Freizeit & Natur:Welche Tiere darf ich im Winter füttern?

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Wenn's ums Futter geht, können die sonst so scheuen Nager ganz schön mutig sein: Ein Eichhörnchen klettert am Hosenbein einer Frau empor, um eine Walnuss zu ergattern. Diese sollten man vorher anknacken. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

In schneekalten Tagen schwinden die natürlichen Futterquellen der Stadttiere. Winterschläfer kommen lange ohne Nahrung aus, für andere kann es knapp werden. Wie man Eichhörnchen und Rotkehlchen helfen kann - und was man besser lassen sollte.

Von Enna Kelch, Allegra Knobloch, Johanna Schlemmer und Ariane Witzig

Sobald die Temperaturen in den Minusbereich wandern und sich der eisige Frost um Pflanzen und Bäume hüllt, sucht man schnell den Weg ins Warme. Während es sich der Mensch drinnen mit Kuscheldecke und Heißgetränk gemütlich macht, müssen sich die tierischen Stadtbewohner draußen mit der Kälte arrangieren. Durch die sinkenden Temperaturen wird die Nahrung knapp, für einige Tiere wird das zur Herausforderung. Wer Vögel, Eichhörnchen und andere heimische Tiere draußen mittels Zufütterung bei ihrer Überwinterung unterstützen möchte, muss dabei allerdings einiges beachten - denn gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

Tipps für Vogelfreunde

Vogelhäuschen verdrecken schnell, auch Meisenknödel im Plastiknetz sollte man vermeiden. Am besten eignen sich zur Fütterung mit Körnen gefüllte Futtersäulen. (Foto: imago stock&people)

Mit Futterstellen im Garten oder auf dem Balkon erleichtert man heimischen Vögeln nicht nur die Nahrungssuche - man kann sie auch wunderbar von Nahem beobachten. Das klassische Futterhäuschen aus Holz ist allerdings nicht die beste Wahl, sagt Biologin Angelika Nelson vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV). Denn die Vögel stünden in ihrem eigenen Futter, was unhygienisch ist und die Ausbreitung von Krankheiten unter den Tieren fördern kann. Um eine Verschmutzung der Samen und Körner zu vermeiden, sollte so ein Häuschen also täglich gereinigt werden, ohne den Einsatz von Chemikalien versteht sich.

Amseln fressen eigentlich Käfer und Würmer, aber wenn die im Winter nicht verfügbar sind, werden auch Beeren und Obst verzehrt. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Weniger fleißigen Vogelfreunden empfiehlt Nelson als Alternative eine Futtersäule, in der das Futter nachrutschen kann und sauber bleibt. Weichfutterfresser wie Amsel oder Rotkehlchen erfreuen sich an Haferflocken, Obststücken, Rosinen und getrockneten Wildbeeren. Körnerfresser wie Buchfink oder Spatz sind mit Körner-Gemischen oder Sonnenblumenkernen und einer Vogeltränke zufrieden. Mit dem bekannten Meisenknödel lässt sich nichts falsch machen, nur das Plastiknetz sollte vermieden werden. Meisenknödel oder Futterkuchen lassen sich der Biologin zufolge prima selbst herstellen, indem Fett mit regionalen Samen, getrockneten Früchten und Nüssen vermischt wird. "Je mehr unterschiedliche Sorten in den Futterkuchen eingearbeitet werden, desto mehr verschiedene Vogelarten lassen sich später an den Futterstellen beobachten", so Nelson. Einen naturnahen Garten mit natürlichen Nahrungsquellen könne all das allerdings nicht ersetzen.

