Nach Russlandreise:AfD mahnt drei Abgeordnete ab

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Ulrich Singer, bis Oktober 2023 noch Fraktionschef der AfD Bayern, war mit zwei Gleichgesinnten als "Wahlbeobachter" in Russland. (Foto: Sven Hoppe/DPA)

Sie tourten als "Demokratie-Experten" durchs Land, als Präsident Putin dort seine Wiederwahl abhalten ließ. Dafür erteilt der Bundesvorstand den bayerischen Parlamentariern eine Verwarnung.

Von Johann Osel und Roland Preuß, Berlin/München

Nach harscher Kritik an der Partei geht die AfD-Führung gegen besonders russlandfreundliche Abgeordnete in den eigenen Reihen vor. Der AfD-Bundesvorstand beschloss am Montag, drei bayerische Landtagsabgeordnete, die als Wahlbeobachter bei der Abstimmung zur Bestätigung Wladimir Putins als Präsident Mitte März durch Russland gereist waren, abzumahnen. Dies berichteten Teilnehmer der AfD-Vorstandssitzung der Süddeutschen Zeitung. Betroffen sind die drei bayerischen Landtagsabgeordneten Andreas Jurca, Elena Roon und Ulrich Singer.

Die Abmahnung ist eine vergleichsweise milde Maßnahme. Laut Satzung kann die Partei sie aussprechen, wenn Personen "gegen Grundsätze oder die Ordnung der Partei" verstoßen. Mit der Abmahnung muss das Mitglied darauf hingewiesen werden, dass das kritisierte Verhalten im Wiederholungsfall oder ein vergleichbares Verhalten "weitergehende Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können", es ist eine offizielle Verwarnung.

Weidel und Chrupalla waren gegen die Reise

Die Landtagsabgeordneten Jurca, Roon und Singer waren nach Russland gereist, obwohl der AfD-Bundesvorstand unter den Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla Anfang März dringend davon abgeraten hatte. Die drei waren nach eigenen Angaben vom dortigen Bürgerrat als "Demokratie-Experten" eingeladen worden, Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren dagegen nicht zugelassen.

Jurca und Roon sind seit gut einem halben Jahr neu im Parlament, Singer war in der vergangenen Wahlperiode AfD-Fraktionschef. Der primäre Zweck der Reise liege darin, "die von der Parteilinie unterstützten Forderungen nach einem diplomatischen Dialog umzusetzen", hatte Jurca zur Begründung gesagt. Man habe sich dazu entschieden, die Kosten selbst zu tragen, "um Vorwürfen einer Befangenheit keinen Raum zu bieten".

Die AfD war wenig später verstärkt wegen ihrer Verbindungen nach Russland in die Kritik geraten, weil der EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah und der EU-Kandidat Petr Bystron dem prorussischen Internetportal Voice of Europe Interviews gegeben hatten. Die Seite gilt Sicherheitsbehörden als Kanal zur Verbreitung prorussischer Propaganda in Europa, laut einem Bericht der tschechischen Zeitung Denik N soll Bystron laut Informationen des tschechischen Geheimdienstes BIS an das Kabinett in Prag auch Geld aus prorussischen Quellen erhalten haben. Bystron bestreitet dies.

Von der Geldübergabe soll eine Audioaufnahme existieren, die der BIS allerdings nicht veröffentlichen will. Auch der Fall Bystron beschäftigte den Bundesvorstand, er forderte von dem Bundestagsabgeordneten zwei schriftliche Stellungnahmen, sieht aber derzeit keine Grundlage für weitere Maßnahmen.

In der Bayern-AfD blieb Groll zurück

Im Falle der drei Landtagsabgeordneten war außer dem Bundesvorstand auch die Fraktionsführung in München skeptisch. Es handele sich um Einladungen, die an drei einzelne Abgeordnete persönlich gerichtet waren, stellte Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner damals öffentlich klar. Die drei seien "nicht als Repräsentanten der Fraktion" gereist. "Die Fraktion lehnt diese Reise ausdrücklich ab."

In der Fraktion hatte es nach SZ-Informationen davor wie danach Debatten gegeben. Sympathien für Russland und auch die Billigung der Reise "gehen unter den Abgeordneten querbeet, auch unabhängig von der politischen Strömung in der AfD", heißt es in Fraktionskreisen. Nach Ostern entschied man sich dem Vernehmen nach bei einem erneuten Gespräch in der Fraktion, die Sache quasi abzuhaken; zukünftig wolle man in solchen Fällen besser kommunizieren und mit einer gemeinsamen Linie nach außen treten.

Groll in der Bayern-AfD blieb aber durchaus zurück, "das hat uns draußen bei den Wählern auf dem Land eher geschadet, das sind keine Putin-Fans", ist aus der Partei zu hören. Jurca teilte auf SZ-Nachfrage auch im Namen der anderen beiden Parlamentarier am Montag mit, es liege aktuell noch keine Abmahnung vor, die man prüfen könnte. "Allgemein sind wir der Meinung, dass Parteiinterna nicht an die Presse gehören."

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