Tram durch den Englischen Garten:Warum Horst Seehofer und Dieter Reiter sich zurzeit so nahe stehen

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CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer (links) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf dem Oktoberfest 2014. (Foto: REUTERS)
  • Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat der Tram-Linie durch den Englischen Garten in München zugestimmt.
  • Die Staatsregierung hatte sich zuvor lange gegen das Bauvorhaben gesträubt.
  • Münchens CSU hat bereits angekündigt, sie werde Widerstand gegen das Projekt leisten.

Von Lisa Schnell

Auf den ersten Blick geht es nur um eine Trambahn durch den Englischen Garten. Eine wichtige verkehrspolitische Frage für München, unbestritten. Auf den zweiten Blick aber geht es um viel mehr. Mit seiner Unterstützung für das umstrittene Projekt hat Ministerpräsident Horst Seehofer gleiche mehrere Signale ausgesendet.

Zum einen zeigt er dem Münchner CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle mal wieder, wer der wirkliche Chef ist. Spaenle stand immer an der Spitze der Bewegung gegen eine Trambahn durch den Englischen Garten. Wie sehr ihm der Kampf gegen sie am Herzen liegt, zeigt seine Reaktion auf Seehofers Vorstoß und sein klares "Mit mir nicht!". Sicher ist: Die Sache wird das Verhältnis der beiden nicht gerade verbessern.

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Der Freistaat werde das Projekt zulassen, verspricht der Ministerpräsident. Doch Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle kündigt bereits an: "Mit mir wird es das nicht geben."

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Das ist ohnehin schon alles andere als gut. Der Streit um die Trambahn ist nur ein weiterer unter vielen: Einmal kanzelte Seehofer Spaenle als Bildungsminister ab, indem er ihm die Reform des G 8 aus der Hand nahm. Dann hob er mahnend den Zeigefinger, als ein angeblicher Streit zwischen Spaenle und Thomas Kreuzer, dem Chef der CSU-Landtagsfraktion, für Unruhe in der Münchner CSU gesorgt hatte. Und jetzt also die Trambahn.

Dass der Ministerpräsident auf Spaenle ebenso wenig Rücksicht nimmt wie auf dessen engen Freund Markus Söder - der zugleich Seehofers Dauerrivale ist - verwundert deshalb kaum jemanden. Zumal der Schritt aus Seehofers Sicht nur Vorteile hat - und das auf mehreren Ebenen.

In der Diskussion um die Luftverschmutzung durch Dieselfahrzeuge wappnet er sich vor Kritik, nur auf der Seite der Autobauer und Besitzer von Dieselfahrzeugen zu stehen. Zwar vertritt Seehofer auf der einen Seite klar deren Interessen, indem er sich gegen Fahrverbote ausspricht. Auf der anderen Seite tut er jetzt etwas für emissionsarme Mobilität. Und verbessert gleichzeitig sein Verhältnis zu Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Das scheint ihm in letzter Zeit wichtiger zu sein als die Beziehung zu eigenen Kabinettsmitgliedern wie Spaenle.

Ihr gemeinsames Interesse: die dritte Startbahn

Dass sich die Lenker der Landeshauptstadt und des Freistaats recht nahe stehen, dürfte einen Grund haben: das gemeinsame Interesse an einer dritten Startbahn. Um die zu erreichen, braucht Seehofer den Oberbürgermeister. Gleichzeitig hat er in letzter Zeit einige Projekte vorangebracht, die auch in Reiters Interesse sind, vor allem den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke. Manche sehen hier einen Zusammenhang, ein Geben und Nehmen zwischen Seehofer und Reiter. In dieses Bild passt, dass auch der OB bemüht ist, den Konflikt mit der Landes-CSU zu vermeiden. So hätte etwa seine Reaktion auf das Ultimatum von CSU-Mann Erwin Huber zur Startbahn auch schärfer ausfallen können. Seehofers plötzliches Interesse für die Trambahn im Englischen Garten könnte einen weiteren Grund haben.

Viel wichtiger als die vorübergehende Koalition mit OB Reiter ist Seehofer seine Koalition mit dem Bürger. Und sein Versprechen, dass mit ihm Großprojekte nicht so schiefgehen wie der Bau des Berliner Flughafens, sondern gelingen. Neben der zweiten Stammstrecke wäre die Trambahn ein weiterer Beleg für die Macherqualität der beiden. Dass er damit einem SPD-Oberbürgermeister näher ist als den eigenen Ministern, stört Seehofer dabei wohl nicht.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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