Bundesrat:"Dieses Gesetz wird keinen Erfolg finden"

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Der Bundesrat in Berlin: Die Länderkammer berät mehrere menschennahe Themen. (Foto: IMAGO/Christian Spicker/IMAGO/Christian Spicker)

Ländervertreter kritisieren die umstrittenen Heizungspläne der Bundesregierung mit deutlichen Worten. Auch sonst geht es im Bundesrat um Themen, die viele Menschen betreffen könnten. Ein Überblick.

Die Mitglieder des Bundesrats haben über mehrere verbrauchernahe Themen diskutiert. Eine Auswahl der wichtigsten Debatten und Entscheidungen des Tages:

Heizungen

Mehrere Ländervertreter haben die Pläne der Bundesregierung zum schrittweisen Heizungstausch scharf kritisiert. "Ich glaube, der beste Weg ist ein kompletter Neustart. Dieses Gesetz wird keinen Erfolg finden, sondern im Gegenteil zu riesigen Spannungen führen", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Bundesrat. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), betonte: "Der Klimaschutz muss praktisch lösbar sein, es muss machbar sein und es muss finanziell auch realisierbar sein." Nicht jeder, der ein Haus habe, sei automatisch reich. Das Gesetz müsse mit einer großen Förderung kommen, gerade für kleine und mittlere Einkommen.

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff sagte, er warte selbst auf eine neue Heizung - und gestand: "Ich bin auch unsicher, was ich machen soll." Man stehe zum Klimaschutz, und der Gebäudebereich müsse seinen Teil beitragen, sagte der CDU-Politiker. Es gehe aber nicht ohne Akzeptanz in der Bevölkerung: "Viele Menschen machen sich Sorgen darum, dass sie später ihr eigenes Haus oder ihre eigene Wohnung im schlimmsten Fall verkaufen müssen, weil sie dann die Kosten eines Heizungswechsels nicht tragen können."

Nach einem Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Im Sinne des Klimaschutzes soll so der Abschied von Gas- und Ölheizungen eingeläutet werden. Das Thema liegt momentan noch beim Bundestag, deshalb hat der Bundesrat an diesem Freitag nicht dazu abgestimmt.

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Intelligente Stromzähler

Bald gibt es neue Vorgaben für intelligente Stromzähler. Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende beschlossen. Es sieht unter anderem vor, dass Privatleute und Nutzer mit relativ geringem Verbrauch für einen intelligenten Stromzähler künftig nicht mehr als 20 Euro pro Jahr zahlen müssen. Für Haushalte mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen sollen es 50 Euro pro Jahr sein.

Die sogenannten Smart Meter sind vernetzte Messgeräte für Wärme oder Strom, die Verbrauchsdaten automatisch an die Anbieter übertragen und auch für die Nutzer sichtbar machen. Damit und in Kombination mit variablen Stromtarifen, bei denen der Preis mit dem Angebot an Strom aus Wind und Sonne schwankt, sollen Verbraucher ihre Stromnutzung stärker am Preis ausrichten können.

Behindertenförderung auf dem Arbeitsmarkt

Der Bundesrat hat beschlossen, mehr Menschen mit Behinderung in Arbeit zu bringen. Dem Gesetz nach müssen Arbeitgeber künftig eine höhere Ausgleichsabgabe zahlen, wenn sie trotz Beschäftigungspflicht keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Für kleinere Betriebe sind wie bisher Sonderregelungen vorgesehen. Arbeitgeber müssen bereits auf wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Diese Regelung gilt für Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen. Für jeden nicht mit einem schwerbehinderten Menschen besetzten Pflichtarbeitsplatz wird eine Ausgleichsabgabe fällig.

Hessen will neuen Gedenktag

Das Land Hessen setzt sich für einen neuen nationalen Gedenktag ein. Dieser soll an die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland erinnern, wie aus einem Antrag hervorgeht, den das Land im Bundesrat vorstellen will. Hessen begründet den Vorstoß damit, dass die revolutionären Proteste zum Jahresbeginn 1848 bis hin zur Märzrevolution den Ausgangspunkt für die demokratische und bundesstaatliche Entwicklung in Deutschland bildeten. Schließlich sei am 18. Mai 1848 die Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt zusammengekommen.

Der bevorstehende 175. Jahrestag dieses Ereignisses sei ein guter Anlass, um Bewegung in eine Debatte zu bringen, hieß es. Der Bundesrat solle die Bundesregierung bitten, im Einvernehmen mit den Ländern eine unabhängige Historikerkommission einzusetzen, die ein geeignetes Datum für den Gedenktag vorschlage.

Wahlrechtsreform

Der Bundesrat hat die umstrittene Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags passieren lassen. In der Länderkammer gab es keine Mehrheit für den Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit kann das im Bundesrat nicht zustimmungspflichtige Vorhaben in Kraft treten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte aber eine Klage des Freistaats vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Die vom Bundestag verabschiedete Reform des Wahlrechts soll die Zahl der Sitze im Bundestag bei 630 deckeln. Es gibt deshalb keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr. Entscheidend für die Stärke einer Partei im Parlament wird allein ihr Zweitstimmenergebnis sein.

Auch die Grundmandatsklausel fällt weg. Nach ihr zogen Parteien bisher auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Jede Partei, die in den Bundestag will, muss künftig bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen bekommen. Parteien nationaler Minderheiten bleiben aber davon befreit.

Kompromiss beim Whistleblower-Gesetz

Der Bundesrat hat einem Whistleblower-Gesetz zugestimmt, das der Bundestag am Donnerstag nach monatelangem Tauziehen verabschiedet hatte. Hinweisgeber, die Missstände in Behörden und Unternehmen aufdecken, sollen durch das am Donnerstag beschlossene Maßnahmenpaket vor Entlassung und Repressalien bewahrt werden. Zudem müssen spezielle Anlaufstellen geschaffen werden, wo Meldungen zu Betrügereien, Korruption oder Umweltschutzverstößen entgegengenommen werden.

Kurz vor Weihnachten hatte der Bundestag schon einmal ein solches Gesetz beschlossen, doch damals stoppte der Bundesrat das Vorhaben, weil die unionsregierten Länder eine übermäßige finanzielle Belastung von kleineren Unternehmen befürchteten. Deshalb war im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss erarbeitet worden.

Linke will Recht auf Wohnungstausch

Auch im Bundestag sind die Abgeordneten an diesem Freitag aktiv. Dort ging es unter anderem um den Wohnungsmarkt. Auf Antrag der Linksfraktion debattierten die Abgeordneten über ein Recht auf Wohnungstausch. Nach dem Willen der Oppositionspartei sollen Mieterinnen und Mieter tauschen, also aus zu großen in kleinere Wohnungen und umgekehrt ziehen dürfen. Die bestehenden Mietverträge sollen demnach ohne Mieterhöhung übernommen werden können. Im April hatte sich auch der Deutsche Mieterbund hinter die Idee einer solchen Tauschoption für Senioren und junge Familien gestellt. Ein Gesetz wurde nicht beschlossen, sondern der Antrag der Linken an die Ausschüsse überwiesen.

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