Energiewende:Positivplanung soll Rotoren Rückenwind verleihen

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Direkt hinter der Schäftlarner Gemeindegrenze stehen bereits Windräder. In zwei Jahren soll es auch im Forstenrieder Park so weit sein. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Landkreis München will die Bemühungen für den Bau von Windrädern vorantreiben - das Wind-an-Land-Gesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigt seine Wirkung.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Noch dreht sich kein einziges Windrad im Landkreis München; und doch soll es jetzt sehr schnell gehen mit dem Bau von Rotoren. Denn der Druck auf die Länder, Landkreise und Kommunen, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten, hat seit Beginn des Monats enorm zugenommen: Seit 1. Februar ist das sogenannte Wind-an-Land-Gesetz in Kraft, das Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) aufgelegt hat und das die Bundesländer dazu verpflichtet, mehr Flächen für den Bau von Windrädern freizugeben. Für den Freistaat bedeutet dies konkret, bis Ende 2027 einen Flächenbeitragswert von 1,1 Prozent der Landesfläche und bis ins Jahr 2032 einen Wert von 1,8 Prozent zu leisten. Der Wind hat sich also gewaltig gedreht.

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Der Landkreis München will die eigenen Bemühungen nun mit einer "Positivplanung Windenergie" intensivieren, mit der sich der Ausschuss für Energiewende, Landwirtschaft und Umweltfragen des Kreistags an diesem Mittwoch, 1. März, erstmals beschäftigen wird. Damit wird die Ausweisung von Flächen für Windkraftanlagen gewissermaßen regionalisiert, denn laut bayerischem Landesentwicklungsprogramm ist vorgesehen, dass die Planungsregionen entsprechende Teil-Regionalpläne erstellen. In Bayern gibt es insgesamt 18 Planungsregionen, also regionale Planungsräume; der Landkreis München ist zentraler Bestandteil der Region 14, der neben der Landeshauptstadt München auch die Landkreise Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech und Starnberg angehören - und in der etwa drei Millionen Menschen leben.

Einen eigenen Teil-Regionalplan für die Ausweisung von Flächen aber hat die Region 14 noch nicht erstellt; allerdings hat deren Vorsitzender, Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), unlängst erklärt, es müssten in der Planungsregion 14 zwischen 300 und 400 Windräder gebaut werden, um die gesetzlichen und zeitlichen Vorgaben des Wind-an-Land-Gesetzes zu erfüllen - und auch den wachsenden Strombedarf zu decken.

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Der Landkreis München will nun auf Initiative von Landrat Christoph Göbel (CSU) mit einem Forschungsprojekt wissenschaftlich untersuchen lassen, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist und wie Windkraftprojekte auch lokal umgesetzt werden können - was auch zwingend erforderlich sein wird. Denn der Landkreis München nimmt etwa zwölf Prozent der Fläche innerhalb der gesamten Planungsregion 14 ein - und dies hat zur Folge, dass alleine hier um die 100 Standorte für Windkraftanlagen gefunden werden müssen. "Hierfür ist planerische Vorsorge zu treffen", heißt es aus dem Landratsamt.

Über den Baumkronen des Hofoldinger Forstes bei Sauerlach könnten sich bald die ersten Rotoren drehen. (Foto: Claus Schunk)

Und es soll schnell gehen: Nur ein Jahr soll das Forschungsvorhaben dauern, das federführend durch die Technische Universität München (TU) unter Professor Sören Schöbel-Rutschmann bearbeitet werden soll, der eine Professur für Landschaftsarchitektur inne hat. Begleitet werden soll das Projekt von der Energieagentur Ebersberg-München und dem Münchner Planungsbüro Eniano. Die sogenannte Positivplanung soll vor allem auch landschaftsgestalterische Aspekte sowie technische Rahmenbedingungen der Windenergie betrachten - und unter der Einbindung von Dialog- und Beteiligungsprozessen stattfinden. Das Ziel aus Sicht der Behörde von Landrat Göbel: "Damit soll ein breiter Konsens nicht nur über die bloße Notwendigkeit des Windkraftausbaus, sondern vielmehr über dessen lokale Umsetzung erreicht werden."

Das ist in der Vergangenheit nicht immer gelungen. In der Gemeinde Brunnthal etwa hatte sich derart großer Widerstand gegen die Errichtung von Windrädern im Hofoldinger Forst formiert, dass der Gemeinderat den Ausstieg aus der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Hofoldinger Forst beschloss - eine Entscheidung, die er nun am liebsten wieder rückgängig machen würde. Denn unbeirrt treiben die verbliebenen Arge-Mitglieder Sauerlach, Aying und Otterfing den Bau von vier Rotoren im Wald voran. Auch die Kommunen Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern, die zusammen die Arge Höhenkirchner Forst bilden, wollen schnellstmöglich mit Windkraftanlagen Energie produzieren; Hohenbrunn hat zuletzt beschlossen, dem Regionalen Planungsverband 11,5 Prozent seiner Fläche, ebenfalls im Höhenkirchner Forst, als Standort für Windräder vorzuschlagen, und auch Pläne im Würmtal und für den Forstenrieder Park nehmen immer konkretere Formen an.

Mit der nun angestrebten Untersuchung soll es den Kommunen aber auch ermöglicht werden, kleinere Windparks oder auch einzelne Standorte zu planen - dabei wird über eine eigene Bauleitplanung die konkrete städtebauliche Ordnung bestimmt werden. Denn es soll vermieden werden, dass es zu einer "ungeplant wirkenden Verteilung" von Rotoren kommt, vielmehr soll ein "nachvollziehbares räumliches Gesamtkonzept" das Ziel sein. Klar ist aber auch, dass das Wind-an-Land-Gesetz das Bild des Landkreises dauerhaft verändern wird.

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