Prozesse - Koblenz:Urteil im Syrien-Staatsfolter-Prozess womöglich Ende Februar

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Koblenz (dpa/lrs) - Im weltweit ersten Strafprozess wegen mutmaßlicher Staatsfolter in Syrien verkündet das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz möglicherweise am 24. Februar sein erstes Urteil. "Mit Eyad A. könnte erstmals ein ehemaliges Mitglied des Geheimdienstapparats der syrischen Assad-Regierung wegen Folter als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt werden", teilte die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin am Mittwoch mit. Syriens Präsident Baschar al-Assad soll in seinem Bürgerkriegsland für eine Folter-Maschinerie verantwortlich sein.

Das OLG Koblenz bestätigte, dass der zuständige Staatsschutzsenat am 57. Verhandlungstag am Mittwoch in den Raum gestellt habe, das Verfahren gegen Eyad A. je nach weiterem Verlauf am 17. Februar abzutrennen und am 24. Februar zu einem Urteil zu kommen (Az.: 1 StE 9/19). Die Beweisaufnahme gegen den 44-Jährigen könnte bis dahin entscheidungsreif sein. Gegen den Hauptangeklagten Anwar R. (57) würde der Prozess weiterlaufen. Das international beachtete Verfahren ist vorerst mit weiteren 57 Verhandlungstagen bis zum 27. Oktober 2021 terminiert. Begonnen hatte es bereits am 23. April 2020 unter strengen Corona-Auflagen.

Das Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht erlaubt es, auch hierzulande mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern in anderen Staaten zu verfolgen. Anwar R. und Eyad A. waren nach ihrer Flucht in Deutschland von mutmaßlichen Opfern erkannt und 2019 in Berlin und Zweibrücken festgenommen worden. Die Anklage wirft Anwar R. Verbrechen gegen die Menschlichkeit 2011 und 2012 vor. Sie legt dem einstigen Oberst 58-fachen Mord, Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung in Syrien zur Last. Eyad A. ist wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit 2011 angeklagt. Dem in Zweibrücken festgenommenen 44-Jährigen wird vorgeworfen, mindestens 30 Demonstranten in ein Foltergefängnis gebracht zu haben. Anwar R. hat zu Prozessbeginn die Vorwürfe zunächst abgestritten und Eyad A. vorerst geschwiegen.

Laut dem Verein ECCHR haben in dem Verfahren inzwischen Dutzende syrische Folterüberlebende und Sachverständige ausgesagt: "Sie alle bestätigten die schwersten Verbrechen wie Folter und sexualisierte Gewalt, mit denen die staatlichen syrischen Geheimdienste systematisch gegen die Zivilbevölkerung vorgehen."

© dpa-infocom, dpa:210127-99-195385/2

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