Mobilitätswende:Wie fahrradfreundlich ist der Landkreis Starnberg?

Lesezeit: 3 min

Bei Radwegen geht nichts voran, 500 Beschilderungen gehören verbessert, das Auto hat immer Vorfahrt: Das kritisiert der ADFC-Vorsitzende Anton Maier. Der Landrat kündigt Verbesserungen an.

Von Michael Berzl, Starnberg

Anton Maier aus Feldafing muss an diesem Freitag nach Fürstenfeldbruck ins Rathaus. Mit dem Auto dauert das etwa eine Dreiviertelstunde. Für Maier aber ist es schon eine Selbstverständlichkeit, dass er die gut 30 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegt. Eineinviertel Stunden wird er brauchen, sagt er vor dem Aufbruch am Telefon. Ein eigenes Auto hat er schon lange nicht mehr. So etwas verändert die Sichtweise. Etwa 10 000 Kilometer legt der Berufsschullehrer pro Jahr mit dem Fahrrad zurück. Der größte Teil davon kommt auf seinem Arbeitsweg nach Schwabing zusammen. Umso mehr liegt dem Kommunalpolitiker der Grünen und Kreisvorsitzenden des Radlerclubs ADFC am Herzen, dass es sichere und attraktive Wege gibt, die sich auf zwei Rädern und mit Muskelkraft bewältigen lassen.

Dass der Landkreis Starnberg nun erneut als besonders fahrradfreundlich ausgezeichnet werden soll, sieht er kritisch. Zu viel bleibt in seinen Augen liegen, zu viele Aufgaben wären noch zu erledigen. Nach wie vor genieße das Auto Priorität, beklagt der Radl-Funktionär. Er fordert Gleichberechtigung.

Landrat Stefan Frey (CSU) zeigt viel Verständnis für diese Sichtweise, er betont aber auch, man könne nicht nur die Interessen der Fahrradfahrer vertreten: "Es gibt schließlich auch andere Verkehrsteilnehmer." Der nötige Grunderwerb für neue Radwege und die Belange des Naturschutzes, die ebenfalls berücksichtigt werden müssten, seien oft schwer zu überwindende Hürden. Trotzdem geschehe in diesem Bereich sehr viel: "Der Landkreis macht schon seine Hausaufgaben."

Diese Auffassung hat auch eine Bewertungskommission der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern bei einem Besuch im August gewonnen. Die Abordnung unter der Leitung der Geschäftsführerin Sarah Guttenberger kam zu dem Schluss, dass der Landkreis das Zertifikat erneut verdient habe, wenn er noch ein paar Aufgaben erledige. "Es ist deutlich erkennbar, dass der Radverkehr auf der ständigen Agenda steht", beschrieb Guttenberger den Gesamteindruck. Die Arbeitsgemeinschaft ist ein Netzwerk bayerischer Kommunen, das 2012 von 38 Gründungsmitgliedern mit Unterstützung der Staatsregierung ins Leben gerufen wurde. Auch Starnberg gehört zu den Gründern und war 2013 vom Innenministerium als erster Landkreis Bayerns als fahrradfreundlich ausgezeichnet worden. Eine Auszeichnung, die nun weiter gilt.

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Etwas voreilig findet ADFC-Kreisvorsitzender Maier diese Bewertung. Seiner Ansicht nach hätten einige Aufgaben schon lange erledigt werden können. Zudem ärgert es ihn, dass zwar ein Vertreter des Landesverbands zu der Besichtigung eingeladen gewesen sei, nicht aber der Kreisverband. Wenn es um den Radverkehr gehe, würden Anfragen "zögerlich oder nicht bearbeitet", kritisiert Maier. Manche Vorhaben seien schon seit Jahrzehnten Thema - und nichts gehe voran.

Ein Beispiel: Seit 2008 werde ein Radweg an der Straße von Unering nach Hochstadt versprochen. Gescheitert sei dieses Vorhaben bisher am Grunderwerb. "Typisch", meint Maier, "beim ersten Hindernis ist der Radverkehr das erste, was runterfällt." Da würde er sich mehr Nachdruck in der Kreisverwaltung wünschen. Als Vorbild sieht er den Landkreis München, dem es nach langen und mühsamen Verhandlungen schließlich gelungen war, im Zuge eines Tauschgeschäfts an den Grund für einen neuen Weg an der Straße zwischen Gauting und Neuried zu kommen. Der Bau hat im Sommer begonnen.

Ein Anschluss an einen Radweg im Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck, der von Schöngeising über Mauern in Richtung Etterschlag führt, sei eine weitere Uralt-Forderung, die immer noch nicht umgesetzt sei, sagt Maier. Auch bei der Beschilderung von Strecken gebe es Defizite. So habe der Club 500 unerledigte Verbesserungsvorschläge festgestellt - etwa 100 davon stammten noch aus dem Jahr 2012.

Genau die beiden Strecken nach Hochstadt und Etterschlag, die Maier nun so sehr anmahnt, sollen voraussichtlich noch im Oktober Thema in einer Sitzung des Mobilitätsausschusses werden, kündigt Frey an. Auch neue Routen an den Staatsstraßen zwischen Andechs und Herrsching sowie zwischen Herrsching und Breitbrunn lägen ihm am Herzen. Aber er macht nochmals deutlich, dass bei solchen Projekten generell ein langer Atem nötig sei. Auf die Frage nach einem möglichen Zeitpunkt für die Umsetzung antwortet er: "In den nächsten Jahren."

Landrat Frey kündigt auch personelle Verstärkung in dem Bereich an. Der Posten der Radverkehrsbeauftragten im Landratsamt ist seit Monaten nicht mehr besetzt. Wann ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin kommt, ist noch nicht abzusehen.

© SZ vom 11.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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