So mag es das Eichhörnchen

Angeknackt schmeckts besser: Wer Eichhörnchen mit Walnüssen füttert, sollte diese vorher anknacken. So kann das Tier die Nuss gleich fressen und versteckt sie nicht in einer Baumhöhle, -ritze oder im Boden - wo sie sie später oft nicht mehr findet. (Foto: R. Mueller/Imago/blickwinkel)

Bei Eichhörnchen spalten sich die Meinungen. "Artenschützer sagen: nein, nicht notwendig. Tierschützer sagen: ja, unbedingt", sagt Martina Gehret vom Bund Naturschutz Bayern. Die kleinen Nager halten Winterruhe. Das heißt, alle zwei bis drei Tage verlassen sie ihr kugelförmiges Nest - den sogenannten Kobel - um ihre vergrabenen Futtervorräte kraft Erinnerungen und Geruchssinn aufzusuchen. Pro Jahr horten sie bis zu 2500 Nüsse und andere Samen in Baumhöhlen, -ritzen und im Boden als Wintervorrat.

Kritisch wird es, wenn diese von einer dicken Schneeschicht bedeckt sind. Auch das Stadtleben kann Eichhörnchen die Futtersuche erschweren: Bäume mit ihrer bevorzugten Nahrung fehlen. In beiden Fällen ist es sinnvoll, sie in der kalten Jahreszeit zu füttern. Nur was? "Walnüsse, Haselnüsse, Sonnenblumenkerne und Mais. Außerdem: Beeren und Pilze", sagt Gehret. Wichtig ist, die Nüsse immer vorher anzuknacken, sonst kann sie das Hörnchen nicht fressen, sondern versteckt die geschlossene Nuss irgendwo, wo es sie dann später wieder vergisst.

Auch eine saubere und frische Wasserstelle sollte sein. Von der Verfütterung von Erdnüssen und Mandeln rät die Expertin ab. Mandeln enthalten Blausäure, die für Eichhörnchen giftig ist, und Erdnüsse schimmeln schnell. Aufgrund der enthaltenen Bitterstoffe macht man ihnen auch mit Eicheln keine Freude. Praktisch bei der Fütterung von Eichhörnchen: Die Futterstellen von Vögeln eignen sich bestens für die niedlichen Nager.

Bitte nicht füttern!

Igel suchen sich im Herbst geschützte Plätze zum Überwintern. Sind sie erst einmal im Winterschlaf, sollte man sie nicht stören, denn sie brauchen kein Futter. (Foto: Catherina Hess)

Mit der Zufütterung Tieren durch den Winter zu helfen, kann ihnen manchmal mehr schaden als nützen. Der Igel zum Beispiel darf während der kalten Wintermonate nicht gefüttert werden. Eine Nahrungszufuhr stört ihn in seinem fünfmonatigen Winterschlaf, der bis in den April andauern kann, und hält ihn künstlich wach. Denn laut Bund Naturschutz ist Nahrungsmangel ein wichtiger Auslöser für die Überwinterungsstrategie. Für seinen Winterschlaf bettet sich der Insektenfresser in ein wärmeisoliertes, kugelförmiges Nest aus Hecken, Laub- und Reisighaufen. Um ihn zu schützen, sollten Laubhaufen nicht entfernt oder zerstört werden. Wenn man im Winter einen aktiven Igel zu Gesicht bekommt, ist das meist auf die Zerstörung seines Nestes zurückzuführen. Igel, die ihre sichere Bleibe im Winter freiwillig verlassen, sind höchstwahrscheinlich krank. Auch in diesem Fall rät Andreas Zahn vom Bund Naturschutz Bayern dringlich von einer Fütterung ab: "Jeder Igel, der jetzt noch unterwegs ist, hat ein anderes Problem als Nahrungsmangel." Ein krankes Tier benötige stattdessen fachkundige Hilfe von einer Igel-Station oder der Tierrettung.

