Wintersport:Nachwuchsarbeit in schwieriger Zeit

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Seit Januar 2023 ist Sophie Mayr - hier vor ihrem Haus in Ellbach - DSV-Jugendsekretärin. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Sophie Mayr aus Ellbach bei Bad Tölz ist seit Jahresanfang neue Jugendsekretärin im Deutschen Skiverband. Kindern und Jugendlichen will die 27-Jährige vermitteln, wie begeisternd der Skisport ist - und lieber nicht so weit in die Zukunft blicken.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Wer in direktem Blickkontakt mit den Bergen im Isarwinkel aufwächst, kann und mag sich womöglich kaum vorstellen, dass etwa auf dem Brauneck der Schnee für den Skisport irgendwann nicht mehr reichen sollte. So räumt Sophie Mayr aus Ellbach bei Bad Tölz ganz offen ein, am besten nicht zu viel nachdenken zu wollen, was in zehn oder 20 Jahren passiert. "Ich schaue, was in den nächsten zwei, drei Jahren kommt", sagt die 27-jährige, neue Jugendsekretärin des Deutschen Skiverbandes (DSV). "Sonst könnte ich ja Panik kriegen." Diese Sichtweise klingt wie eine Form der Verdrängung . Womöglich drückt Mayr damit aber nur die Leidenschaft für den Skisport aus, die sie in ihrer Funktion den Kindern und Jugendlichen in den Vereinen nahe bringen will.

Was Mayr so fasziniert, lässt sich in Worten vielleicht kaum ganz fassen. Trotzdem ein Deutungsversuch: Die früher selbst im Leistungssport aktive junge Frau spricht vom Erlebnisraum Berg. "Wenn ich oben am Gipfel stehe und ich sehe nur Berge um mich herum, dann habe ich eine ganz andere Sicht auf die Dinge." Für sie sei dies ein Ausgleich zum sonstigen Alltag. "Wenn sich die Kanten in den Schnee graben, ist das das absolute Highlight", so Mayr. Im Winter nicht auf den Skiern zu stehen, könne sie sich nicht vorstellen. Glücklicherweise habe sie die Berge selbst vor der Haustür. "Ich bin froh, dass ich durch meine Leistungssportkarriere erfahren habe dürfen, was Leidenschaft heißt, im positiven wie im negativen", sagt Mayr.

"Ich kann meine Erfahrung weitergeben, dass es sich lohnt, für ein Ziel zu kämpfen."

Denn dies bedeutet auch, mit Niederlagen umgehen zu lernen, die körperlichen Grenzen der Leistungsfähigkeit auszuloten, selbständig zu werden und gleichzeitig im Team zu arbeiten. "Ich kann meine Erfahrung weitergeben, dass es sich lohnt, für ein Ziel zu kämpfen", sagt Mayr. An der Universität im oberfränkischen Bayreuth hat sie Sportökonomie studiert, zwar keine Weltcupsiege, Weltmeisterschafts- oder Olympiamedaillen errungen, dafür aber im Jahr 2019 die Deutschen Hochschulmeisterschaften in den Alpinski-Disziplinen Slalom und Riesenslalom gewonnen.

Ausgerechnet mitten in diesem wechselhaften und eher schneearmen Winter - im Januar - hat Mayr ihre neue Funktion als DSV-Jugendsekretärin übernommen. Die Saison war ein Auf und Ab, begann zwar Mitte Dezember vielversprechend mit einem frühen Wintereinbruch und dem Skisaisonstart am Brauneck. Dann folgte allerdings eine lange Wärmeperiode. Daher mussten die Lifte am Lenggrieser Hausberg im Januar sogar für etwas mehr als zwei Wochen ihren Betrieb ganz einstellen, ehe es dank niedriger Temperaturen und abermaliger Schneefälle wieder losgehen konnte. Vor diesem Hintergrund räumt Mayr selbst ein, dass der Wintersport, wenn er Schnee braucht, vor Herausforderungen stehe. "Die Wintersaison wird kürzer", so die DSV-Jugendsekretärin. "Wir müssen uns ganz ganzjähriger aufstellen."

