Silvester-Feuerwerk:Raketen und Böller sollen aus der ganzen Innenstadt verbannt werden

Silvester in München, 2011

Der Rest vom Silvesterfest: tonnenweise Müll in der Stadt.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Längst nicht jedem Münchner gefällt die Knallerei zum Jahreswechsel.
  • Ende 2021 könnten die Städte größere Freiräume bekommen, was die Regelung böllerfreier Zonen betrifft.
  • Bundesinnenminister Horst Seehofer hat auf Nachfrage von OB Reiter angekündigt, dass das Sprengstoffrecht überarbeitet werden soll.

Von Birgit Lotze

Ist die Münchner Innenstadt bald raketenfrei? Vor nicht langer Zeit wurden die Gegner der Silvesterknallerei noch als Spaßverderber tituliert. Doch nun geht es Schlag auf Schlag: Vor zwei Jahren fragte als erster der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt an, ob man nicht der Tiere und der Umwelt zuliebe zumindest die Isarauen von Feuerwerk freihalten könne. Danach zog Jürgen Schmoll von der Initiative "Silvesterböllerei? Nein Danke!" mit einigen wenigen Gleichgesinnten für ein böllerfreies München durch mehr als 20 Bürgerversammlungen und erntete fast überall Zustimmung. Jetzt hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf Nachfrage von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) angekündigt, dass das Sprengstoffrecht überarbeitet werden soll.

Ende 2021 könnten die Städte größere Freiräume bekommen, was die Regelung böllerfreier Zonen betrifft: Es sei geplant, zurr nächsten Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf zum Sprengstoffrecht in den Bundestag einzubringen, so Reiter. Im Rahmen der Überarbeitung werde auch geprüft, "inwieweit die bisherigen Regelungen für Feuerwerke zu Silvester den veränderten Rahmenbedingungen oder auch einer veränderten Akzeptanz in der Bevölkerung anzupassen wären", gibt Reiter sinngemäß den Innenminister wieder.

Schon kommendes Silvester sind der Böllerei in München Grenzen gesetzt, die über die bisherigen pyrotechnikfreien Zonen um Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altersheime hinausgehen. Der Stadtrat hat kurz vor den Sommerferien ein Böllerverbot für die Innenstadt erlassen: Raketen bleiben erlaubt, nicht aber Kracher - also alles, was ausschließlich nur knallt. Zwischen Marienplatz und Stachus werden zusätzlich Raketen verboten, den Antrag dazu hatte die ÖDP gestellt. In der Altstadt-Fußgängerzone gilt zum Jahreswechsel also ein komplettes Feuerwerksverbot.

Langfristig ist noch mehr geplant: Der Stadtrat will erreichen, Raketen auch aus der übrigen Innenstadt zu verbannen. Dafür sieht die Verwaltung keinen Spielraum mehr, Grundlage ist die bundesweite Verordnung zum Sprengstoffgesetz. Oberbürgermeister Dieter Reiter hat deshalb im Sommer den Auftrag erhalten, auf eine Gesetzesänderung hinzuwirken. Der OB hat inzwischen nicht nur eine positive Resonanz des Bundesinnenministers erhalten, sondern es gibt Mitstreiter, zumindest Initiativen, die in der Sache unterstützen könnten.

Auch das Land Berlin prüfe eine Gesetzesinitiative, die den Kommunen erweiterte Verbotsmöglichkeiten einräume, sagt die Juristin im Kreisverwaltungsreferat, Petra Weber. Und der Deutsche Städtetag hat Dieter Reiter auf dessen Schreiben hin mitgeteilt, dass er sich des Themas annehmen und es diskutieren werde. Dann hat die Deutsche Umwelthilfe in diesem Jahr eine viel beachtete Initiativen gestartet und in fast hundert Gemeinden mit starker Feinstaubbelastung einen Verbotsantrag der Schwarzpulver-Böllerei gestellt - München war eine der ersten Städte.

Zündende Idee

Das Böllerverbot in München am 31. Dezember bezieht sich nur auf die Innenstadt. Für die Stadtrandgebiete hat der Stadtrat hingegen keine Regelungen zum Silvesterfeuerwerk beschlossen: Dort dürfen nach momentaner Rechtslage neben Raketen nach wie vor auch lautstarke Kracher gezündet werden. Doch ist das sinnvoll? In Aubing wird von Bürgerseite zumindest eine Alternative angeboten. Unter dem Slogan "Da zahl ich auch mit!" organisiert der Förderverein 1000 Jahre Urkunde Aubing zehn Jahre nach seinem Jubiläum wieder ein gemeinsames Feuerwerk zum Jahreswechsel. Es soll auf der Festwiese am Belandwiesenweg stattfinden - und alle "Mitbürger sind herzlich eingeladen, statt bei sich oder mit Freunden ein kleines, privates Feuerwerk zu zünden, einen vergleichbaren Betrag einzuzahlen, um sich an einem zentralen Feuerwerk für Aubing zu beteiligen". Schließlich führen viele private Böllereien nicht nur zu einer immensen Feinstaub- und Lärmbelastung. Sie kosten die Feuerwerker auch viel Geld. Der Förderverein ist daher optimistisch, etwa 3700 Euro zusammenzubekommen. Wer sich beteiligen möchte: Die Bankdaten finden sich auf der Homepage des Fördervereins. eda

Noch gibt es keine Konkretisierung der Verbotszonen zum Jahreswechsel 2019/20. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) arbeite die Regelungen zum Böller- und Feuerwerksverbot gerade aus, hieß es bei der Behörde, die exakten Geltungsbereiche würden rechtzeitig kommuniziert. Die ÖDP hat sich bereits ungeduldig dazu geäußert, sie mahnt, endlich das Verbot besser bekanntzumachen. Schließlich müsse sich der Einzelhandel auf die neue Situation vorbereiten, dort wisse man ja gar nicht, wie man heuer bestellen solle.

Auch in anderen Städten Bayerns gelten Verbote - Würzburg, Regensburg, Passau, Augsburg, Landshut oder Straubing. In der Regel beziehen sie sich auf die Altstadt, auf Burgen, Festungen, Brücken, also auf brandempfindliche Gebäude. Bislang sind den Kommunen die Hände gebunden, wenn es um Verbote zum Abbrennen von Pyrotechnik geht. Über die Brandgefährdung von Gebäuden hinaus gibt es noch das kommunale Sicherheitsrecht. Das besagt, man kann Feuerwerk - auf Areale beschränkt - verbieten, wenn Sicherheitsbehörden zu der Einschätzung kommen, dass von Raketen und Böllern Gefahr ausgeht.

Ist Böllern noch zeitgemäß? Spätestens seit dem Jahreswechsel 2016/17 - damals fielen rund 50 Tonnen Müll an - ist die Knallerei vielen Münchnern zu viel geworden. Vor einem Jahr schlossen sich einem Facebook-Aufruf 90 000 Menschen an, die sagten, sie wollten darauf verzichten. Das Festivalmotto zum Jahreswechsel auf der Alten Utting lautete demonstrativ "Sterne statt Böller". Im vergangenen Jahr war es die Feinstaubdebatte, die die Mehrheit der Münchner zum Umdenken bewegte.

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