverstand. Es scheint so zu sein, wie schon bei vergangenen Rede-Duellen: Wird Scholz von Merz gepikst, dann kommt er aus sich heraus.
In seiner Antwort an Merz beginnt Olaf Scholz wie gewohnt: eng am Skript, ohne große Abwechslung in der Betonung. Dann aber wacht der Bundeskanzler auf: Er ballt die Fäuste, gestikuliert wild und greift seinen Kontrahenten Merz minutenlang an. Er wirft ihm Feigheit vor beim Migrationspakt, Merz habe "null" ökonomischen Sachverstand. Es scheint so zu sein, wie schon bei vergangenen Rede-Duellen: Wird Scholz von Merz gepikst, dann kommt er aus sich heraus.
Nadja Tausche
Scholz: Ukraine-Unterstützung essenzieller Bestandteil des Bundeshaushalts
In deftigen Worten geht es weiter mit Kritik an Friedrich Merz. Er teile jeden Tag gegen die Bundesregierung aus, sagt Scholz, "das ist Ihr Recht.“ Ordentlich teile Merz aus, schwer unter die Gürtellinie – auch das sei sein Recht. Aber, so Scholz: "Wenn Sie dann mal kritisiert werden, dann sind Sie eine Mimose“.
Anschließend geht es eigentlich zum ersten Mal konkret um den Bundeshaushalt. Darin vorgesehen sei Geld zur Unterstützung der Ukraine. Man werde alles dafür tun, dazu auch weiterhin einen Beitrag zu leisten, sagt Scholz. "Wir müssen die Ukraine unterstützen in ihrem Freiheitskampf“. Das sei "unsere Verpflichtung“ für den Frieden und die Sicherheit in Europa.
Deutschland sei nach den USA der größte Unterstützer des angegriffenen Landes. Und es gebe dort nach wie vor keine Zustimmung zur weiteren Ukraine-Unterstützung. Man stelle sich einmal vor, sagt Scholz, das gelinge nicht. Dann wäre Deutschland der größte Unterstützer weltweit. Man müsse international alles dafür tun, dass dieser Zustand nicht eintrete, so der Kanzler: Es brauche Gemeinsamkeit und Solidarität.
Anschließend geht es eigentlich zum ersten Mal konkret um den Bundeshaushalt. Darin vorgesehen sei Geld zur Unterstützung der Ukraine. Man werde alles dafür tun, dazu auch weiterhin einen Beitrag zu leisten, sagt Scholz. "Wir müssen die Ukraine unterstützen in ihrem Freiheitskampf“. Das sei "unsere Verpflichtung“ für den Frieden und die Sicherheit in Europa.
Deutschland sei nach den USA der größte Unterstützer des angegriffenen Landes. Und es gebe dort nach wie vor keine Zustimmung zur weiteren Ukraine-Unterstützung. Man stelle sich einmal vor, sagt Scholz, das gelinge nicht. Dann wäre Deutschland der größte Unterstützer weltweit. Man müsse international alles dafür tun, dass dieser Zustand nicht eintrete, so der Kanzler: Es brauche Gemeinsamkeit und Solidarität.
Karoline Meta Beisel
Scholz wirft Merz "Feigheit vor der eigenen Courage" vor
Jetzt macht sich Scholz lustig über Friedrich Merz, weil der in seiner Rede eine Bezahlkarte für Asylbewerber gefordert hatte – denn dass es nach einer Verabredung von Bund und Ländern so eine Bezahlkarte nun bald bundesweit geben soll, war just an diesem Mittwochmorgen bekanntgeworden. "Offenbar lesen Sie nicht nur wenig Zeitung, sondern reden auch nicht mit den CDU-Ministerpräsidenten", poltert der Kanzler.
Dann holt er aus, weil Merz die Zusammenarbeit in Migrationsfragen erst angeboten, dann aber die Zusammenarbeit doch nicht fortgesetzt hatte. "Ich rätsele bis heute, warum Sie davongelaufen sind", sagt Scholz. "Aber ich glaube, es lag daran, dass Sie das schöne Thema nicht loswerden wollten."
Die jüngst gefassten Beschlüsse etwa zu kürzeren Asylverfahren oder jetzt zur Bezahlkarte zeigten, dass die Regierung das Thema irreguläre Migration gemeinsam mit den Ländern in den Griff bekommen werde. "Aber dann können Sie nicht mehr sagen, alles läuft schief! Das ist der Grund, warum Sie für einen Diskurs nicht mehr zur Verfügung stehen", ruft der Kanzler Merz zu. "So viel Feigheit vor der eigenen Courage habe ich noch nie gesehen."
Dann holt er aus, weil Merz die Zusammenarbeit in Migrationsfragen erst angeboten, dann aber die Zusammenarbeit doch nicht fortgesetzt hatte. "Ich rätsele bis heute, warum Sie davongelaufen sind", sagt Scholz. "Aber ich glaube, es lag daran, dass Sie das schöne Thema nicht loswerden wollten."
Die jüngst gefassten Beschlüsse etwa zu kürzeren Asylverfahren oder jetzt zur Bezahlkarte zeigten, dass die Regierung das Thema irreguläre Migration gemeinsam mit den Ländern in den Griff bekommen werde. "Aber dann können Sie nicht mehr sagen, alles läuft schief! Das ist der Grund, warum Sie für einen Diskurs nicht mehr zur Verfügung stehen", ruft der Kanzler Merz zu. "So viel Feigheit vor der eigenen Courage habe ich noch nie gesehen."
