Nahverkehr:Eine Milliarde Euro für den Weiterbau der U5

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Bisher endet die U5 in Neuperlach Süd. Eine Verlängerung in den Landkreis München könnte eine Milliarde Euro kosten. (Foto: Florian Peljak/)

Alleine bis zur Genehmigung der Strecke von Neuperlach Süd nach Ottobrunn und Taufkirchen dauert es aber noch bis zu acht Jahre. Und dann droht immer noch das Aus wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn/Taufkirchen

Die Deutschen rühmen sich ja gerne ihrer Ingenieurskunst, ihres Erfindungsreichtums, ihrer Präzision und Effizienz. Dennoch scheint in diesem Land jedes Mega-Infrastrukturprojekt zu einem Milllionen-, wenn nicht gar Milliardengrab zu verkommen. Die Kosten für die zweite S-Bahn-Stammstrecke unter der Münchner Innenstadt sind mittlerweile auf mehr als acht Milliarden Euro explodiert - manche Experten gehen sogar von am Ende 14 Milliarden Euro Baukosten aus. Da mutet die Verlängerung der U6 vom Klinikum Großhadern in der Planegger Ortsteil Martinsried geradezu als Schnäppchen an. Aber auch dieses Projekt kostet mit mindestens 212 Millionen Euro deutlich mehr als die ursprünglich geschätzten 70 Millionen Euro.

Es sind aber nicht nur die Kosten der Neubaustrecke im Würmtal, die Münchens Landrat Christoph Göbel im Mobilitätsausschuss des Kreistags warnende Worte aussprechen ließ. "Die ist keinen Kilometer lang und es hat über 30 Jahre lang gedauert", sagte der CSU-Politiker angesichts der extrem langen Planungszeit für die U6-Verlängerung. "Das darf uns hier nicht passieren." Mit "hier" meint Göbel eine U-Bahnstrecke, die fünfmal so lang wie der Abschnitt nach Martinsried werden soll - und nach neuesten, sehr groben Schätzungen auch etwa fünfmal so teuer sein dürfte: die Verlängerung der U5 von Neuperlach Süd über Neubiberg und Ottobrunn bis zum Ludwig-Bölkow-Campus in der Gemeinde Taufkirchen.

Die Trasse, deren genauer Verlauf noch nicht feststeht, wird das wichtigste Infrastrukturprojekt des Landkreises München der kommenden Jahrzehnte sein. Im Jahr 2019 wurde eine erste Untersuchung zu "einer kostengünstigen baulichen Machbarkeit einer U5-Verlängerung im Korridor Neuperlach Süd - Taufkirchen/Ottobrunn" durch das Münchner Büro Intraplan vorgelegt. Sechs Varianten - teils oberirdisch, bei den meisten Verläufen aber unterirdisch - wurden damals präsentiert. Und schon damals dürfte vielen aufgefallen sein, dass der Begriff "kostengünstig" sehr unterschiedlich ausgelegt werden kann: Die teuerste Variante direkt unter der Ottobrunner Ortsmitte wurde damals auf mehr als eine halbe Milliarde Euro geschätzt.

Diese Zahlen aus der Vor-Corona-Zeit aber sind mittlerweile mehr als überholt. Der Garchinger Bürgermeister und SPD-Kreisrat Dietmar Gruchmann sprach am Dienstag im Mobilitätsausschuss des Kreistags von einer Milliarde Euro, die für das Vorhaben "bewegt" werden müssten. Damit diese Kosten im Verlauf der weiteren Planungen nicht noch weiter explodieren, hat der Landkreis München eine Untersuchung beim Münchner Ingenieurbüro Baustein in München in Auftrag gegeben; diese Studie zeigt auf, welche Schritte in den kommenden Jahren notwendig sind, um die U-Bahn im südöstlichen Landkreis tatsächlich aufs Gleis zu bringen.

Vom U-Bahnhof Neuperlach Süd aus soll die U5 bis Neubiberg, Ottobrunn und Taufkirchen verlängert werden. (Foto: Sebastian Gabriel)

Das Zauberwort lautet dabei "Planfestellung". Dahinter verbirgt sich ein äußerst komplexes Verwaltungsverfahren, das bei sogenannten raumbedeutsamen Infrastrukturprojekten zwingend erforderlich ist. Und raumbedeutsam ist die U5-Verlängerung schon deshalb, weil so viele Player beteiligt sind: neben dem Landkreis München die Gemeinden Taufkirchen, Ottobrunn und Neubiberg sowie die Landeshauptstadt München und der Freistaat Bayern - und am Ende als größter Geldgeber des Vorhabens der Bund.

Bis zur Genehmigung und Förderzusage kann es acht Jahre lang dauern

Klar ist bereits jetzt, dass der Weg zur Planfeststellung vor allem ein sehr langer wird. Sieben bis acht Jahre werden erforderlich sein, bis alle notwendigen Schritte abgearbeitet sind, berichtete Planer Jan Koppelmann, dessen Büro unter anderem an der Verlängerung der U-Bahn nach Martinsried und der Sanierung des U-Bahnhofs Sendlinger Tor beteiligt ist. Konkret bedeutet dies, dass die Planfeststellung, also die eigentliche Genehmigung - und vor allem auch Förderzusage durch den Bund - voraussichtlich erst im Jahr 2032 erfolgen kann.

Am wichtigsten hierfür ist laut Landrat Göbel (CSU), dass zu jedem Zeitpunkt der Planfeststellung von der Vorstudie der Vorplanung über die Grundlagenermittlung, die Entwurfs- und Genehmigungsplanung bis zum eigentlichen Planfeststellungsverfahren das Nutzen-Kosten-Verhältnis "signifikant" über dem Wert eins liegt. Denn nur wenn die Wirtschaftlichkeit der U5-Verlängerung garantiert ist, wird der Bund das Projekt fördern. Zusammen mit den Subventionen durch das Land Bayern würden somit etwa 90 Prozent der Kosten garantiert - die verbleibenden zehn Prozent müssen der Landkreis sowie die drei beteiligten Kommunen übernehmen.

Die Planer haben sich neben organisatorischen Fragen wie der, wer als Gesellschafter des Projektes auftreten wird - vermutlich Freistaat, Landkreis und die Kommunen - auch grob mit den finanziellen Aspekten beschäftigt. Denn alleine die Kosten für die Planungen der Leistungsphasen eins bis vier bis zur Planfeststellung im Jahr 2032 werden sich auf nahezu 60 Millionen Euro belaufen, bis zu 30 Stellen von der Projektsteuerung bis zur juristischen Beratung könnten notwendig werden. Alles, um eines zu garantieren, wie Landrat Göbel sagt: "Technische Machbarkeit, Sinnhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit."

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