Umwelt:München hat ein Problem mit seinen Wertstoffcontainern

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Fängt einer an, stellen die anderen ihren Müll auch vor dem Container an. Hier am Johannisplatz- (Foto: Privat)
  • Rund um die Wertstoffcontainer sammelt sich in vielen Vierteln der Stadt viel Müll und Unrat.
  • Zusätzliche Standorte für Abgabestellen sind in der dicht bebauten Stadt nur schwer zu finden.
  • Die Kommunalreferentin hat sich bei den Entsorgungsfirmen unter anderem für häufigere Leerungen ausgesprochen.

Von Jennifer Sandmeyer

Während man in der Altstadt vergebens nach ihnen sucht, will man sie in anderen Stadtbezirken lieber gar nicht ansehen. Eigentlich sind sie ja dafür da, um für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen. Stattdessen breiten sich Chaos, Dreck und Widerstand aus. Die Münchner haben ein Problem mit Wertstoffcontainern - oder vielleicht auch umgekehrt.

Es ist ein trauriges Bild, das sich in der Stadt bietet: Gläser und Flaschen umzingeln die Metallboxen. Daneben lädt mancher illegal Müll ab: Von Matratzen, Mikrowellen, Kühlschränken und einer Art Schaukelpferd für Kinder berichteten Münchner etwa der Geschäftsstelle des Bezirksausschusses (BA) Allach-Untermenzing. Plastiktüten, Verpackungen liegen daneben. Über verpackte Essensreste freuen sich wiederum Nagetiere. Gelegentlich tummeln sich Ratten in Aubing an der Ehrenbürgstraße und in Pasing am Nymphenburger Kanal. Warum kommt es so weit?

Bei der Suche nach der Wurzel des Problems und einer Lösung begegnet man schwindelerregenden Kausalitäten in einem doch recht profanen System: Wertstoffe in die dafür vorgesehenen Containeröffnungen werfen. In München leeren und entsorgen zwei Firmen, Remondis und Wittmann, diese im Auftrag des Dualen Systems in regelmäßigem Turnus. Eigentlich ganz einfach. Und doch brodelt es in den Stadtbezirken: Die Behälter sind überfüllt, um sie herum sammelt sich Müll, Sperrmüll, Unrat. In Bezirksausschüssen wie Sendling, Pasing, Aubing ist das Thema prominent und ein wunder Punkt, den man mit etlichen Anträgen in den Griff bekommen will. Aber wie? Häufigere Leerung, neue Standorte? Dass der gegenwärtige Zustand auch der Kommunalreferentin "ein Dorn im Auge" ist, hat Kristina Frank erst jüngst bei der Inbetriebnahme eines Unterflurcontainers betont.

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Jedes Viertel stolpert dabei über seine ganzen eigenen Problemsteine. Im westlichen Schwabing an der Römerstraße monieren Anwohner, dass Gewerbetreibende die Container unbefugt benutzen. "Gastronomiebetriebe entsorgen kartonweise Flaschen, die sie eigentlich anders entsorgen müssten", heißt es aus der Bezirksausschuss-Geschäftsstelle. Wenn die Flaschen dann um die Container herumstünden, sinke die Hemmschwelle. "Dann kommen andere Bürger und schmeißen alte Matratzen davor."

In den Containern in Aubing an der Ehrenbürgstraße haben es sich häufiger Nager gemütlich gemacht. Zweimal habe die Stadt bereits Ratten mit großen Fallen bekämpfen müssen, berichtet Reinhard Bernsdorf (SPD) vom Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied, der auch selbst entnervter Anwohner ist. Jetzt gehe es wieder los: "Inzwischen eskaliert es." Vor allem mit den Plastikcontainern gebe es Probleme. Weil viele beispielsweise ihre Joghurtbecher oder Schokoladenpackungen nicht ganz sauber abgäben. Die Reste in den Packungen wiederum zögen dann die Ratten an. "Es liegt so viel Zeug außenrum", so Bernsdorf.

In Aubing macht man allerdings noch eine andere Beobachtung. Nicht-Münchner nehmen den Weg mit dem Auto auf sich und laden ebenfalls ihren Unrat ab. Sie kämen aus Fürstenfeldbruck oder Germering, erzählt Bernsdorf. Weil die Auflagen in München nicht so streng seien. Das sei verlockend. Barbara Steinmetz vom Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Fürstenfeldbruck erklärt, dass Kunststoffe in der Tat vorsortiert werden müssten - von den Bürgern selbst. Einigen ist das offenbar zu aufwendig. Viele bringen gleich mehrere große Tüten mit und stellen sie neben den Containern ab. Mit den Entsorgungsfirmen Wittmann und Remondis hat die Kommunalreferentin erst kürzlich Gespräche aufgenommen: Angeregt habe man eine Erhöhung der Sammelkapazitäten, indem künftig Kunststoffverpackungen und Dosen nicht mehr getrennt, sondern in einem Behälter erfasst werden.

