Prozessbeginn in München:Viele Fragen zum Dreifachmord von Starnberg

Lesezeit: 2 min

Maximilian B. (Mitte, links daneben einer seiner beiden Anwälte, Gerhard Bink) hatte den Zugangscode zur Wohnung und soll die Leichen gefilmt haben. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein 21-Jähriger soll in Starnberg seinen gleichaltrigen Freund und dessen Eltern erschossen und den Verdacht auf sein Opfer gelenkt haben. Nun müssen er und sein Fahrer sich vor dem Landgericht verantworten.

Von Andreas Salch

Zum Auftakt des Prozesses um den Dreifachmord von Starnberg im Hochsicherheitsgerichtssaal der Justizvollzugsanstalt Stadelheim haben die beiden Angeklagten keine Angaben zu der Tat vom Januar 2020 gemacht. Der 21-jährige Maximilian B. und der 20 Jahre alten Samuel V. sind wegen Mordes sowie wegen zwei bewaffneter Raubüberfälle auf Supermärkte im Landkreis Fürstenfeldbruck angeklagt.

Maximilan B., der seinen Freund und dessen Eltern in deren Haus in Starnberg erschossen haben soll, sagte lediglich etwas zu seinen persönlichen Verhältnissen. Unter anderem behauptete er, er habe zur Tatzeit täglich bis zu drei Gramm Marihuana geraucht und ein bis dreimal in der Woche Ecstasy konsumiert.

Die Drogen habe er genommen, "um eine Auszeit von dieser Welt zu nehmen", so B., der eine Lehre als IT-Techniker begonnen hatte, aber nicht abschloss. Außerdem räumte der 21-Jährige ein, dass er ein Alkoholproblem habe. Auf die meisten Fragen, die Richterin Regina Holstein dem 21-Jährigen stellte, antwortete er: "Keine Angaben." So auch auf die Frage, ob Waffen zu seinen Hobbys gehörten.

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Laut Anklage der Staatsanwaltschaft tötete B. seinen Freund, weil er es auf dessen wertvolle Waffensammlung abgesehen hatte, zu der auch verbotene Kriegswaffen gehörten. Das Arsenal habe Maximilian B. verkaufen wollen, so die Ermittler, da er zur Tatzeit finanzielle Probleme gehabt habe.

Da der Olchinger den Code für die Eingangstüre kannte, konnte er jederzeit in das Elternhaus seines Freundes. Nach der Festnahme von B. fanden die Ermittler auf dessen Handy Videos, die dieser am Tatort gedreht hatte. Die schockierenden Aufnahmen zeigte das Gericht am ersten Verhandlungstag.

Die drei Verteidiger von Samuel V., der Maximilian B. zum Tatort fuhr und dafür ebenfalls wegen Mordes angeklagt ist, nutzten den Prozessauftakt dazu, um die Staatsanwaltschaft für ihre Ermittlungen scharf zu kritisieren. Diese habe ihre "Wissenslücken" in dem Fall mit "viel Fantasie" statt mit Ermittlungsarbeit gefüllt, erklärte Rechtsanwalt Alexander Betz. Die Anklage präsentiere "nur eine von mehreren Hypothesen" wie die dreiköpfige Familie in ihrem Einfamilienhaus in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar 2020 "zu Tode gekommen sein kann und welchen Beitrag unser Mandant dazu geleistet hat oder nicht".

Insgesamt listete Betz in seinem "Opening Statement" sieben verschiedene Hypothesen dazu auf, warum und wie es zu dem Mord an der Familie gekommen sein könnte. Unter anderem etwa weil der Sohn des Ehepaars einen "Terroranschlag" geplant habe. Diese Variante soll Maximilian B. unter anderem genannt haben. Um ein Blutbad zu verhindern, habe er seinen Freund deshalb erschossen. Es könne sich aber auch tatsächlich um einen erweiterten Suizid handeln, wovon die Ermittler anfangs ausgegangen waren, so der Verteidiger.

Für diese Hypothese sprächen Schmauchspuren an einer Hand des getöteten Sohnes. Das, so Betz, belege, dass der 21-Jährige selbst auch geschossen habe. Zudem habe der Büchsenmacher-Lehrling in der Vergangenheit "konkrete Suizidgedanken geäußert". Selbst Rache als mögliches Tatmotiv will Betz nicht ausschließen. Diese Hypothese habe eine Richterin am Amtsgericht Starnberg ins Spiel gebracht. Denn die getötete Ehefrau sei dort als Verfahrensbeiständin am Familiengericht tätig gewesen und habe so "regelmäßig dafür gesorgt, dass Kinder gegen den Willen ihrer Eltern aus Familien genommen wurden". Sollte dies zutreffen, würde der tatsächliche Täter also noch auf freiem Fuß sein.

Die beiden anderen Verteidiger von Samuel V. kritisierten, dass ihr Mandant wegen Mordes angeklagt sei, obwohl er Maximilian B. lediglich zum Tatort gefahren und wieder abgeholt haben soll. Darüberhinaus, so die Anwälte, habe sich die Staatsanwaltschaft auf die "qualitativ minderwertigen" Aussagen von Maximilian B. verlassen.

Staatsanwalt Stefan Kreutzer zeigte sich gelassen und erklärte, bei den Ermittlungen sei "nichts ignoriert oder unter den Tisch gekehrt" worden. Es gebe ein "Vielzahl an Beweisen und Indizien, die die Angeklagten überführen werden." Zudem zeige das rechtskräftig gewordene Urteil gegen die NSU-Terroristen Beate Zschäpe, dass es für eine Verurteilung wegen Mordes "nicht darauf ankommt, dass man am Tatort anwesend ist."

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