Europas größtes Kulturzentrum:Stadt und Freistaat sollten den Gasteig gemeinsam bauen

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Das Kulturzentrum Gasteig an der Rosenheimer Straße muss saniert werden - doch die Stadt findet keinen Investor. (Foto: Alexander Heinl/picture alliance)

Die Staatsregierung legt eine Denkpause beim Konzertsaal ein, das Rathaus nun beim Kulturzentrum. Dabei könnten sie gemeinsam nachdenken - und Großes schaffen.

Kommentar von Heiner Effern

Die Stadt legt nun auch eine Denkpause ein. Sie überlegt, wie es mit dem Gasteig und seinem Konzertsaal weitergeht. Damit schließt sie zum Freistaat auf, der schon länger Denkpause macht, um zu ergründen, ob er seinen neuen Konzertsaal im Werksviertel noch bauen will und vor allem kann. Folglich wissen gleich zwei Orchester mit Weltruf in der Stadt nicht, wo sie mittel- und langfristig spielen werden. Auch wenn es in der Summe immer irgendwelche guten Gründe für jede im Nachhinein fatale Entscheidung geben mag, im Ergebnis ist die jüngste Entwicklung beim Gasteig ein Fiasko.

Wenn ein Bauprojekt mit dieser Bedeutung, immerhin nennt sich der Gasteig das größte Kulturzentrum Europas, so daneben geht, stellt sich die Frage nach der Schuld. Diese ist nach den vielen Pannen seit dem Grundsatzbeschluss im Jahr 2015 seriös nicht so einfach einzelnen Personen oder Parteien zuzuordnen. In diesem Fall hat nicht der Erfolg viele Väter, sondern der Misserfolg viele Väter und Mütter. Das beginnt in der Amtsperiode der großen Koalition aus CSU und SPD mit einer unnötig hochgekochten Problematik um Urheberrechte. Die Sozialdemokraten wollten am Ende nur noch eine kleine Sanierung im Bestand und sprangen ab.

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Es folgte ein Architekten-Wettbewerb, den die Stadt wegen Formfehlern wiederholen musste. Schließlich nahm die Politik Gasteig-Chef Max Wagner und dem für seine Gesellschaft verantwortlichen Wirtschaftsreferat das Bauprojekt ab und legte die Verantwortung in die Hände des Baureferats und der Kämmerei. Diese sollten einen externen Investor suchen und sind nun gescheitert. Eine "Kette aus Pleiten, Pech und Pannen" lasse München eher wie das legendäre Schilda dastehen denn als heimliche Kulturhauptstadt, sagte der damalige Grünen-Fraktionschef Florian Roth im März 2019. Viel geändert hat sich auch danach unter Grün-Rot nicht.

Wie kann es nun weitergehen? Eine Lösung läge auf der Hand: Stadt und Freistaat sollten ihre synchronen Pausen nutzen, um endlich gemeinsam zu denken. Beide können sich ihre Großprojekte getrennt nicht in der gewünschten und angebrachten Form leisten. Zusammen könnten sie ein Kulturzentrum schaffen, das tatsächlich europaweit strahlt. Mit einem Konzertsaal im Gasteig und einem im dann dauerhaften Interim an der Isar. Zentral gelegen in der Stadt, dazu ein demokratischer Ort für alle Bevölkerungsgruppen: mit Räumen für die Volkshochschule, die Musikhochschule und mit einer hochmodernen Bibliothek, die internationale Standards setzt. So würde aus dem Fiasko eine Chance.

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