Brunnthal/Oberhaching:Freizeitlinie kommt unter die Räder

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Nichts wird aus den Plänen, mit den Bussen einer Freizeitlinie an den Deiniger Weiher fahren zu können. (Foto: Sebastian Gabriel)

Angesichts der angespannten Finanzlage verabschiedet sich der Landkreis München von den geplanten Busverbindungen von Pullach über Oberhaching und Brunnthal bis nach Aying zu beliebten Ausflugszielen.

Von Martin Mühlfenzl, Brunnthal/Oberhaching

Der Bergtierpark Blindham im gleichnamigen Ayinger Ortsteil ist seit Jahren vor allem wegen seiner Bewohner ein attraktiver Anziehungspunkt für Familien mit Kindern. Dort sind Hühner, Esel, Lamas, Pferde, Pinzgauer Rinder und sogar Wildschweine zu Hause, und auch der Spielstadel und der Grillplatz locken viele Besucher an. Auch aus der nächsten Umgebung. So berichtet Stefan Kern, CSU-Bürgermeister aus dem Nachbarort Brunnthal, dass auch aus seiner Gemeinde viele Familien gerne nach Blindham fahren würden. Und zwar zwecks fehlender Alternative allesamt mit dem Auto. Aber auch wenn es einen Bus geben würde, so Kern, würde in den keiner einsteigen.

So viel zum Freizeitverhalten der Brunntaler "Querschnittsgesellschaft", das Kern unlängst im Mobilitätsausschuss des Münchner Kreistags beschrieben hat - und damit auch dabei half, ein Verkehrsprojekt zu beerdigen, über das seit Jahren debattiert wurde: Eine sogenannte Freizeitlinie vom Pullacher S-Bahn Höllriegelskreuth, den Deiniger Weiher, die Gemeinden Oberhaching, Brunnthal und Aying bis zum beliebten Bergtierpark ganz im Südosten des Landkreises München.

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Ursprünglich war sogar geplant, drei Freizeitlinien im Süden und Osten des Landkreises einzurichten. Als im Jahr 2019 damit begonnen wurde, den Nahverkehrsplan des Landkreises neu aufzusetzen, war auch erstmals davon die Rede, den touristischen und Freizeitverkehr zu stärken und so Menschen zum Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen. Insbesondere die Mitnahme von Fahrrädern sollte die Attraktivität der Busse hervorheben.

Auch wegen der Hirsche, die hier zu Hause sind, erfreut sich der Bergtierpark im Ayinger Ortsteil Blindham vor allem bei Familien mit Kindern großer Beliebtheit. (Foto: Claus Schunk)

In ersten Planungen waren drei Trassen vorgesehen: Eine vom S-Bahnhof Deisenhofen über Großdingharting, das Kloster Schäftlarn, Ebenhausen und Berg bis nach Starnberg. Eine zweite von Höllriegelskreuth durch den südöstlichen Landkreis München bis nach Aying. Und als dritte ergänzende Variante die Verlängerung von Aying bis zum Blindhamer Bergtierpark. In den weiteren Planungen aber wurde zunächst die Linie in den Landkreis Starnberg verworfen und schließlich die beiden anderen Freizeitlinien zu einer zusammengefasst.

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Damals allerdings diskutierten die Münchner Kreisräte vor dem Hintergrund immer neuer Rekorde bei den Steuereinnahmen und einer nahezu goldenen Haushaltslage. Spätestens seit dem vergangenen Jahr ist das im Landkreis München aber gänzlich anders. Angefeuert zunächst durch die Corona-Krise und schließlich durch die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stellt sich die Finanzlage des wirtschaftlich stärksten aller bayerischen Landkreise mittlerweile anders dar. 2023 begann der Kreistag in zähen Etatverhandlungen, ein 50 Millionen Euro großes Haushaltsloch schrittweise zu schließen. Und dabei kamen auch zahlreiche Verkehrs- und Infrastrukturprojekte auf den Prüfstand - und letztlich die erste Freizeitlinie im Landkreis München unter die Räder.

Hinzu kommt aber auch, dass nicht wenige den Nutzen dieser Linie von Anfang an und bis zuletzt infrage stellen - auch und besonders in den an dem Projekt beteiligten Gemeinden Oberhaching und Brunnthal. In einer Stellungnahme teilte die Rathausverwaltung von Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) mit, dass die Freizeitlinie in der angedachten Linienführung "nur wenig Relevanz für Oberhaching erkennen lasse". Sein Brunnthaler Amtskollege Kern verwies noch einmal darauf, dass er nicht von einer hohen Akzeptanz in seiner Gemeinde ausgehe. Dementsprechend sagte Kreisrat Günter Heyland von den Freien Wählern, zu einer "Zwangsbeglückung" der Gemeinden dürfe es auch nicht kommen.

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Letztlich gab aber doch das Geld den Ausschlag. Heyland verwies auf die enormen Kosten von etwas mehr als 2,8 Millionen Euro, die mit der auf vier Jahre angelegten Probephase der Freizeitlinie verbunden gewesen wären. Auch Karin Schuster (ÖDP) betonte die angespannte Haushaltslage des Landkreises, gleichwohl sie von einem "tollen Projekt" sprach.

Für die Verbindung zwischen Höllriegelskreuth und der Gemeinde Aying warb noch einmal der Landtagsabgeordnete und Kreisrat Markus Büchler (Grüne). "Das Projekt hat absolut seinen Sinn", so der Oberschleißheimer, schließlich gehe es um die hohe Frequentierung der Ausflugsziele, die an der Trasse liegen.

Dass das Thema Freizeitlinien im Landkreis München zeitnah noch einmal auf die politische Agenda kommen könnte, schloss Landrat Christoph Göbel (CSU) aus. Er werde es nicht noch einmal auf Wiedervorlage bringen, so Göbel, ebensowenig eine Linie in den Landkreis Starnberg. Wenn überhaupt, könne über derartige Projekte erneut gesprochen werden, "wenn wir es uns wieder leisten können", stellte der Gräfelfinger klar.

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