Belastete Immobilien:Was tun mit einem Mordhaus?

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Das holzverkleidete Einfamilienhaus, in dem im Januar 2020 das Gewaltverbrechen passierte, ist mittlerweile einer Baustelle gewichen. (Foto: Nila Thiel)

Das Einfamilienhaus am Riedener Weg in Starnberg, in dem vor zwei Jahren gewaltsam eine Familie ausgelöscht wurde, ist mittlerweile Geschichte. In Kürze wird auf dem Grundstück neu gebaut. Und Ähnliches passiert wohl bald auch in Krailling.

Von Christian Deussing , Starnberg/Krailling

Die Blumen und Kerzen vor dem holzverkleideten Einfamilienhaus am Riedener Weg in Starnberg waren wenige Wochen nach der Tat verschwunden. Das gespenstische Anwesen mit Garten zog aber immer wieder Blicke von Spaziergängern und Autofahrern auf sich. In dem Haus hatte sich im Januar 2020 ein abscheuliches Verbrechen abgespielt: Ein Ehepaar und sein 21-jähriger Sohn waren im ersten Stock erschossen aufgefunden worden, nur der Familienhund überlebte verletzt das Massaker. Den mutmaßlichen Tätern wird seit vergangenem Jahr in München wegen dreifachen Mordes der Prozess gemacht. Nun wurde das Gebäude abgerissen - und nichts erinnert mehr an den Tatort.

Die Hinterbliebenen sollen zwar noch versucht haben, das Haus zu verkaufen. Doch die Erben mussten erneut leiden, weil sich die Leute offenbar nicht wirklich für den Erwerb, sondern nur für den Gruseleffekt interessierten, wie zu erfahren war. Denn wer will schon ein Haus kaufen und dort einziehen, in dem eine Familie brutal ausgelöscht wurde?

Trotz dieses düsteren Makels konnte die Familie der Opfer das knapp 700 Quadratmeter große Eckgrundstück an eine Immobilien-Entwicklungsgesellschaft aus Schliersee und an eine Wohnbaufirma aus Weil-Schwabhausen verkaufen - wohl zum marktüblichen Preis. Die beiden Firmen arbeiten nicht nur bei diesem Projekt zusammen. Man sei über spezielle Kontakte von der betroffenen Familie angesprochen worden, sagt Hans Peter Haas, Chef der I.C.H. Grundstücksentwicklungsgesellschaft in Schliersee. Vor zwei Monaten erhielten die beiden neuen Eigentümer die Genehmigung, auf dem Grundstück zwei Einfamilienhäuser zu bauen, jeweils mit Balkon, Terrasse und insgesamt vier Parkplätzen. Beide Häuser sollen im nächsten Jahr bezugsfertig sein. Projektleiter Haas hat das Exposé nach eigenen Angaben fertig in der Schublade und will das Anwesen noch in diesen Wochen im Internet anbieten. Er sei zuversichtlich, dass die Nachfrage groß sein werde, sagt Haas. Denn die Lage sei sehr ansprechend, der Weg zur S-Bahn kurz und ein Golfplatz sowie der Wald seien nicht weit entfernt.

Sie sei erleichtert, dass auf dem Flecken etwas Neues entstehe, erzählt die Nachbarin

Sie sei erleichtert, dass auf dem Flecken etwas Neues entstehe, erzählt Nachbarin Claudia Bader, die die Opfer gut kannte. "Ich bin froh, dass dieses Haus nun verschwunden ist." Es sei nicht einfach gewesen, direkt neben dem Tatort-Haus zu wohnen, das sie nun nicht mehr anschauen müsse, so die Nachbarin, die selbst Maklerin ist, aber mit diesem neuen Bauprojekt nichts zu tun hat.

Nach den Bodenrichtwerten kostet in diesem nördlichen Wohngebiet von Starnberg laut Landratsamt ein Quadratmeter eines "unbebauten baureifen Grundstücks" etwa 1600 Euro - womit dieses Areal auch ohne Haus in dieser Richtwertzone der Stadt Starnberg auf 1,1 Millionen Euro zu taxieren wäre.

Dieses ockerfarbene Haus in der Margaretenstraße in Krailling war vor elf Jahren Schauplatz einer Mordtat. (Foto: Nila Thiel)

Noch nicht abgerissen ist dagegen ein etwa hundert Jahre altes und nun marodes Wohnhaus in der Margaretenstraße in Krailling, das seit Langem leer steht. In dem ockerfarbene Gebäude waren vor elf Jahren im ersten Stock zwei Mädchen von ihrem Onkel ermordet worden. Auch dieses Gewaltverbrechen hat bundesweit Schlagzeilen gemacht und die Region erschüttert. Das Grundstück befindet sich in der Nähe der Würm und der Margaretenkirche. Das Gebiet soll städtebaulich nachverdichtet und aufgewertet werden. Das müsse aber sinnvoll geschehen und zum Ortsbild passen, betont Kraillings Bürgermeister Rudolph Haux. Einen entsprechenden Bebauungsplan werde man wohl noch in diesem Frühsommmer präsentieren. In dem Karree liegt nur wenige Meter vom Tatort entfernt das seit Jahren bachliegende Gelände des bekannten Musiklokals "Schabernack", das bereits abgerissen worden ist. Was aber mit dem Mordhaus geschieht, ist noch ungewiss. Es sei jedenfalls nicht mehr bewohnbar, sagt die Eigentümerin.

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