Kunst im öffentlichen Raum:Zwischen Himmel und Erde

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Die einen lieben sie, die anderen verspotten sie - doch Skulpturen, Objekte und temporäre Projekte bereichern den Stadtraum. Wenn es um zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum geht, hatte München vielleicht nicht immer die Nase vorn. Inzwischen gibt es aber einiges zu entdecken.

Von Evelyn Vogel

So manche Kunst im öffentlichen Raum wurde erst verspottet und später heiß und innig geliebt. Das zeigt sich mitunter auch an den Namen, die der sogenannte Volksmund ihnen gibt. So ging die Skulptur "Gerundetes Blau" von Rupprecht Geiger, die seit 1987 am Gasteig steht, als "Niveadose" in die Stadtgeschichte ein. Wie schön sich diese schlichte Form in leuchtendem Blau an der Klinkerfassade des Kulturzentrums ausnimmt, wird gerade nach der vor wenigen Jahren erfolgten Renovierung wieder deutlich. Oder welche Diskussion gab es um die schon vor Fertigstellung 2011 als "Strickliesel" verspottete Monumentalskulptur "Mae West" von Rita McBride am Effnerplatz? Wer bei gutem Wetter von weitem die filigranen Doppelkegel zwischen den Hochhäusern sieht, versteht, welche Wirkung die Künstlerin vorhersah. Dagegen musste die "Endlose Treppe" in Form einer Doppelhelix von Ólafur Elíasson weniger Spott und Hohn aushalten. Vielleicht, weil ihr Standort seit 2004 im Innenhof eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens nicht ganz so öffentlich ist. Und wie öffentlich ist öffentlich eigentlich? Was wäre denn eine Stadt ohne öffentlichen Raum? Eine Stadtgesellschaft benötigt ihn wie die Luft zum Atmen. Doch viel zu oft wird dieser Raum genutzt, ohne über die Bedeutung für die Allgemeinheit nachzudenken. Das hat sich in diesem Corona-Sommer massiv geändert.

Die Debatte, was in öffentlichen Raum wann und wie stattfinden darf, wurde heftig geführt. Mitunter wurde er so intensiv genutzt, dass er wie eine heillos überfüllte Rettungsinsel im offenen Meer wirkte. Endlich wurde der öffentliche Raum als solcher auch wieder wahrgenommen.

Dabei bemisst sich die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums nach vielen Dingen: nach Architektur und Verkehrsführung, die Gestaltung von Freiräumen und Plätzen - und nicht zuletzt auch nach der Kunst, die im öffentlichen Raum schon seit Hunderten von Jahren zu Hause ist, oft in Form von Denkmälern und Brunnen. Doch was wäre die Theresienwiese ohne die Bavaria, was der Lenbachplatz ohne den Wittelsbacher Brunnen? Gerade mit Beginn des 20. Jahrhunderts haben Künstler auf Einladung von Staats- und Stadtregierungen, im Auftrag von Unternehmen und Sponsoren vermehrt Skulpturen und Installationen für den öffentlichen Raum geschaffen. Mitunter sorgten temporäre Interventionen für spektakuläre Momente, die in die Geschichte eingingen. Man denke nur an die Verhüllung des Berliner Reichstags von Christo und Jeanne-Claude, die die Künstler allerdings nicht im Auftrag, sondern in Eigenregie verwirklichten.

Wenn es um zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum geht, hatte München vielleicht nicht immer die Nase vorne. Doch die Stadt bemüht sich seit Jahren, der Kunst im öffentlichen Raum mehr Platz und mehr Geltung - auch mehr Geld - zu verschaffen. Große Projekte wie "Public Art Munich" 2013 und 2018, thematische Reihen wie die "Frequenzen" im vergangenen Jahr, die Kunstinsel am Lenbachplatz oder Einzelprojekte wie die "Ballernte" 2014 vor den Pinakotheken erschließen den öffentlichen Raum für die Menschen.

© SZ vom 19.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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