Zum Essen ins Wirtshaus zu gehen, ist im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zum Jahreswechsel spürbar teurer geworden. Seitdem liegt der Mehrwertsteuersatz für Speisen im Restaurant deutschlandweit wieder bei 19 statt sieben Prozent wie in den vergangenen Jahren. Das haben die meisten hiesigen Gastronomen zumindest teilweise auf ihre Preise aufgeschlagen. Genau für diesen Fall hatte Monika Poschenrieder, Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, schon im November des Vorjahres vor einem massiven Wirtshaussterben gewarnt.
Ob sich das bereits abzeichnet? Immerhin zählt der Landkreis zu den beliebtesten Ausflugsregionen im wirtschaftlich prosperierenden Münchner Umland. "Natürlich wird es Auswirkungen geben", sagt Poschenrieder. Allerdings nicht sofort, sondern in einem Prozess von ein, zwei Jahren. Die Wirtin des für seine Fischspezialitäten bekannten Gasthauses Walgerfranz bei Bad Tölz spricht von einem "Schlag ins Gesicht" seitens der Bundesregierung: "Wir sagen, der gesamte Mittelstand wird mies behandelt." In ihrem Gasthaus habe sie die Preise um bis zu sieben Prozent erhöht. "Und wir werden weiter raufgehen müssen."
Monika Poschenrieder spricht von erhöhten Energieausgaben. Die Lebensmittelpreise seien um 25 Prozent gestiegen. Zudem drohten höhere Lieferkosten. Für Spediteure werde der CO₂-Ausstoß seit Dezember 2023 in die Lkw-Mautberechnung einbezogen. Außerdem belasteten die Gastronomie viele Vorschriften und der Arbeitskräftemangel. All das werde viele Gastronomen ins Nachdenken bringen, ob sie aus Pachtverträgen möglichst bald aussteigen. So könnten in den kommenden ein, zwei Jahren einige Gasthäuser ganz schließen, fürchtet Poschenrieder. Unter den jetzigen Rahmenbedingungen dürfte die Betriebsnachfolge schwierig werden.
Trotzdem sind die Preise etwa im Hechenberger Moarwirt bis dato unverändert geblieben. Isabella Miller, die das Gasthaus mit ihrem Mann Sebastian seit 2017 führt, begründet diesen Entschluss mit dem Respekt gegenüber dem Gast. Sie und ihr Mann hätten erst einmal abwarten wollen, wie sich die Gäste verhielten, und nicht einfach die Mehrwertsteuer sofort aufschlagen wollen.
Das Wirtspaar erklärt, es sei wichtig, die Produkte für ihre Küche von möglichst ortsnahen, am Tierwohl orientierten Bauern einzukaufen. In der Region zählt der Moarwirt daher zu den teureren Betrieben. Für das Böfflamot mit Ochsenfleisch in Bio-Qualität direkt aus dem Dorf zahlt der Gast 26 Euro - und wird wohl bald mehr ausgeben müssen. Denn von der Preisentwicklung könnten sie sich dauerhaft nicht abkoppeln, sagt Isabella Miller.
Im alteingesessenen Beuerberger Gasthaus zur Mühle (Gemeinde Eurasburg) hat das Wirtspaar sich für eine Zwischenstrategie entschieden. "Wir haben die Preise um zwölf Prozent erhöht, außer bei den Kinderessen", sagt Katharina Urban. Anders sei es nicht gegangen, auch weil die Kommune die Gewerbesteuer für heuer leicht erhöht habe. "Es wird alles teurer", so Urban. Das Schweineschnitzel "Wiener Art" mit Pommes frites kostet nun 15,50 statt 13,80 Euro. Dafür zahlten die Gäste für den Grillteller (15,80 Euro) sogar einen Euro weniger; es gebe aber dazu keinen Salat mehr. Katharina Urban betont, dass es ihr und ihrem Mann wichtig sei, auch günstigere Gerichte anzubieten.
Eine der großen, bei schönem Wetter gefragten Ausflugsgaststätten im Landkreis ist das Reutberger Klosterbräustüberl in der Gemeinde Sachsenkam. Dort haben die Betreiber die höhere Mehrwertsteuer eins zu eins auf die Speisenkarte aufgeschlagen. Finanziell sei das auch nicht anders machbar gewesen, sagt Georg Lichtenegger, der stellvertretender Dehoga-Vorsitzender im Kreis ist und das Gasthaus zusammen mit Bernhard Haindl führt. Dass der ein oder andere Gast stutzig werde, wenn der Preis für ein Schnitzel in Richtung 20 Mark steige, sei ihm durchaus bewusst.
"Sechs offene Vollzeitstellen"
Doch der Mindestlohn für das Personal steige, der Eigentümer habe die Pacht für den Betrieb massiv erhöht. "Die Spirale dreht sich immer weiter." Zudem sei das Geschäft im Klosterbräustüberl stark wetterabhängig. Sei es schlecht, blieben die Gäste aus. Im Team arbeiteten 62 Personen. "Aktuell haben wir sechs offene Vollzeitstellen", so Lichtenegger. Damit die verbliebenen Mitarbeiter nicht ausbrennen, sei es immer ein Abwägungsprozess, wie viele Tische er aufstelle. "Das ist ein Teufelskreis."
Die Gastronomiebranche stehe vor sehr schwierigen Entwicklungen, sagt Lichtenegger. Vollkommen unverständlich seien für ihn die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze von 19 Prozent für Restaurants und sieben Prozent für To-go-Betriebe, die ihr Essen auch noch in umweltverschmutzenden Plastikbehältern mitgeben dürften.
Wie die Dehoga-Kreisvorsitzende Poschenrieder will Lichtenegger weiter für den niedrigeren Mehrwertsteuersatz kämpfen. Wenn es weniger Gastronomiebetriebe gebe, wirke sich das unmittelbar auf Lebensmittelproduzenten wie Bäckereien und Metzgereien aus. Seine große Sorge sei, dass nun viele Wirte auf billigere Produkte umstellten, um die Preise nicht so stark anheben zu müssen, so Lichtenegger.