Bau neuer Windräder im Münchner Südosten:"Man kann sich kaum vorstellen, was hier bald stehen wird"

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Die Fläche für das Windrad an der Pframmerner Straße im Höhenkirchner Forst ist bereits gerodet. 8000 Quadratmeter Wald müssen für ein Windrad weichen. (Foto: Claus Schunk)

Im Wald bei Höhenkirchen setzen Politiker den Spatenstich für das erste von zunächst sechs Windrädern, die bis 2025 im Südosten Münchens entstehen sollen. Unter ihnen ist auch der neue Windkraftbefürworter Hubert Aiwanger, der die Bürgerbeteiligung an dem Projekt lobt.

Von Martin Mühlfenzl, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Dicht an dicht stehen die Bäume links und rechts, über der Pframmerner Straße verhaken sich ihre Baumkronen ineinander. Es dringt kaum Licht durch das üppige Geäst. Doch nur wenige Meter weiter an der Kreuzung mit dem Theresien-Geräumt öffnet sich eine Fläche, auf der bis vor wenigen Wochen noch Wald stand und jetzt kein einziger Baum mehr ist. Am Horizont türmen sich die dünnen Fichtenstämme bis zu 30 Meter hoch auf, darüber strahlt der Himmel in schönstem Hellblau. "Man kann sich kaum vorstellen, was hier bald stehen wird", sagt Ursula Mayer, ehemalige Bürgermeisterin von Höhenkirchen-Siegertsbrunn, etwas ungläubig beim Blick nach oben. Sie scheint kaum fassen zu können, was sie selbst vor sechs Jahren angestoßen hat: den Bau von drei Windrädern mit einer Gesamthöhe von jeweils 249 Metern.

Schon im Sommer kommenden Jahres sollen sich die gewaltigen Rotoren mitten im Höhenkirchner Forst drehen und Strom für etwa 9000 Haushalte liefern. Und auch wenn alle drei Rotoren im Landkreis München stehen werden, ist der Bau der Anlagen ein Gemeinschaftsprojekt von zwei Landkreisen und ihren Kommunen: Denn vor sechs Jahren haben sich Höhenkirchen-Siegertsbrunn und die Gemeinden Egmating sowie Oberpframmern aus dem Landkreis Ebersberg zusammengetan und Planungen für den kleinen Windpark auf den Weg gebracht.

An diesem Montagmorgen steht die ehemalige Rathauschefin Mayer (CSU) neben ihrer Nachfolgerin Mindy Konwitschny (SPD), die gemeinsam mit ihren Amtskollegen Inge Heiler (ABE) aus Egmating und Andreas Lutz (CSU) aus Oberpframmern das Projekt gewissermaßen zu Ende gebracht hat. "Das ist ein historischer Tag für unsere Gemeinden, aber auch für beide Landkreise", sagt Konwitschny. "Und ein wegweisendes Projekt für ganz Bayern." Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sagt, dass sich die beiden Landkreise nun "faktisch" auf den Weg zur Energiewende machten, und verweist auch auf die Planungen für Windräder im Ebersberger Forst: "Wir sind noch nicht ganz so weit, aber ich hoffe, dass wir im nächsten oder übernächsten Jahr Spatenstich feiern können."

Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Höhenkirchner Forst. (Foto: Claus Schunk)

Die Bedeutung des Projekts im Höhenkirchner Forst unterstreicht an diesem Morgen auch der Besuch von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der zum obligatorischen Spatenstich im Wald angereist ist. Aiwanger hat sich zuletzt ja zum Windkraftbefürworter gewandelt. Seit Wochen ist der Minister unter anderem in Bayerns Südosten, im sogenannten Chemiedreieck unterwegs, um für den Bau von Windrädern im Landkreis Altötting zu werben. Denn genau dort in der Gemeinde Mehring hatten die Menschen bei einem Bürgerentscheid im Januar gegen den Bau von 40 Rotoren im Altöttinger Forst gestimmt - einem Staatswald.

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Im Hofoldinger Forst sind die Flächen für drei Windräder gerodet. Auch wenn von den 35 000 Quadratmetern ein Großteil wieder aufgeforstet wird, vermittelt ein Ausflug in den Wald einen Eindruck davon, welche Spuren die Energiewende hinterlässt.

Von Martin Mühlfenzl

Umso besser ist Aiwangers Laune beim Termin im Höhenkirchner Forst. Denn das Vorhaben hier ist anders. Die Menschen wurden von Beginn der Planungen an einbezogen, es gab Informationsveranstaltungen, Bürgerdialoge. Vor allem aber sollen sich die Bürgerinnen und Bürger aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern finanziell an dem Vorhaben beteiligen und per Rendite davon profitieren können. Aiwanger zog dementsprechend den Vergleich zum Staatsprojekt in Mehring. Dank des erfolgreichen Bürgerdialogs und der Bürgerbeteiligung sei im Münchner Südosten "offensichtlich die Zustimmung höher", so der Minister. In Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern habe der Dialog "optimal funktioniert".

"Die Energiewende kann nur unter Einbeziehung der Bevölkerung funktionieren", sagt Aiwanger weiter, der zudem die Verträglichkeit von Windrädern in Bayerns Wäldern betont. Der Flächenverbrauch betrage etwa im Vergleich mit Freiflächen-Fotovoltaikanlagen nur einen Bruchteil. So wurden im Höhenkirchner Forst etwa 8000 Quadratmeter je Anlage abgeholzt, durch Nachforstung und Renaturierung wird der Waldverlust am Ende nur etwa 3000 Quadratmeter je Anlage betragen. Windkraft allein aber reiche nicht, so Aiwanger, Bayern müsse bei der Energiewende auf einen Mix unterschiedlicher Energieformen setzen: von der Solarenergie, über Wind, Wasser bis hin zur Biomasse.

Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß, Egmatings Bürgermeisterin Inge Heiler, Wirtschaftsminister Aiwanger sowie die Höhenkirchen-Siegertsbrunner Ratshauschefin Mindy Konwitschny und ihr Oberpframmerner Amtskollege Andreas Lutz beim obligatorischen Spatenstich (von links). (Foto: Claus Schunk)

In den kommenden Wochen wird die Bürgerbeteiligung für die drei Windräder anlaufen. Diese hat sich auch etwas weiter südwestlich bereits mehr als bewährt: In nur eineinhalb Stunden kamen im Januar bei der Vergabe von Anteilen für die drei Windräder der Gemeinden Sauerlach, Aying und Otterfing im Hofoldinger Forst die angestrebten sechs Millionen Euro zusammen. Dort wird am kommenden Freitag, 17. Mai, der obligatorische Spatenstich im Wald begangen. Anders als im Hofoldinger Forst laufen im Höhenkirchner Forst die Anteile der Eigner nicht nach zehn Jahren aus, sondern sollen bis zum Ende der Lebenszeit des Windrads Rendite abwerfen, wie Robert Sing, Geschäftsführer der Bürgerwind Höhenkirchner Forst GmbH, erklärt.

Sing betont beim Spatenstich die guten Aussichten auf Gewinne. So seien etwa beim Windpark in der Gemeinde Fuchstal im Landkreis Landsberg am Lech, das ebenfalls sein Ingenieurbüro geplant hat, die Erwartungen deutlich übertroffen worden. Noch in diesem Herbst sollen laut Sing im Höhenkirchner Forst die Fundamente für die Windräder gelegt werden. Im Frühjahr werden dann die Stahltürme errichtet und im Sommer sollen sich die Rotoren drehen. Weit oben über den Fichten.

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