Oliver Klasen
Foto: dpa
Emotionaler hat man Scholz lange nicht gesehen
"Ganz offensichtlich lesen Sie wenig Zeitung und Sie reden auch nicht mit den CDU-Ministerpräsidenten", ruft Scholz in Richtung Merz. Nur ein Beispiel, wie der Kanzler seinen Widersacher jetzt in fast jeder Passage der Rede attackiert. Selbst, als es um ein eher dröges Thema wie die Bezahlzarte für Asylbewerber geht. Selten in der vergangenen Zeit hat man den Kanzler derart emotional gesehen. "Hasenfüßigkeit"; "Feigheit", "Angst vor der eigenen Courage", "Wer boxt, der soll kein Glaskinn haben", in jedem Satz eine Breitseite gegen Merz. Der Kanzler zerhackt die Luft mit seinen Händen, sein Oberkörper ist in Wallung, auch von der Körpersprache her hat diese Rede, jedenfalls im zweiten Teil, wenig gemein mit den "Alles-was-notwendig-ist-wird-getan-werden-Reden", die er früher öfter im Bundestag gehalten hat.
Nadja Tausche
Scholz: "Wir haben Tempo gemacht, wo Tempo notwendig war"
Man müsse auch mal stolz sein auf das, was eine eigene Regierungschefin zustande gebracht habe, sagt Scholz als Reaktion auf Merz – und spielt damit auf die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel an. Er spricht von der Corona-Krise: Deutschland habe es gemeinsam mit der französischen Regierung ermöglicht, auf die Pandemie zu reagieren mit einem europäischen Wiederaufbaufonds. Es war eine CDU-Kanzlerin, mit der das gelungen sei, betont Scholz.
Dann geht er auf Konfrontationskurs zur CDU. Man sei dabei, all das aufzuarbeiten, was in diesem Land liegen geblieben sei, sagt Scholz: "Und es ist sehr viel liegen geblieben.“
Was eigentlich sein politisches Programm mit der politischen Zukunft Deutschlands zu tun habe, fragt er Merz, und antwortet sich selbst: "Nichts!" Über sehr viele Jahre seien die entscheidenden Weichen nicht gestellt worden, damit Deutschland eine industrielle Zukunft haben könne. Die CDU/CSU habe Verantwortung dafür, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorangekommen sei. Dass man die Erschaffung einer Wasserstoffindustrie nicht hinbekommen habe, dass Investitionen in der Stahl- und Halbleiterindustrie nicht stattfänden.
Dann geht er auf Konfrontationskurs zur CDU. Man sei dabei, all das aufzuarbeiten, was in diesem Land liegen geblieben sei, sagt Scholz: "Und es ist sehr viel liegen geblieben.“
Was eigentlich sein politisches Programm mit der politischen Zukunft Deutschlands zu tun habe, fragt er Merz, und antwortet sich selbst: "Nichts!" Über sehr viele Jahre seien die entscheidenden Weichen nicht gestellt worden, damit Deutschland eine industrielle Zukunft haben könne. Die CDU/CSU habe Verantwortung dafür, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorangekommen sei. Dass man die Erschaffung einer Wasserstoffindustrie nicht hinbekommen habe, dass Investitionen in der Stahl- und Halbleiterindustrie nicht stattfänden.
All diese Dinge, sagt Scholz, fänden jetzt statt. "Wir haben Tempo gemacht, wo Tempo notwendig war."
Florian Kappelsberger
Scholz verteidigt die Bilanz der Ampel
Scholz führt seine Generalkritik an der Union fort: Ihre Oppositionsarbeit biete keine wirtschaftliche Perspektive, keine Perspektive für die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland. "Ökonomischer Sachverstand: null!" Er betont die Herausforderungen, vor denen die Ampel steht.
Dennoch stellt er die wirtschaftliche Lage positiv dar: "Deutschland hat den höchsten Beschäftigungsstand in der Geschichte." Während das Land früher mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen hatte, sei mittlerweile der Fachkräftemangel das Problem. Scholz verweist auf Maßnahmen seiner Regierung, um dagegen vorzugehen: das neue Fachkräfte-Einwanderungsgesetz und die Neuregelungen zur Staatsbürgerschaft.
Ebenso zufrieden zeigt er sich mit der Anhebung des Mindestlohns und den steuerlichen Erleichterungen für Geringverdiener, die unter der Ampel durchgesetzt wurden. "Wir sind stolz auf diese gemeinsame Leistung", so der Kanzler. Zudem habe man mit gezielten Steuersenkungen auch die arbeitende Mitte des Landes entlastet. Diesen Kurs, so Scholz, werde die Regierung weiter verfolgen.
Dennoch stellt er die wirtschaftliche Lage positiv dar: "Deutschland hat den höchsten Beschäftigungsstand in der Geschichte." Während das Land früher mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen hatte, sei mittlerweile der Fachkräftemangel das Problem. Scholz verweist auf Maßnahmen seiner Regierung, um dagegen vorzugehen: das neue Fachkräfte-Einwanderungsgesetz und die Neuregelungen zur Staatsbürgerschaft.
Ebenso zufrieden zeigt er sich mit der Anhebung des Mindestlohns und den steuerlichen Erleichterungen für Geringverdiener, die unter der Ampel durchgesetzt wurden. "Wir sind stolz auf diese gemeinsame Leistung", so der Kanzler. Zudem habe man mit gezielten Steuersenkungen auch die arbeitende Mitte des Landes entlastet. Diesen Kurs, so Scholz, werde die Regierung weiter verfolgen.