Rohstoffe:Ende Gelände

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Der Kiesabbau - hier beim Forst Kasten - frisst sich rund um München in die Landschaft. (Foto: Florian Peljak)

Der Kiesabbau führt rund um München zu immer mehr Konflikten. Die Grünen im Landtag kritisieren den "Wildwuchs" an Gruben und fordern staatliche Einschränkungen. Die Ausbeutung soll regional verträglich erfolgen.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Ob bei Unterschleißheim oder im Würmtal, in Salmdorf oder zwischen Hohenbrunn und Höhenkirchen - fast überall in der Münchner Schotterebene wird für Haus- und Straßenbau im großen Stil Kies gefördert, und dieser Abbau kollidiert häufig mit dem Wunsch der Menschen nach Ruhe und intakter Natur. Oftmals liegen die Gebiete, die ausgebeutet werden sollen, zudem in schützenswerten Gegenden oder gar Landschaftsschutzgebieten wie etwa auf dem Muna-Gelände oder im Forst Kasten. Die Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Köhler aus Unterhaching und Markus Büchler aus Oberschleißheim wollen den Kiesabbau nun "regional verträglicher" gestalten und einen "Wildwuchs" an neuen Abbauflächen verhindern. Sie haben daher am Donnerstag einen entsprechenden Antrag im Landtag eingebracht.

"Kasti bleibt" hatten vor zwei Jahren Demonstrierende auf Transparente geschrieben und an ihre Baumhäuser im Protestcamp inmitten des Forsts Kasten gehängt. Ähnlich wie die Gegner der Braunkohleförderung im Hambacher Forst protestierten sie gegen Pläne, den Kiesabbau in dem Wald, der einer Stiftung der Stadt München gehört, auf mehr als neun Hektar auszudehnen. Vor wenigen Wochen konnten die Umweltschützer dann jubeln: Stadt und Kiesabbauunternehmen haben den Pachtvertrag einvernehmlich aufgelöst - die Ausbeutung des Areals ist damit vorerst von Tisch.

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In Höhenkirchen-Siegertsbrunn wiederum hat das Verwaltungsgericht München bis auf Weiteres den umstrittenen Kiesabbau auf dem Muna-Gelände gestoppt. Die Richter gaben dem Eilantrag eines Anliegers statt, der sich gegen eine Genehmigung des Landratsamts München wehrte. Das Gericht erkannte einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot wegen zu erwartender Lärmbelästigung durch den Kiesabbau und vor allem die damit verbundene Zunahme an Lieferverkehr.

Rückwirkend hat der Protest der Demonstrierenden gegen den Kiesabbau im Forst Kasten Erfolg: Das Vorhaben wurde unlängst gestoppt. (Foto: Catherina Hess)

Ein endgültiges Aus für die Ausweitung des Kiesabbaus in ihrer Gemeinde verspricht sich Höhenkirchen-Siegertsbrunns Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) durch das Gerichtsurteil aber nicht. Denn, so die Rathauschefin, die Ausweisung von neuen Abbauflächen zu verhindern, sei äußerst schwierig - und einer Kommune seien dabei die Hände nahezu komplett gebunden. "Das Problem ist die Privilegierung", sagt Konwitschny. "Wir als Gemeinde haben da keine Chance, denn die Entscheidung, wo Kies abgebaut wird, trifft das Landratsamt als Genehmigungsbehörde gemeinsam mit dem Unternehmer." Grundsätzlich schützt das bayerische Baurecht die Außenbereiche von Kommunen, für die keine Bebauungspläne vorliegen, vor neuer Bebauung - Ausnahmen gelten aber für privilegierte, also Vorrechte genießende Vorhaben wie eben den Kiesabbau.

Die Bürgermeisterin fordert, mehr über Recycling nachzudenken

Die Grünen im Landtag sehen in der Tatsache, dass in Bayern Kiesgruben "heute fast überall genehmigt" würden, auch einen Grund dafür, dass es an vielen Orten Auseinandersetzungen mit Anliegern und Naturschützern gibt. "Wir sehen diese Konflikte verteilt über den ganzen Freistaat. Die Menschen haben das Gefühl, Sand- und Kiesgruben sprießen ungeachtet der Folgen für Mensch und Natur aus dem Boden", kritisieren die Abgeordneten Köhler und Büchler. Für den aus ihrer Sicht nicht mehr hinnehmbaren Wildwuchs machen sie vor allem den Mechanismus bei der Bedarfsermittlung verantwortlich: Die Genehmigung für einen Kiesabbau stütze sich allein auf Zahlen der Industrie und bisherige Abbaumengen. Die Grünen fordern von der bayerischen Staatsregierung, stattdessen Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung zu ermöglichen, um den Regionalen Planungsverbänden eine Steuerung bei der Ausbeutung des Rohstoffs an die Hand zu geben.

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Das Verwaltungsgericht München hebt die Genehmigung des Landratsamts für den umstrittenen Kiesabbau zwischen Höhenkirchen und Hohenbrunn auf und übt deutliche Kritik an der Behörde.

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Bisher würden die Interessen der Bürgerinnen und Bürger übergangen, wie der Fall Höhenkirchen-Siegertsbrunn gezeigt habe, beklagt die Grünen-Abgeordnete Köhler. "Hier wurde der Abbau erst durch das Verwaltungsgericht gestoppt. Es braucht endlich klar ausgewiesene Gebiete und eine vernünftige Bedarfsermittlung durch die Staatsregierung." Im erfolgreich verhinderten Abbau im Forst Kasten erkennt ihr Fraktionskollege Büchler einen Beleg dafür, dass selbst "vor unserer schönen Landschaft nicht Halt gemacht" werde. Nur engagierten Initiativen, Verbänden und Lokalpolitikern sei es zu verdanken, dass dieser gravierende Einschnitt habe vermieden werden können.

In Höhenkirchen-Siegertsbrunn stellt sich der Gemeinderat dagegen bereits - trotz der Gerichtsentscheidung - auf weitere Belastungen durch neuen Kiesabbau ein. "Wir werden einen städtebaulichen Vertrag abschließen", sagt Bürgermeisterin Konwitschny. Darin solle geregelt werden, dass es "kein Quetschwerk geben wird, dass eine anständige Zuwegung kommt und es, falls nötig, auch Lärmschutzmaßnahmen gibt". Damit verzichtet die Kommune allerdings auf eine Klage gegen das Genehmigungsverfahren, welche die Rathauschefin nach eigenen Worten ohnehin für aussichtslos hält.

Kiesabbau, so die Bürgermeisterin, sei schon notwendig, aber er dürfe nicht überhand nehmen. "Wir müssen mehr über Recycling nachdenken - und uns die Frage stellen, wie viel Kies wir wirklich brauchen."

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