Münchner Sängerin Malva:Weltschmerz in Seidenpapier

Lesezeit: 2 Min.

Die Münchner Musikerin Malva mischt Chansons mit Indie-Pop und wirkt damit wunderbar aus der Zeit gefallen. (Foto: Elias Biehler)

Schon ihre erste EP brachte Malva viel Lob und ein Pop-Stipendium der Stadt München ein. Nun stellt die junge Sängerin ihr Debütalbum live im Ampere vor.

Von Jürgen Moises

Zigaretten und Transistorradios. Zumindest in der Kombination sind das Dinge, die man heutzutage selten sieht. Im Video zu "Kandierter Kummer" von Malva tauchen beide auf. Da sitzen die junge Münchner Musikerin und ihr Mitstreiter Quirin Ebnet rauchend auf dem Bordstein und drehen an tragbaren Radios herum. Auch in einem Nostalgie-Café sieht man sie sitzen. Und genauso in einem Waschsalon. Dazu hört man melancholische Musik. Eine Gitarre blubbert. Und Malva singt mit sanfter Stimme von einem grauen, regnerischen Tag und dass sie am liebsten aus ihrem Kopf verschwinden würde. Das Video und das Lied gehören zu "Das Grell in meinem Kopf", dem Debütalbum von Malva, das am 18. November bei Trikont erscheint. Einen Tag zuvor stellt sie das Album in der Reihe " Munich Rocks!" im Ampere vor.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Der "kandierte Kummer", der im Text mit Seidenhandschuhen in Zellophan verpackt wird, man könnte ihn insgesamt als Bild oder als Ausdruck für das Album sehen. Denn hier wird fast durchgehend der eigene Weltschmerz in musikalisches Seidenpapier gewickelt. Sehr sanft, verträumt und in vielem tatsächlich auch recht nostalgisch kommt das alles daher. Das gilt schon für das erste Stück "Pieces And Shards", das nur aus Malvas Flüsterstimme und ein paar gezupften Akkorden besteht. Wie eine an Walter Benjamin geschulte Melancholikerin liest Malva hier die Scherben und Bruchstücke des Lebens auf. Wie sie auch sonst in ihren Liedern einen Blick für die übersehenen Farben, Schatten und Schattierungen und fragilen Dinge des Alltags hat.

Damit hat die 21 Jahre alte Sängerin nicht nur bei Trikont-Labelchefin Eva Mair-Holmes einen Nerv getroffen. Sie hat auch das Popmusik-Produktionsstipendium 2022 der Stadt München bekommen. Und auch sonst überschlugen sich nach ersten Song-Veröffentlichungen im Internet und ihrer EP im vergangenen Jahr geradezu die Lobeshymnen. Von "Ausnahmestimme" und "Riesentalent" war da die Rede. Wobei ein Stück dieses Lobes auch dem gleichaltrigem Quirin Ebnet gebührt, mit dem Malva ihre Songs zusammen komponiert, live spielt, produziert und aufnimmt. Kennengelernt haben sich die beiden 2018 bei einem Konzert von Jesper Munk. Auch der wurde vor seinem Umzug nach Berlin in München als Riesentalent gefeiert. Nur galt seine anfängliche Liebe dem Blues.

Molltönender Minimalismus ist das durchgehende Programm

Malva nennt dagegen die legendäre Songpoetin Patti Smith und die Singer-Songwriterin Dodie Clark als Vorbilder. An die entrückten, ätherischen Songs von Hope Sandoval ließe sich ebenfalls denken. Und bei "Middle Of Nowhere" etwa auch an Heather Nova. Molltönender Minimalismus ist wie gesagt das durchgehende Programm. Neben der Gitarre hört man sachte Drums, ein Keyboard. Bei "Dance With The Devil" und "10:10" klimpert ein Klavier. Gesungen wird auf Englisch und Deutsch. Und mit "Die Zeit geht spazieren" und "Schatten" gibt es auch zwei eingesprochene Gedichte.

Inhaltlich geht es um Liebe, Wehmut, Sehnsucht, das Verlorengehen im Alltag. Es wird Rotwein getrunken und gefühlt von einem richtigen Bohème-Leben geträumt. In München gibt es aber auch das wohl nur in Zellophan. Musikalisch würde man sich vielleicht ab und zu ein paar kleine oder größere Risse darin wünschen. Aber ansonsten ist "Das Grell in meinem Kopf" wie erwartet ein beeindruckendes Debüt. Und so wie der Opener "Pieces And Shards" in einer Reprise am Ende dreampoppigen Drive bekommt, wünscht man auch Malvas Karriere einen gehörigen Fahrtwind.

Malva: Das Grell in meinem Kopf (Trikont), live am 17. Nov. bei "Munich Rocks!" im Ampere, Zellstr. 4, Eintritt frei

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusQueere Szene
:"Es geht darum, zu zeigen, wie ich die Welt sehe"

Malinga Krüger, 24, arbeitet als Fotografin, Model und Make-up-Artist. Über eine junge Künstlerin, die sich zwischen Politik und Ästhetik ihren Weg bahnt.

Von Elisabeth Fleschutz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: