SZ-Kolumne "Bester Dinge":Der Rausch des Diplomaten

(Foto: twitter.com/7NewsCanberra)

Der australische Politiker Michael McCormack möchte auf seiner Mikronesien-Reise ein Zeichen für Völkerverständigung setzen - und übergibt sich.

Von Martin Zips

In Zeiten allgegenwärtiger Toleranz und Rücksichtnahme, in unseren Zeiten also, erleben Höflichkeit und Respekt eine beachtliche Renaissance. Es reicht eben nicht, besoffen von sich selbst durchs Leben zu taumeln; vom modernen Menschen wird - zu Recht! - eine gewisse ethische Grundkompetenz erwartet.

Dies dürfte auch dem australischen Politiker und ehemaligen Vize-Premier Michael McCormack durch den Kopf gegangen sein, als er während einer Feier zum 35. Jahrestag der australisch-mikronesischen Beziehungen auf der Insel Pohnpei einen besonders beherzten Schluck des ihm von Einwohnern gereichten Willkommensgetränkes nahm. "Ich habe versucht, respektvoll zu sein", erklärte McCormack, als er nach 14-stündigem Dauerschlaf wieder einigermaßen bei Bewusstsein war. Zuvor hatte er sich in einen Mülleimer übergeben und war ins Krankenhaus eingeliefert worden. Um seine freundlichen Absichten zu unterstreichen, hatte McCormack nach dem für seine Delegation eigens dargebotenen zeremoniellen Tanz der Inselbewohner auf das bloße Nippen an der ihm gereichten Schale verzichtet und sich das traditionelle Kava-Getränk aus Rauschpfeffer geradezu bierartig eingeflößt.

An diesem Beispiel lässt sich freilich auch feststellen, dass der Grat zwischen Höflichkeit und Selbstaufopferung mitunter ein recht schmaler ist. Spätestens wenn Hingabe mit einem abrupten Vomitus endet, ist Vorsicht angesagt! Hätte McCormack ein Fläschchen australisches draught beer als Gastgeschenk mitgebracht und, Respekt hin oder her, auf Pohnpei eben damit angestoßen - das Signal für die Zukunft der australisch-mikronesischen Beziehungen wäre womöglich ein günstigeres gewesen.

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