Ähnliches gilt für andere Wildtiere in der Stadt. Auch Füchse, Waschbären oder Fledermäuse sollten im Winter nicht gefüttert werden. Die Fütterung von Rotwild ist für Privatpersonen generell untersagt und kann mit einem Bußgeld bestraft werden - das Verbot dient dem Tierschutz. Um in der kalten Jahreszeit Energie zu sparen, reduzieren Rehe und Hirsche ihre Körpertemperatur und verringern den Herzschlag. Der Verdauungstrakt verkleinert sich und die Tiere nehmen meist nur noch faserreiche Nahrung wie dürre Gräser und Brombeerblätter auf. Dieser natürliche Prozess kann durch eine Zufütterung gestört werden. Zudem reduzieren die Vierbeiner ihren Stoffwechsel, reagieren dadurch anfälliger auf Störungen und sollten nicht aufgeschreckt werden. Müssen sie all ihre Energie in eine Flucht investieren, kann das zum Herzinfarkt führen.

Leider gibt es immer noch gedankenlose Menschen, die aus falsch verstandener Tierliebe Stadttauben füttern. Das ist in München unter Androhung von Bußgeld verboten, worauf diverse Verbotsschilder hinweisen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Am häufigsten begegnen einem in der Stadt Tauben. Auch wenn die Vögel die Nähe des Menschen suchen - es ist aus guten Gründen verboten, sie zu füttern. Sie werden sonst abhängig, suchen die immer gleichen Stellen auf und verursachen Hygieneprobleme und massive Verschmutzungen. Jede Taube lässt pro Jahr etwa zwölf Kilo Kot fallen, bis zu 100000 Tauben soll es derzeit in München geben. Was das bedeutet, kann sich jeder ausrechnen: Allein die Entfernung des Kots kostet Städte, Kommunen und Hausbesitzer enorm viel Geld. Wegen der Plage gibt es in München seit 2018 ein Tauben-Fütterungsverbot, bei Verstoß droht Bußgeld. Um den Bestand zu regulieren, existieren an vielen Standorten Taubenhäuser: hier werden während der Brutzeit Taubeneier entnommen und durch Gipseier ersetzt.

Die sich wegen der Zufütterung von Spaziergängern immer stärker vermehrenden Gänse werden zur Plage. Im Sommer verseucht ihr Kot Grünflächen und Badegewässer, und auch den Tieren selbst tut die Fütterung nicht gut. (Foto: Florian Peljak)

Enten, Gänse und Schwäne haben zwar keinen Hundeblick, können aber mindestens genauso gut betteln. Auch hier gilt: Standhaft bleiben. Denn die natürlichen Nahrungsquellen der Wasservögel sind ihnen, in der Regel auch im Winter, gut zugänglich. Durch häufigen Menschenkontakt verlieren die Wasservögel ihre natürliche Scheu und werden leichte Beute etwa für Hunde. Die Tiere gewöhnen sich an die Futterstelle und verschmutzen die Grünflächen mit ihrem Kot. Am Münchner Feringasee und weiteren Gewässern wird im Sommer immer wieder vor sogenannten Zerkarien gewarnt. Das sind kleine Larven von Saugwürmern, die durch Entenkot ins Wasser kommen. Die Larven bohren sich die Haut von den Badenden und sterben dann ab. Der Mensch zeigt eine allergische Reaktion auf das fremde Eiweiß. Das sieht zwar aus wie ein Stich, juckt und schmerzt aber viel schlimmer und kann mehrere Tage anhalten. "Durch Zerkarien im Wasser können Juckreiz und Entzündungen der Haut auftreten. Baden auf eigene Gefahr", heißt es deshalb leider auf vielen Schildern an Badeseen, an denen auch Enten und Gänse heimisch sind.

Wer Brot ins Wasser wirft, sollte wissen, dass es aufgrund seines Salzgehalts die Mägen der Vögel aufquellt. Nicht gefuttertes Brot sinkt zu Boden und verfault. Dieser Prozess verbraucht Sauerstoff, der dann den Fischen fehlt. Auch können Algen schnell wachsen. Die Folge: Das Gewässer "kippt um". Normalerweise weisen Schilder auf das Fütterungsverbot hin. Wer sich nicht daran hält, kann von der Stadt ebenso zur Kasse gebeten werden.

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