Olympiapark:Ein Mountainbike-Rennen mit Fragezeichen

Lesezeit: 3 min

Mountainbiker waren schon öfter im Olympiapark unterwegs, so wie hier beim 24-Stunden-Rennen. Doch nun müssen auch Fragen abseits des Sports geklärt werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bei den European Championships 2022 sollen am Olympiaberg Wettkämpfe stattfinden. Doch wie verträgt sich diese sportlich-kommerzielle Nutzung mit Naturschutz und Naherholung?

Von Lea Kramer, Olympiapark

An speziellen Sommertagen kann es oben am Berg schon mal eng werden - wenn die Stadtwanderer den Aufstieg zu ihrem Hausriesen, dem Olympiaberg, wagen. Auf dessen Plateau ließen sich in den Vor-Corona-Jahren besonders günstig Konzerte vom nahen Olympiastadion mithören. Doch auch wenn kein Rockavaria dröhnt, kommen viele Münchner zum Entspannen an den Olympiaberg. Dieses Naturidyll sehen einige nun in Gefahr, weil künftig professionelle Mountainbiker den Hügel hinabrasen sollen.

Bei den "European Championships Munich 2022" - immerhin die größte Sportveranstaltung seit den Olympischen Sommerspielen 1972 im Olympiapark - im Juli und August des kommenden Jahres sind auch mehrere Radsportveranstaltungen geplant. Den Organisatoren zufolge soll es auch Mountainbike- und BMX-Veranstaltungen abseits der befestigten Wege am Olympiaberg geben. "Den See entlang, Berg rauf, Berg runter, durch den Park - bei der Hatz durch das Gelände bleibt für die Aktiven jedoch keine Zeit zum Sightseeing", wie es auf der Website der Veranstaltung heißt.

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Das hatte die ÖDP im Bezirksausschuss (BA) Milbertshofen-Am Hart stutzig gemacht, zumal eigentlich bereits diesen August ein 24-Stunden-Mountainbike-Rennen an dem Hang geplant war. Wegen der Corona-Lage ist es kurzfristig abgesagt und aufs kommende Jahr verschoben worden. Die Kritik der Naturschützer bleibt aber bestehen. "Der Olympiaberg ist ein beliebtes Naherholungsgebiet und steht zudem als kartiertes Biotop unter Naturschutz", sagt Leo Meyer-Giesow (ÖDP). Er sehe es kritisch, dass die Sportler im Olympiapark, der unter Ensembleschutz steht, abseits der befestigten Wege fahren - durch Gehölzbestände und über Wurzeln. "Das hat eine negative Vorbildleistung", sagt er.

Damit spielt Meyer-Giesow auch auf eine Diskussion aus dem Jahr 2016 an. Damals hatten Anwohnende des Olympiaparks eine Petition mit 119 Unterschriften eingereicht, um das Mountainbiken am Olympiaberg zu unterbinden. Bereits vor fünf Jahren bestätigte das Baureferat, dass es am Olympiaberg zu Konflikten unterschiedlicher Nutzergruppen komme - Sportler, Spaziergänger und Picknickende. Deshalb hat das Referat an zwei Stellen Geländer aufgestellt, um einen brenzligen Abfahrtskurs für Radsportler unattraktiv zu machen. Zudem gibt es nun Schilder, die darauf hinweisen, dass das Querfeldeinfahren am Olympiaberg untersagt ist.

Die ÖDP sieht diese Maßnahmen zum Schutz der Grünanlage mit den von der Stadt genehmigten Veranstaltungen unterwandert. Nachdem ein Antrag im BA nicht angenommen worden war, hat die Partei nun im Stadtrat eine Anfrage gestellt, wie sich die Grünanlagensatzung, der Naturschutz und die sportlich-kommerzielle Nutzung des Areals vereinbaren lassen.

Alle Beteiligten in der Sache haben wenig Lust auf eine öffentliche Debatte - das hat seine Gründe

Das Baureferat, das sich eigentlich um die Instandhaltung des Olympiaparks kümmert, ist beim Thema Mountainbiken mit konkreten Aussagen zurückhaltend. Auf die Frage, wie denn die aktuelle Haltung zu Radabfahrten am Berg aussehe, verweist eine Sprecherin auf die Vorlage aus dem Bauausschuss im März 2017, in der die bereits erwähnten Geländer und Verbotsschilder beschlossen wurden. In der Sitzung erläuterte Baureferentin Rosemarie Hingerl seinerzeit, dass die Grünanlagensatzung der Stadt München zwar "ausdrücklich" spielerische und sportliche Aktivitäten auf öffentlichen Grünflächen vorsehe, aber: "Mountainbiken in einer stark genutzten Grünanlage widerspricht diesen Vorgaben."

Ein Sprecher der European Championships sagt, er könne sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht öffentlich zum Mountainbiken am Olympiaberg äußern. Zuerst müsse das Referat für Arbeit und Wirtschaft (RAW), in dessen Zuständigkeitsbereich die internationale Multisportveranstaltung liegt, die Stadtratsanfrage der ÖDP beantworten.

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Dass alle Beteiligten in der Sache wenig Lust auf eine öffentliche Debatte haben, hat mehrere Gründe. Zum einen hatte sich die Stadt ein nachhaltiges und ökologisches Konzept für die Europameisterschaften der neun Sportarten verordnet, in denen nächstes Jahr in München insgesamt 4700 Athletinnen und Athleten antreten wollen. Wie passt ein zerfurchtes Biotop zu diesem Selbstverständnis?

Zum anderen geht es bei der sportlichen Großveranstaltung um viel Geld. Umsätze, die die Olympiapark GmbH (OMG) angesichts der weggebrochenen Veranstaltungen während der Corona-Monate gut gebrauchen kann. Die städtische Tochter ist Ausrichter der internationalen Meisterschaften. 129 Millionen Euro soll das Spektakel kosten. Das geht aus einer kleinen Anfrage der FDP an die Bundesregierung im vergangenen Sommer hervor. Finanziert wird das Sportereignis je zu einem Drittel von der Stadt, dem Freistaat und aus dem Bundeshaushalt. Etwa 30 Millionen Euro sollen durch Ticketverkäufe und Merchandising eingenommen werden. Der Kartenvorverkauf für die 176 Wettkämpfe an elf Tagen beginnt im Herbst.

Anmerkung der Redaktion: Zunächst war im Text von Einnahmen in Höhe von etwa 30 000 Euro durch Ticketverkäufe und Merchandising die Rede. Das haben wir korrigiert - es sind rund 30 Millionen.

© SZ vom 24.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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