Umstrittenes Verkehrsprojekt:Akku-Trams sollen von 2028 an durch den Englischen Garten fahren

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Der Freistaat ist Eigentümer des Englischen Gartens und hat damit das letzte Wort in der Angelegenheit. Ursprünglich sollten die Bauarbeiten Ende 2025 beginnen. Hier die Trasse in Höhe des Chinesischen Turms. (Foto: Visualisierung: SWM)

Laut den Plänen der Stadt soll die Straßenbahnlinie dort verlaufen, wo im Moment schon Busse fahren. Trotzdem ist das Projekt für viele undenkbar.

Von Ellen Draxel

Die Straßenbahn durch den Englischen Garten könnte im zweiten Halbjahr 2028 den Betrieb aufnehmen. So plant es die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Davor allerdings, voraussichtlich im Dezember dieses Jahres, muss der Stadtrat dem 160 Millionen Euro teuren, umstrittenen Projekt seinen Segen geben. Dass der Widerstand gegen die Tram-Nordtangente zumindest in Teilen der Bevölkerung nach wie vor anhält, zeigte sich am Dienstagabend.

Die Präsentation an diesem Infoabend ist aufwendig gestaltet. Mit detaillierten Routenverläufen und Animationen, die einen die Strecke vom Elisabethplatz bis zur Tivolistraße aus dem Blickwinkel eines Trambahnfahrers erleben lassen. Denn nur um diesen 2,2 Kilometer langen Abschnitt der Tram-Nordtangente, die einmal von Neuhausen bis Bogenhausen reichen soll, geht es bei der Veranstaltung. Doch der Gegenwind, der den Verkehrsplanern entgegenschlägt, ist massiv. Eine Tram quer durch den Englischen Garten? Mitten durch dieses "einmalige Kulturdenkmal und Naherholungsgebiet"? Für die meisten der rund 120 Zuhörer undenkbar.

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Dabei hatte Martin Schreiner, im städtischen Mobilitätsreferat zuständig für den Bereich Strategie, zu Beginn des Abends noch betont, München brauche diese Trambahnlinie, als Meilenstein der Mobilitätswende.

Die Schwabinger Strecke fungiert als Lückenschluss: Im Westen soll diese Teiltrasse an die Tramlinien 27 und 28 anschließen, im Osten an die Linie 16. Dazwischen liegen barrierefreie Haltestellen am Elisabeth- und am Habsburgerplatz, an der Gisela- und Thiemestraße sowie am Chinesischen Turm und an der Tivolistraße. Auch Radwege sollen entstehen, sie werden hinter den Tramhaltepunkten vorbeigeführt.

Alle fünf Minuten soll eine Tram in beide Richtungen fahren

Für die 50 Bäume, die dem Projekt zum Opfer fallen - darunter 17, die unter die Baumschutzverordnung fallen - sollen 42 neue gepflanzt werden. Den Verlust von 246 Stellplätzen auf der Schwabinger Route will man durch mehr Bewohnerparkplätze in Lizenzgebieten für die Zeit nach 18 Uhr ausgleichen. Und durch Lieferzonen und Carsharing-Plätze.

Wie sollen die 800 Meter Querung durch den Englischen Garten aussehen? "Wir planen eine Mischfläche", sagt MVG-Projektleiter Kajetan Winzer. Eine 9,50 Meter breite Trasse im Verlauf der bisher bestehenden Fahrbahn, in deren Mitte alle fünf Minuten Trambahnlinien in beide Richtungen verkehren werden. Diese Straßenbahnen werden mit Akkus fahren, sodass keine Oberleitungen errichtet werden müssen, die in die Ästhetik des Parks eingreifen würden.

Die Trambahnen müssen laut einem Sicherheitsgutachten langsam fahren, maximal 30 Stundenkilometer. Zu beiden Seiten sind zudem Radwege vorgesehen, jeweils 2,45 Meter breit - 15 Zentimeter mehr, als der Radentscheid fordert. Dann allerdings ohne Tramverkehr. Fährt parallel die Tram, verbleiben lediglich 1,60 Meter Radspuren pro Richtung. Nur eine Gruppe ist auf dieser Mischfläche mit Ausnahme der ersten Meter in den Park künftig nicht mehr erwünscht: Fußgänger. Für sie werden parallele Wege im Grünen ertüchtigt und künftig auch beleuchtet.

Zuvor war eine Variante mit Rasengleisen untersucht worden, die jedoch aus mehreren Gründen ausschied: weil sie eine noch breitere Fläche und Ampeln erfordert hätte, weil auf den Brücken eine Begrünung nicht möglich gewesen wäre und die benachbarten Radspuren nur jeweils zwei Meter Breite aufgewiesen hätten.

Kritiker haben Sicherheitsbedenken und vor allem ästhetische Einwände

Dennoch: Die Kritiker, allen voran die 2021 zum Schutz des Parks gegründete Initiative Englischer Garten, überzeugt auch die Mischfläche nicht. Sie äußern Sicherheitsbedenken, sehen Gefahren an den Querungen und durch die Schienen, die zur Falle für Radler werden könnten. Trotz der Zusicherung Winzers, dass Unfälle von Trambahnen mit Radfahrern "sehr sehr selten" vorkämen. Vor allem aber betrachten sie den Umbau als einen "schwerwiegenden, skandalösen Eingriff in ein Gartenkunstwerk", und fordern stattdessen den Einsatz von Elektrobussen.

Kajetan Winzers Antwort: "Ich bin der Meinung, dass der Eingriff überschaubar und vertretbar ist." Busse hätten zu wenig Kapazität, sie böten maximal 60-70 Fahrgästen Platz, wohingegen Trambahnen 250 Menschen von A nach B bringen könnten. Abgesehen davon sei es schwierig, Busfahrer zu finden.

Winzer ist Landschaftsarchitekt, er hat seine Diplomarbeit zum Englischen Garten verfasst. "Glauben Sie mir", versichert er den Trambahngegnern, "mir ist alles daran gelegen, dass der Eingriff so gering wie möglich erfolgt". Wird das Vorhaben genehmigt, will die MVG Ende 2025 mit den Vorabmaßnahmen und im zweiten Halbjahr 2026 mit dem Bau der Strecke beginnen.

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