Die Sitzsäcke, sagt Maxi, gefallen ihr besonders gut. Die 20-Jährige, die im sechsten Semester Volkswirtschaftslehre studiert, hat sich gerade mit ihrer Freundin Kerstin in zwei der bequemen, sesselartigen Sitzmöbel niedergelassen, die im neuen Lernzentrum in der ehemaligen Lehrbuchsammlung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) stehen. "Im Wohnheim kann ich gar nicht lernen", sagt Maxi, den Laptop auf dem Schoß, mit Blick durch die große Fensterfront, raus auf die belebte Leopoldstraße. Deshalb sei sie froh, dass die Uni nun vermehrt solche modernen Lernräume schaffe. Kerstin nickt zustimmend.
Am 8. April hat das Lernzentrum eröffnet, nach rund einjähriger Umbauphase der Bibliotheksräume im Obergeschoss. Obwohl das Semester erst wenige Tage alt ist, ist der Saal an diesem Montag um die Mittagszeit herum gut besucht, mehr als die Hälfte der rund 100 Plätze ist belegt. "Die Studierendenvertretung der LMU hat uns gesagt, dass es ein großes Bedürfnis nach öffentlich zugänglichen Lernplätzen gibt", erklärt Klaus-Rainer Brintzinger, Direktor der Universitätsbibliothek der LMU. Vor allem für Gruppenarbeiten und gemeinsames Lernen seien die Studierenden oft auf der Suche nach geeigneten Örtlichkeiten, ohne allzu viel Lärm und Ablenkung.
Mit seinen rund 100 Lernplätzen, die sich in 54 Einzel- und neun Gruppenarbeitstische aufteilen, bietet der Saal jetzt etwa 40 Plätze mehr als vorher. "Ich finde den Raum jetzt deutlich besser", sagt Lennart. Der 23-Jährige kennt den Saal noch in seinem alten Zustand. "Ich verbringe eigentlich täglich mehrere Stunden in den Lernsälen, da ich mich hier nicht so leicht ablenken lasse wie zu Hause", erklärt er. Die neue Ausstattung findet er supermodern und hell, an den Plätzen gebe es genug Steckdosen. Auch die Nähe zur direkt nebenan gelegenen Mensa sei praktisch, so der Jura-Student.
Viel Geld ist in die neue Ausstattung geflossen, Elektrik, Boden und Beleuchtung wurden komplett erneuert. Die Möbel stammen vom Architekten Torsten Singhof und wurden eigens für den Raum entworfen. "Wichtig war uns die Zonierung der Fläche, je nach Bedürfnis der Studierenden, ähnlich wie im Philologicum", so Brintzinger. Finanziert wurde all dies durch Studienzuschüsse der LMU. Dennoch, so Brintzinger, seien die Lernzentren nicht den dortigen Studierenden vorbehalten. "Ein Drittel der Plätze kann von LMU-Studierenden im Voraus reserviert werden, aber auch Studierende anderer Hochschulen dürfen sich hier zurückzuziehen."
Neben dem Lernzentrum an der Leopoldstraße 13 sind noch weitere ähnliche Projekte geplant. So soll im Hauptgebäude der LMU bis zum Spätsommer die neue Uni-Lounge mit ebenfalls rund 100 neuen Lernplätzen entstehen. Ende des Jahres soll an der Adelbertstraße ein neues Lernzentrum mit etwa 60 neuen Plätzen eröffnet werden. Ein Projekt für die Biologie-Studierenden in Martinsried ist ebenfalls in Arbeit. Weitere Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen wie die im Untergeschoss der Leopoldstraße 13 sowie im zentralen Lesesaal der LMU im Hauptgebäude seien ebenfalls in Planung, eine Umsetzung ist aber aufgrund noch fehlender Finanzierung nicht absehbar.
"Insgesamt werden wir bis zum Ende des Jahres etwa 300 bis 400 neue Lernplätze für Studierende schaffen", sagt Brintzinger. Ihm sei bewusst, dass dies angesichts von insgesamt mehr als 100 000 Studierenden allein an LMU und TU nur "ein Tropfen auf den heißen Stein" sei. Dennoch wolle man das große Bedürfnis nach Lernraum unterstützen. "Viele Studierende wohnen sehr beengt oder pendeln jeden Tag in die Stadt und brauchen zwischen den Vorlesungen einen Aufenthaltsort, an dem sie auch arbeiten können. Das zu fördern ist uns wichtig."
Derzeit hat das neue Lernzentrum Montag bis Freitag von neun bis 20 Uhr geöffnet. Die Öffnungszeiten sollen aber sukzessive erweitert werden, sodass bald auch ein Lernen bis 22 Uhr oder am Wochenende möglich ist. Dass dieses Angebot gut angenommen wird, lässt sich zum Beispiel am Lernzentrum Philologicum beobachten, wo, vor allem in den Klausurenphasen, die Studierenden auch am Wochenende teils Schlange stehen, um einen der modern ausgestatteten Lernplätze zu ergattern.
Dass dies auch im neuen Lernzentrum der Fall sein könnte, befürchten Anna und Luis, die gerade das zweite Semester ihres Medizinstudiums begonnen haben. "Es wird wahrscheinlich immer schnell voll sein", sagt Anna. "Aber ich finde es toll, dass die LMU solche Räume überhaupt anbietet." Ob es an dem Raum noch etwas zu verbessern gibt? "Am Fenster gibt's leider keine Steckdosen", meint Maxi vom Sitzsack aus und lacht. Am Fenster lernen geht also nur, solange es der Laptop-Akku hergibt. Danach muss man den gemütlichen Platz wohl aufgeben - oder einfach mal eine kurze Lernpause einlegen.