Ausbau der S 7:"Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll"

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An der Ottostraße in Ottobrunn stockt nach wie vor der Verkehr, wenn sich die Schranken an der S7 schließen. (Foto: Claus Schunk)

Mit seiner Absage an den zweigleisigen Ausbau nach Ottobrunn und Aying erntet S-Bahn-Chef Heiko Büttner Empörung - und Achselzucken.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Ein kleines politisches Beben hat der Chef der Münchner S-Bahn ausgelöst, als er im Mobilitätsausschuss des Kreistags zu Beginn der Woche den zweigleisigen Ausbau der Außenäste - insbesondere der S 7 im südöstlichen Landkreis München über Ottobrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn bis Aying - quasi beerdigt hat. So bezeichnete Bayerns ehemalige Verkehrsministerin, die Unterhachinger CSU-Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer, die Darstellung von Heiko Büttner, eine Erweiterung der Infrastruktur auf den Außenästen sei wegen zu erwartender Bürgerproteste und zu langer Planungszeiten in absehbarer Zeit kaum zu realisieren, am Mittwoch in eine Pressemitteilung als "inakzeptabel".

Büttners Aussagen, so Schreyer, beruhten auf "fadenscheinigen Argumenten". Sie teile zwar die Einschätzung des S-Bahn-Chefs, dass die Digitalisierung des Systems und auch autonomes Fahren vorangetrieben werden müssten, aber nur bei einem gleichzeitigen Ausbau der Außenäste. "Wir brauchen die durchgängige Zweigleisigkeit auf den Außenästen, um die Taktung der Fahrten weiter zu senken", so Schreyer, die für sich selbst in Anspruch nimmt, in ihrer Zeit als Ministerin die Zweigleisigkeit "massiv vorangetrieben" zu haben. Schon heute seien die S-Bahnen in der Boomregion "brechend voll".

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In Ottobrunn waren die Erschütterungen auf die Aussage des S-Bahn-Chefs dagegen nicht wirklich zu spüren. "Da war für mich nichts Neues dran", sagte Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) auf Nachfrage der SZ. Büttner habe lediglich wiedergegeben, was Sachstand ist. Und der sieht für Loderer wie folgt aus: Ein zweigleisiger Ausbau ist nur mit einer Tieferlegung der Trasse möglich, die aber horrend teuer und folglich auch kaum zu realisieren sei. Und noch wichtiger: Für die Gemeinde Ottobrunn hat die Verlängerung der U 5 von Neuperlach-Süd bis in den Ludwig-Bölkow-Campus oberste Priorität - weit vor dem Ausbau der S-Bahn.

Schreyer hatte Vereinbarungen mit der Bahn getroffen

Unterstützung erfährt Schreyer in ihrer Haltung von der Initiative S 7 Ost plus, die sich vehement für den zweigleisigen Ausbau bis Aying einsetzt. Deren Sprecherin Nortrud Semmler aus Aying verwies am Mittwoch darauf, dass Schreyer als Ministerin eigens eine Machbarkeitsstudie für die Erweiterung in Auftrag gegeben habe und das Projekt auch in Planungsvereinbarungen mit der Deutschen Bahn festgehalten ist. "Es sind schon zahlreiche Flächen freigehalten worden für den Ausbau", so Semmler.

Zur Warnung Büttners, es könne zu Protesten gegen das Projekt kommen, meint Semmler: "Da weiß ich gar nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Die Menschen sehnen sich nach dem Ausbau." Auch das Argument, die Digitalisierung könne spürbare Verbesserungen mit sich bringen, will die Ayingerin nicht gelten lassen: "Auf einer einspurigen Strecke bringt das überhaupt nichts. Wenn es bei einem Zug zu Verzögerungen beim Ein- und Aussteigen kommt, hat prompt der Zug aus der Gegenrichtung Verspätung."

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer hingegen glaubt, dass der Ansatz Büttners, mit der Digitalisierung des Systems Optimierungen erzielen zu können, kurzfristig der richtige Weg sei. "Ich halte es für realistisch, dass damit in den nächsten 20 Jahren ein besserer ÖPNV sichergestellt werden kann." Zugleich werde die Fertigstellung der zweiten Stammstrecke in der Münchner Innenstadt, die für das Jahr 2028 anvisiert ist, die Situation zusätzlich entspannen. Vom zweigleisigen Ausbau der S 7 will sich Loderer aber nicht endgültig verabschieden. Er betont, es müsse sehr viel mehr in die Infrastruktur bei S- und U-Bahn investiert werden. "Als Bürgermeister muss ich aber auch konstatieren, was pragmatisch machbar und realistisch ist. Ich bin da ganz nüchtern und manchmal auch ernüchtert." In seiner Amtszeit, dessen ist sich Ottobrunns Rathauschef sicher, werde er den zweigleisigen Ausbau durch seine Gemeinde aber nicht mehr erleben. Möglicherweise aber die Verlängerung der U-Bahn.

S-Bahn-Chef Büttner hatte in seinen Ausführungen vor den Kreisräten darauf verwiesen, dass kurzfristige Verbesserungen für die Fahrgäste nur mit mehr Digitalisierung und autonom fahrenden Zügen zu erreichen seien. Den Ausbau der Trassen habe die S-Bahn München nicht selbst in der Hand. Büttner verwies dabei auf die DB Netz AG, in deren Verantwortungsbereich die Infrastruktur liege.

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