Nahverkehr:Warten auf die Echtzeitdaten

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Die digitale Anzeige am Sauerlacher Bahnhof funktioniert gar nicht. (Foto: Sebastian Gabriel)

Digitale Anzeigetafeln sollen die Fahrgäste seit einigen Monaten an wichtigen Knotenpunkten im Landkreis München über die nächsten S-Bahn- und Busverbindungen informieren. Doch diese zeigen entweder gar nichts an oder liefern falsche Abfahrtszeiten.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Noch ist nichts wirklich dynamisch an der neuen digitalen Anzeige vor dem Sauerlacher Bahnhof, die den Pendlerinnen und Pendlern nach München oder ins Oberland das Leben eigentlich erleichtern soll. Auf dem Bildschirm spiegeln sich lediglich die Wolken und einige hellblau strahlende Flecken am Himmel. Dabei sollten auf der sogenannten Vitrinenanzeige alle Abfahrten ab Sauerlach angezeigt werden, die der S-Bahn und auch aller Busse, die durch den Ort fahren - und zwar in Echtzeit. Doch noch hat sich die dynamische Fahrgastinformation (DFI) im Landkreis München nicht überall durchgesetzt, was einerseits auf mangelnde Datensicherheit zurückzuführen ist, andererseits aber auch auf mangelnden politischen Willen.

In der Landeshauptstadt gehören die digitalen Anzeigen, die es in unterschiedlichen Ausführungen gibt, längst zum Alltag. Seit wenigen Jahren aber weiten der Münchner Verkehrsverbund (MVV) und die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) das Angebot auch auf die acht Verbundlandkreise aus. Im Landkreis München gibt es mittlerweile in 16 der 29 Städte und Gemeinden DFI-Anzeiger - vor allem an Bushaltestellen.

Eine wichtige Rolle sollen die Echtzeit-Fahrpläne insbesondere an wichtigen Knotenpunkten spielen, also primär an S-Bahnhöfen, die in der Regel auch von mehreren Regionalbuslinien angefahren werden. Vor den Bahnhöfen sollen neben den Busabfahrten auch die Abfahrtszeiten von S-Bahnen und Regionalzügen angezeigt werden, um die unterschiedlichen Verkehrsformen bestmöglich miteinander zu verknüpfen.

An den beiden S-Bahnhöfen in Unterschleißheim informieren seit Oktober auch tatsächlich moderne und große DFI-Anzeiger über die nächsten Abfahrtsmöglichkeiten, allerdings erledigen sie diesen Job nicht in der gewünschten Qualität. Dies bemängelte unlängst Bürgermeister Christoph Böck (SPD) im Mobilitätsausschuss des Kreistags. Auf den Anzeigern würden eben keine Daten in Echtzeit zu den Abfahrten der S-Bahnen angezeigt- obwohl die am DFI-System beteiligten Kommunen des Landkreises dies ausdrücklich gewünscht hätten.

Die Echtzeit-Übermittlung der Verkehrsdaten von S- und U-Bahnen, Trambahnen und Bussen im Großraum München ist eine komplexe Angelegenheit. Jeder Bus im Regionalbusverkehr im Landkreis München und jede S-Bahn im Betrieb der Deutschen Bahn senden - meist per GPS - permanent Daten über ihren aktuellen Standort aus. Die Daten der Busse werden direkt an die bayernweite, digitale Mobilitätsplattform Defas übermittelt; seit mehr als zehn Jahren steht das auch unter dem Namen Bayern-Fahrplan bekannte Online-Reiseinformationssystem den Pendlern zur Verfügung.

Auch die Echtzeit-Daten der S-Bahnen und Regionalzüge werden bei Defas erfasst, dem gut zwei Dutzend Verkehrsverbünde aus ganz Bayern angehören. Allerdings könne die Deutsche Bahn in Form ihrer Tochter DB Infra-Go "derzeit nicht in jedem Fall eine Zulieferung von Echtzeitdaten" an die bayernweite Drehscheibe Defas garantieren, teilt das Münchner Landratsamt mit. Die DB habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass eine valide Datenzulieferung erst im Jahr 2025 erfolgen könne, obgleich derzeit durch den Konzern auch eine schnellere Realisierung geprüft werde.

Die Deutsche Bahn hat vor dem Problem gewarnt

An den derzeit beteiligten Verkehrsknotenpunkten im Landkreis München - neben Unterschleißheim sind dies die S-Bahnhöfe Sauerlach, Feldkirchen, Planegg und Unterföhring - kann es also weiterhin zu "inkonsistenten Darstellungen" an den großen DFI-Anzeigern kommen, heißt es seitens des Landratsamtes. Das bedeutet: Es können entweder gar keine Abfahrten angezeigt werden wie in Sauerlach, wo dies aber laut Landratsamt eigentlich "testweise" der Fall sein sollte; oder es kann zu abweichenden Angaben auf den Anzeigern vor den Bahnhöfen kommen, auf denen auch Busse dargestellt werden, und jenen direkt am Bahnsteig, wo nur die S-Bahnen erfasst werden.

Vor diesen Problemen hat die Deutsche Bahn übrigens gewarnt. Der Konzern hatte vorab eine sehr klare Empfehlung ausgesprochen, bis zur Klärung der Schnittstellenproblematik bei der Datenerfassung auf einen Einsatz der DFI-Anzeiger vor den Bahnhöfen zu verzichten. Der MVV, so das Landratsamt, aber habe sich bereit erklärt, diese in Betrieb zu nehmen und auch mit Daten zu füttern - "auf ausdrücklichen Wunsch der Kommunen und damit entgegen der Empfehlung der DB Infra-Go", wie die Behörde ausdrücklich betont.

Flächendeckend wird es auch künftig keinen Einsatz der dynamischen Fahrgastinformation im Landkreis München geben. Die Gemeinde Ottobrunn etwa lehnte vor vier Jahren den Aufbau von DFI-Anzeigern an Bushaltestellen oder am S-Bahnhof ab. Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) stellte schon damals die Zuverlässigkeit des Systems infrage und warnte, dass die Kosten für die Um- und Aufbauten in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen würden. Die beteiligten Kommunen legen sowohl die Standorte als auch die Bauformen der DFI-Anzeiger selbst fest und finanzieren diese auch; allerdings fördert die Regierung von Oberbayern diese mit 80 Prozent.

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