Altenheime in München:"Wir fühlen uns gewappnet"

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Jeder Altenheim-Träger legt die bayerischen Richtlinien ein wenig unterschiedlich aus. Es gibt Häuser, die Besuche sehr strikt eingrenzen, Temperatur messen oder nur eine Person erlauben. Andere lassen mehr Spielraum zu. (Foto: Florian Peljak)

Trotz steigender Infektionszahlen in der Stadt gibt es in Münchens Altenheimen nur wenige Fälle. Die Träger geben sich gelassen.

Von Ekaterina Kel

In München, einer Millionenstadt mit steigenden Covid-19-Infektionszahlen, sind die Altenheime mittlerweile zu so etwas wie Burgen geworden. Mit allerhand Vorkehrungen sollen seit dem Frühjahr die betagten Bewohner vor der Ansteckung mit dem Virus bewahrt werden. Denn Sars-CoV-2 gilt im Alter als besonders gefährlich, laut Robert-Koch-Institut waren 86 Prozent der in Deutschland daran Verstorbenen 70 Jahre oder älter.

Und die Abschirm-Strategie wirkt: Die beiden größten Träger für Heime in der Stadt, Caritas und Münchenstift, sind eigenen Angaben zufolge coronafrei, zumindest was die Bewohner angeht. Seit ungefähr Juni habe es unter den 3000 Bewohnern keinen einzigen positiven Fall gegeben, sagt Münchenstift-Chef Siegfried Benker. Doris Schneider, Geschäftsführerin der Altenheime im Caritasverband für München und Oberbayern, berichtet von 26 Häusern ihrer Einrichtung, davon fünf in München, bei denen unter den besonders zu schützenden Bewohnern kein Fall bekannt sei. Und selbst, wenn doch ein Fall entdeckt werden würde, sei man gut gerüstet, versichert sie. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr, als es in manchen Häusern positive Fälle gab, hätten gezeigt, dass man mit einem Ausbruch schnell umgehen könne. Außerdem seien jetzt auch ausreichend Schutzmaterialien vorhanden, sagt Schneider. Die Bastionen, zu denen die Münchner Altenheime in den vergangenen Monaten geworden sind, sie scheinen zu halten.

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Auch das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) sieht das momentane Infektionsgeschehen außerhalb der Heime. Von insgesamt rund 7500 Frauen und Männern, die in Münchens 59 vollstationären Pflegeeinrichtungen leben, sind laut RGU aktuell 44 mit dem Virus infiziert, zwei werden im Krankenhaus versorgt. Drei Heimbewohner seien im Rahmen eines aktuellen Ausbruchsgeschehens in einer Einrichtung an Covid-19 verstorben, heißt es.

Betreiber und Behörde sind sich einig: Die größte Gefahr für die Heimbewohner kommt von außen - von Mitarbeitern, Dienstleitern aller Art wie Handwerker oder Fußpfleger - und Besuchern. Im Gesundheitsreferat hat man vor allem die Mitarbeiter im Blick: "Bei den aktuell betroffenen Einrichtungen erfolgte der Eintrag mutmaßlich durch Personal, es gibt keine Hinweise darauf, dass ein Eintrag durch Besucher erfolgte", heißt es. Die Reihentestungen beim Personal und bei zehn Prozent der Bewohnern geben ihm "ein bisschen mehr Sicherheit", sagt Benker. So entdecke man immer wieder vereinzelte Fälle unter den Mitarbeitern, die Zahlen seien jedoch sehr überschaubar. Verteilt auf alle Einrichtungen in der Stadt gebe es 15 positive Mitarbeiter, teilt das RGU mit.

Jeder Altenheim-Träger deutet die bayerischen Richtlinien ein wenig unterschiedlich aus. Es gibt Häuser, die Besuche sehr strikt eingrenzen, Temperatur messen oder nur eine Person reinlassen. Andere lassen mehr Spielraum zu, lassen die Besucher auch in die Zimmer der Bewohner, versuchen immer wieder zwischen Risiko und Seelenheil der Bewohner abzuwägen - schließlich darf man auch die Gefahren der Vereinsamung nicht unterschätzen. Der Leidensdruck steige mit jedem Tag, an dem die Heimbewohner ihre Angehörigen nicht sehen dürfen, sagte Schneider von der Caritas bereits im April. Damals galten noch strenge Besuchsverbote in den Heimen. Deshalb warnt auch Münchenstift-Chef SiegfriedBenker gerade jetzt, da die Infektionszahlen wieder rapide steigen: "Es darf nie mehr so streng werden wie im Frühjahr." Das sei "ethisch äußerst fragwürdig" gewesen.

Ein halbes Jahr nach dem Ausbruch löst die Pandemie auch in den Seniorenheimen keine großen Ängste mehr aus. "Da ist wenig Nervosität", sagt Benker. "Wir fühlen uns gewappnet und beim Thema Hygiene besser aufgestellt." Ähnliches hört man von Schneider, die darum auch angesichts der steigenden Infektionszahlen momentan keinen Anlass sieht, die Besuchsregelungen zu ändern. Einzig beim Thema Weihnachten gebe es noch Fragezeichen in den Caritas-Einrichtungen. Im Sommer habe man noch die Möglichkeit gehabt, größere Ansammlungen oder Treffen draußen zu ermöglichen - die Kälte verlangt den Verantwortlichen nun andere Ideen ab. Bei Münchenstift hat man schon einen Plan für einzelne, kleinere Feste in Wohngruppen gefasst. Denn: "Weihnachten ist schon ein Thema", weiß Benker.

© SZ vom 15.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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