Studieren in München:"Die TU ist eine der geilsten Unis"

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Zum Semesterstart besucht Markus Söder mit seinem Wissenschaftsminister Markus Blume (links) die TU München. (Foto: Robert Haas)

Zum Semesterauftakt besucht Bayerns Ministerpräsident die Technische Universität München. Söder lobt und preist die TU und ihre Studierenden - nur, dass es da ein großes Problem gibt.

Von Bernd Kastner

Es ist kurz nach acht in der Früh, und der Winke-Roboter übt noch. Gleich kommt der Ministerpräsident, da muss alles funktionieren. "Hightech Agenda" steht auf dem Fähnchen, das die Maschine schwenken soll. Man täte den Erfindern Unrecht, würde man den Daseinszweck der Maschine aufs Begrüßen von Markus Söder reduzieren. Sie ist eine Art Haushaltsgerät, ein lernfähiger maschineller Arm, der es Senioren ermöglichen soll, länger zu Hause zu leben, indem er das Waschbecken putzt oder, wie ein Wissenschaftler erklärt, bei einer Cocktailparty die Cocktails schüttelt.

Zum Semesterauftakt aber winkt er Söder zu. Was für die Studierenden der Technischen Universität in Garching der Beginn des Lernens ist, wirkt bei Söder wie der Start in den Wahlkampf auf universitärem Terrain.

Zuerst aber erklärt Brendan Mance im Foyer den Mond-Rover Larss, entwickelt von einer Studierendengruppe. Larss erinnert an den Mond-Oldtimer aus den 60ern, ist aber ein 3-D-Drucker auf Rädern. Er hat eine Linse, mit der er Sonnenlicht so genau auf einen Punkt bündelt und diesen auf 900 Grad erhitzt, dass sich aus Mondstaub allerhand formen lasse. Häuser zum Beispiel, erklärt Mance, oder Straßen. "Finde ich super", sagt Söder, der Science-Fiction-Fan.

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Im Hörsaal geht es weiter mit der Leistungsshow, die Söder und sein Wissenschaftsminister Markus Blume für sich zu nutzen wissen. TU-Präsident Thomas Hofmann erwähnt die 199 neuen Professorinnen und Professoren, die in den vergangenen drei Jahren angefangen haben. Und Wolfgang Wall, dessen Vorlesung zu Numerischer Mechanik gleich beginnt, erklärt, dass man in einer Liga mit der Uni in Stanford spiele.

Söder findet das alles super. Er übersetzt die professoralen Fachbegriffe so, dass es auch die klügsten Köpfe verstehen: "Die TU ist eine der geilsten Unis, die es überhaupt gibt, echt." Das Auditorium applaudiert. "Das, was ihr macht, Technologie, ist die Chance für uns alle in der Zukunft." Er komponiert aus Stichworten eine Hymne auf die TU: Hightech, Künstliche Intelligenz, Supercomputing, Luft- und Raumfahrt. "Was will ich damit sagen?", fragt Söder irgendwann. Die ehrliche Antwort wäre: Dass seine Staatsregierung und seine CSU und er selbst die Besten sind, weil sie die TU so toll fördern. "Wir sind Fans der TUM", sagt Söder und gibt der Konkurrenz der Ludwig-Maximilians-Uni eine mit: "Die LMU ist größer, ist auch super, aber die TUM ist schon ein sehr schnittiges Schiffchen".

Söder schiebt das Wohnthema auf seinen Minister - und der von sich weg

Blöd, dass es da doch ein Problem gibt. Studentisches Wohnen. Es fehlen Tausende Wohnheimplätze in München, in der Studentenstadt in Freimann stehen 1300 Plätze über Jahre leer, weil die Häuser so marode sind. Für die Fragerunde schafft es das Wohnthema im Online-Ranking ganz nach oben: Hat die Regierung eine Strategie, um Wohnen einigermaßen günstig zu machen? "Dein Thema", sagt Söder und deutet auf seinen Mitarbeiter Blume. Der schiebt die Ursachen der Wohnmisere von sich weg: Die Stadt München müsse auch was tun für Studierende, und er lade Unternehmen ein, die sich so gern in München ansiedeln, doch bitte auch was zu tun.

Die Hauptschuld fürs Desaster schiebt er nebenbei dem Studierendenwerk zu: Es habe "Fehler" gegeben und "zum Teil auch Missmanagement". Aber jetzt gebe es eine neue Geschäftsführerin, die sei von der TU gekommen: "Jetzt muss es mit mehr Schwung vorangehen." Und wo ist das Wohnkonzept der Staatsregierung?

Und Söder? Sagt nichts dazu. Es folgen weitere Stichworte aus der Fragenliste, Cannabis, 29-Euro-Ticket für Studierende, Lieblingsbier. Was die Politiker darauf antworten, können sie demnächst in ihre Wahlkampfreden einbauen. Dann kommt doch noch was von Söder zum Wohnen in München, ganz beiläufig, und man merkt, dass er, der gerade noch so flüssig frei gesprochen hat, mit der Misere womöglich nicht ganz vertraut ist: "Und diese ... äh ... Studenten ... Studenten ... äh Bereich da in Freimann" - da müsse was passieren, "schnell vor allen Dingen".

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