Kleinere zusätzliche Wertstoffinseln nur für Verpackungen aus Kunststoff, Alu und Metall, aber ohne Glas sollen helfen, Platz zu sparen und Lärm zu vermeiden. "Wittmann und Remondis haben zugesagt, ihre Kapazitäten für eine häufigere Reinigung und Leerung der Container zu erhöhen", sagt Birgit Unterhuber, Sprecherin des Kommunalreferats.

Remondis sei auf die Kooperation der Bürger angewiesen und berücksichtige deren Beschwerden, betont Pressesprecher Michael Schneider. Die Nummer der Firma befinde sich auf den Containern - wenn diese überfüllt sind, können die Bürger anrufen. Auch Schneider ist nicht glücklich über die überfüllten Behälter. "Für uns ist das auch ein Ärgernis", betont er. Besonders, dass die Firma alles entsorgen müsse, was sich in und im näheren Umfeld der Container befindet. Dazu gehört auch illegal abgeladener Sperrmüll - dafür sei die Firma allerdings gar nicht zuständig. Eine von ihr beauftragte Reinigungsfirma, die montags bis freitags im Einsatz ist, müsse alles wegräumen. "Wir sind die Dummen - und die Bürger, die da wohnen", klagt Schneider. Die perfekte Lösung seien mehr Standorte, was in der dicht bebauten Landeshauptstadt ein schwieriges Unterfangen ist. Schon allein, weil aufgrund etlicher Baustellen Container wegfallen.

Mehr Standorte, darüber können die Bürger in der Altstadt nur verbittert lachen. Kein einziger Container befindet sich dort mehr. Der letzte stand am Thomas-Wimmer-Ring und musste der Baustelle weichen. "Es ist ein untragbarer Zustand", sagt Stefan Blum (CSU) vom BA Altstadt. Und was machen die Menschen? Die meisten haben kein Auto, um die Wertstoffe wegzubringen. "Das ganze Glas, Plastik landet alles im Restmüll", sagt Blum. Die Anwohner seien sauer, der BA bemüht, Ersatzstandorte vorzuschlagen. Aber Fehlanzeige. "Remondis und AWM sind nicht in der Lage, einen Ersatzstandort zu finden", so Blum weiter.

Das liege an der kaum mehr vorhandenen Fläche, berichtet Evi Thiermann, Sprecherin des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM). "Wir können die Fläche auch nicht herzaubern." Bei der Standortfindung seien verschiedene Dienststellen respektive Referate beteiligt. Auch die Entsorgungsfirma schlägt dem AWM neue Standorte vor, die an die jeweiligen Referate weitergeleitet werden. Die wiederum müssen prüfen, ob der vorgeschlagene Stellplatz ihre Vorgaben erfüllt, was etwa die Straßenverkehrsordnung oder Grünsatzung angeht. Erst wenn jedes Referat den Vorschlag für den anvisierten Standort abnickt, geht eine Genehmigung raus. "Das macht es natürlich schwierig", stellt Thiermann klar. Wo es möglich ist, etwa in Neubaugebieten, sollen versenkbare Container verbaut werden. Auch das sei nicht so leicht, weil unterirdische Leitungen für Wasser und Telefon im Weg liegen.

Unmut gibt es auch, was die Leerungszyklen angeht. "Zweimal in der Woche reicht einfach nicht", sagt Heinrich Sick aus Pasing. Er wohnt an der Paosostraße, in der Nähe einer Wertstoffinsel. Die sehr häufig genutzt wird, auch weil viele Standorte wegen Baustellen wegfallen. Glasscherben und Kunststoffmüll finden sich auf dem Gehweg und auch in Pasing nutzten Gastronomen die Boxen. Klaus Thielmann von Remondis Süd räumt ein, dass es Standorte gebe, die nicht bedarfsgerecht abgefahren wurden, die Fahrer teilweise nicht mehr mit der Leerung hinterher kämen. Wo viele Standorte wegfielen, würden andere mehr genutzt. Remondis, so Thielmann, wolle aber künftig Problemstandorte häufiger anfahren. Für Heinrich Sick ist eines sicher: "Das ganze Konzept entspricht nicht mehr den heutigen Bedürfnissen". Auch Thielmann rät der Stadtpolitik, das 25 Jahre alte Containersystem in München zu überdenken.

© SZ vom 12.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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