In Lenggries gab es früher auch Wettkämpfe auf der Skischanze, wie hier im Bild Franz Mechler vom SC Bad Tölz in den 1930er-Jahren. (Foto: privat)

Den Wintersport ganz abzuschreiben, kommt für Mayr trotzdem nicht infrage. Womöglich ist der Isarwinkel ohne Skilauf auch kaum zu denken, existieren doch Fotografien, auf denen die Wintersportler mit Skiern und Stöcken in langen Schlangen vom Lenggrieser Bahnhof in Richtung Brauneck marschieren. Anschließend mussten sie zu Fuß den Berg hinauf. Denn die Kabinenbahn eröffnete erst 1957. Ein Rückblick als Ausblick auf die Zukunft des Skisports im Isarwinkel? Wohl nur insofern, als die Bergbahnbetreiber die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln wieder mehr in den Fokus stellen, was auch Mayr betont. Denn die Hin- und Rückfahrt verursacht den meisten klimaschädlichen Kohlenstoffdioxidausstoß. "Bei uns im DSV sind Fahrgemeinschaften das A und O", sagt sie.

"Danach weiß man, dass sich der Aufwand lohnt."

Als DSV-Jugendsekretärin sieht Mayr ihre Aufgabe darin, Skivereine mit Schulen und Kindergärten zu vernetzen, Lehrer beispielsweise als Multiplikatoren zu gewinnen, damit es auch weiterhin Schulskilager gibt. Gerade Kinder und Jugendliche seien für den Natursport im glitzernden Schnee oft schnell zu begeistern, meint sie. Vom Strahlen in deren Augen beim diesjährigen Felix-Neureuther-Schulcamp in Garmisch berichtet Mayr begeistert: "Danach weiß man, dass sich der Aufwand lohnt." Dieses Erlebnis, sich in der Natur auf Skiern zu bewegen, mache den Skisport so wertvoll.

Zudem kooperiert der DSV laut Mayr mit Reiseanbietern, um Schulklassenfahrten in Jugendherbergen wie in Bad Tölz unkompliziert zu ermöglichen. Im Skitty-Cup - einer nach dem weiß-schwarzen Tiger-Maskottchen des DSV benannten, bundesweiten Veranstaltungsserie - können sich Sechs- bis Neunjährige spielerisch mit dem Schneesport vertraut machen. Ebenso können sich Vereine für die DSV-Sommer-Skiolympiade bewerben und sich in Disziplinen wie Biathlon (eine Kombination aus Laufen und Bälle in ein Ziel werfen), Nordischer Kombination oder Skilanglauf ohne Schnee messen.

Neben dem Sonnenbichl in Bad Wiessee zählt Lenggries - hier ein Foto vom U 16-Schülercup am Weltcuphang 2012 - zu den Trainingsstützpunkten in der Region. (Foto: Manfred Neubauer)

Zusätzlich zu ihrer hauptamtlichen Tätigkeit beim DSV trainiert Mayr noch Kinder und Jugendliche bei ihrem Tölzer Heimat-Skiclub und Elf- bis Zwölfjährige beim Skiverband Oberland ehrenamtlich. Im Jahr 2019 wurde sie für ihre erfolgreiche Arbeit beim SC Bad Tölz sogar zur Trainerin des Jahres gekürt. Generell kämpften Vereine um Mitglieder und Trainer, die sich engagierten wollen, sagt Mayr. Dass der Skisport angesichts der Kosten von der Ausrüstung bis zur Liftkarte immer mit einem gewissen "elitären" Image verbunden sein werde, sei ihr klar. Dafür gebe es aber Skibasare, um günstig an Skier und Kleidung gerade für Kinder zu kommen. Bergbahnen wie am Brauneck böten günstigere Konditionen für Familienkarten und Skivereinsmitglieder.

Laut DSV sind aktuell in 20 Landesskiverbänden um die 650 000 Skisportler organisiert. Sie wolle mitwirken, dass der Skisport für jeden möglich sei, sagt Mayr. Ohne ihn könne sie sich einen Winter nicht vorstellen.

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