Nahverkehr:Flex-Bus statt Eltern-Taxi

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Wo fahren wir denn hin? Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner, Landrat Christoph Göbel und Regierungsvizepräsidentin von Oberbayern Sabine Kahle-Sander (von links) beim Start des Pilotprojekts "Flex". (Foto: Claus Schunk)

Zusammen mit dem Münchner Verkehrsverbund startet der Landkreis einen flexiblen On-Demand-Service, der per MVV-App buchbar ist. In den beiden Pilotgebieten im Münchner Südosten werden ein Tag- und ein Nachtbetrieb getestet.

Von Iris Hilberth, Aying

Die letzte Meile kann manchmal ganz schön weit sein. Vor allem nachts oder in ländlichen Gebieten. Wenn Bus und Bahn nicht mehr fahren oder abgelegene Gemeindegebiete noch nie angesteuert haben, bleibt für den restlichen Weg nach Hause oft nur das Auto. Mit einem Pilotprojekt will der Münchner Verkehrsverbund (MVV) gemeinsam mit dem Landkreis München jetzt diese Lücke schließen und verspricht zudem hohe Flexibilität. Entsprechend nennt sich diese On-Demand-Beförderung, die vorerst im Süd-Osten von München angeboten wird: "Flex". Sieben Kleinbusse sind von Montag an im Tages- und Nachtverkehr zwischen knapp 250 Ein- und Ausstiegspunkten unterwegs, ganz ohne starre Fahrpläne oder festgelegte Strecke, sondern ganz nach Bedarf der Fahrgäste.

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Ruf-Busse oder Sammel-Taxis sind keine ganz neue Erfindung, anderorts werden sie längst eingesetzt. Mit diesem Angebot jedoch werde eine ganz neue flexible Art von Mobilität geschaffen, sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) am Freitag in Aying beim Start des zunächst zweijährigen Modellprojekts. Auch MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch wies darauf hin, dass diese Form des On-Demand-Services bislang bundesweit einmalig sein werde. "Er ist integriert in den MVV, kostet keinen Zuschlag und lässt sich mit der neuen MVV-App buchen", betonte er.

Getestet wird die Flex-Idee zunächst in zwei Bereichen mit unterschiedlichen Zeiten. In den Gemeinden Unterhaching, Oberhaching und Taufkirchen können Fahrgäste den Kleinbus täglich von 22 bis sechs Uhr bestellen. "Statt nachts Mama wecken" wirbt der MVV für dieses Angebot im suburbanen Raum westlich der Autobahn A8 und bietet mit Stopps am Münchner Ostbahnhof und der Station Neuperlach Süd auch Anschluss an den Nachtverkehr der Landeshauptstadt. Angefahren werden auch die entlegenen Ortsteile von Oberhaching wie Jettenhausen und Gerblinghausen.

Auf diesen Routen ist der Flex-Bus während der Probephase unterwegs. (Foto: Landratsamt München)

Tagsüber sind die gleichen sieben Fahrzeuge der Firma Geldhauser dann zwischen fünf und 22 Uhr in den Gemeindegebieten Sauerlach, Aying und im südlichen Brunnthal unterwegs. Dass hier nicht nachts gefahren wird, hat schon zur ersten Beschwerde aus Otterloh bei Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner geführt. Schließlich sei das doch die Zeit, in der eben nichts fahre, und nun auch nicht der Flex-Bus. Der MVV verweist darauf, dass es sich ja zunächst um zwei Testgebiete handele, in denen die beiden Varianten erprobt würden, um möglichst breit gefächert Erfahrungen zu sammeln. Gegebenenfalls soll das Angebot dann bis Dezember 2026 verlängert und anschließend verstetigt werden. Das Pilotprojekt soll als Grundlage für weitere On-Demand-Services im Landkreis München und möglicherweise auch darüber hinaus dienen.

Wegen Lieferengpässen starten zunächst weiße Busse, blau-grüne folgen später

Ganz bis nach Hause wie etwa ein Taxi bringt einen der Flex-Bus nicht. Er stoppt aber an den bekannten MVV-Regionalbushaltestellen sowie an 100 zusätzlichen Ein- und Ausstiegspunkten in den beteiligten Pilotgemeinden. Man erkennt die angebotenen Haltemöglichkeiten an einer grün-blauen Beschilderung mit der Aufschrift "Flex". Auch die Busse sind entsprechend gekennzeichnet. Die Sieben-Sitzer sollen demnächst mit dunkelblauer Farbe, hellgrüner Beklebung und Flex-Logo auffallen. Wegen Lieferengpässen sind beim Start in der kommenden Woche allerdings zunächst weiße Fahrzeuge unterwegs.

Den Flex-Bus kann man per MVV-App buchen. (Foto: Claus Schunk)

Fahrten mit dem Flex-Bus können sowohl spontan als auch vorab über die neue MVV-App, die MVV-Auskunft oder telefonisch gebucht werden. Auch Dauerbuchungen sind möglich. Dem Fahrgast wird dann zu Start und Ziel die nächstgelegene Haltemöglichkeit genannt. Innerhalb von 15 bis 20 Minuten soll der Bus da sein und den Fahrgast abholen, verspricht der MVV. Welche Route er dann nimmt, entscheidet ein Algorithmus, der Fahrtwünsche mit ähnlichem Verlauf zusammenbringt. Dadurch sollen die Fahrzeuge besser ausgelastet, Umwege reduziert und unnötige Fahrten eingespart werden. Genutzt werden kann der Flex-Bus mit den gewohnten, in der jeweiligen Tarifzone gültigen MVV-Tickets, die man demnächst auch in den Fahrzeugen kaufen kann. Einzig die Kurzstreckenregelung gilt nicht. Für die Beförderung von Kindern sind in den Bussen zwei Kindersitze vorhanden, auch Rollstühle und Kinderwagen können transportiert werden. Hunde dürfen nicht mitfahren - außer Begleithunde wie etwa Blindenhunde.

Das Pilotprojekt kostet etwa 1,4 bis 1,7 Millionen Euro im Jahr und wird mit zunächst 65 Prozent und später 40 Prozent vom Freistaat Bayern gefördert. Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) teilt dazu mit: "Die Menschen wollen schnell und ohne Umwege von A nach B kommen. Wenn wir wollen, dass sie dabei das Auto stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen, müssen wir das richtige Angebot schaffen." Landrat Göbel ist davon überzeugt, dass dieses flexible Angebot für die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis "einen erheblichen Mehrwert" darstellt. Wenn das Pilotprojekt den erhofften Erfolg ernte, könne es "einen richtigen Schub zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und für den ÖPNV geben".

Der Flex-Bus kann über die neue MVV-App gebucht werden, die bereits für Android-User freigeschaltet ist. Auf iOS-Geräten muss zunächst noch die MVV-App Beta (www.mvv.app/beta) genutzt werden. Buchungen sind zudem unter www.mvv-auskunft.de möglich sowie telefonisch (089/41 42 43 44).

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