Immissionsschutz:Richter stoppen Kiesabbau

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Hängt wieder in der Luft: der vom Landratsamt genehmigte Kiesabbau bei Höhenkirchen. (Foto: Claus Schunk)

Das Verwaltungsgericht München hebt die Genehmigung des Landratsamts für den umstrittenen Kiesabbau zwischen Höhenkirchen und Hohenbrunn auf und übt deutliche Kritik an der Behörde.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn/Hohenbrunn

Das Verwaltungsgericht München hat den umstrittenen Kiesabbau am Muna-Gelände in Höhenkirchen-Siegertsbrunn gestoppt. Die Kammer gab dem Eilantrag eines Nachbarn statt, der sich gegen die abgrabungsrechtliche Genehmigung durch das Landratsamt München gewandt hatte. Einer Sprecherin zufolge kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Genehmigung gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt - und zwar in puncto Lärm. So konnte laut der Sprecherin "trotz der vorgelegten Stellungnahmen und Gutachten zum Immissionsschutz nicht sicher ausgeschlossen werden, dass bei den umliegenden Nachbarn die gesetzlich festgelegten Lärmwerte durch den Kiesabbaubetrieb überschritten werden".

Infolge der Gerichtsentscheidung, gegen die die Beteiligten Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen können, muss der Kiesabbau vorerst auf Eis gelegt werden. Seine Mandantin habe darauf "sehr erfreut reagiert", sagt Rechtsanwalt Thomas Jäger von der Würzburger Kanzlei Baumann. Sie vertritt das Ehepaar, das an der Zufahrt zur Kiesgrube lebt, bei seiner Klage gegen die Genehmigung. Da diese keine aufschiebende Wirkung hatte, reichte die Kanzlei parallel dazu einen Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz ein, dem das Verwaltungsgericht nun also stattgegeben hat.

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Damit nimmt der Streit um den Kiesabbau der in Hohenbrunn ansässigen AEM Projekt München GmbH eine neue Wendung. Nachdem der Höhenkirchen-Siegertsbrunner Gemeinderat das Vorhaben zunächst abgelehnt hatte, entschied er sich im Sommer 2022 zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit dem Antragsteller. In diesem wird geregelt, wie der Kiesabbau auf dem circa fünf Hektar großen Areal am Waldrand östlich der Hohenbrunner Straße vonstatten geht - unter anderem was die Betriebsdauer und die Zahl der Lkw betrifft. In der Folge erteilte das Landratsamt die Genehmigung für das Vorhaben, das einen Abbau in drei Abschnitten und bis zu einer Tiefe von 25 Metern vorsieht. Die Kiesausbeute wird mit 940 000 Kubikmetern veranschlagt. Insgesamt soll der Abbau mit anschließender Rekultivierung bis zu 16 Jahre dauern.

In Hohenbrunn fühlt man sich in seiner Kritik bestätigt

Noch während der Diskussion über die Pläne hatte sich nicht nur in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, sondern auch in Hohenbrunn lautstarker Protest geregt. Schließlich leidet der Nachbarort zuvorderst unter dem Verkehr durch die Kieslaster - zumal der städtebauliche Vertrag festhält, dass diese in der Regel nicht durch Höhenkirchen-Siegertsbrunn fahren dürfen. Die Gemeinde Hohenbrunn klagte dann auch gegen die Genehmigung, ebenso wie der Bund Naturschutz und zwei Anlieger. In all diesen Fällen steht eine Entscheidung noch aus. Dass das Verwaltungsgericht nun jedoch im Eilverfahren die Prüfung seitens des Landratsamts beanstandet hat, bewerte er als "sehr positiv", sagt Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). "Das ist etwas Gravierendes, sonst würde das Gericht den Kiesabbau nicht stoppen." Straßmair sieht sich durch die Entscheidung bestätigt in seiner Kritik am Landratsamt. "Wir haben immer gesagt, dass bei der Prüfung nicht sauber gearbeitet wurde."

Erfreut über die Entscheidung zeigt sich auch Mindy Konwitschny (SPD). "Ich freue mich für die Anwohner, dass das jetzt noch mal geprüft wird", sagt die Bürgermeisterin von Höhenkirchen-Siegertsbrunn. "Ich gehe davon aus, dass es für sie eine Verbesserung geben wird." Dass der Kiesabbau an der Stelle dauerhaft gestoppt werden könnte, glaubt sie indes nicht - anders als ihr Bürgermeisterkollege aus dem Nachbarort. Straßmair setzt dabei auch auf die weiteren Klagen, die sich unter anderem um natur- und wasserschutzrechtliche Belange drehen. "Da sind viele offene Sachen, die nicht richtig geprüft wurden", sagt der Rathauschef. "Ich bin zuversichtlich, dass die anderen Klagen positiv ausgehen."

Ebenfalls Kritik am Genehmigungsverfahren übt Thomas Jäger, dessen Kanzlei sowohl das Nachbarehepaar als auch den Bund Naturschutz vertritt. "Das Landratsamt hat sich bislang nicht mit Ruhm bekleckert", findet der Rechtsanwalt. So habe das Verwaltungsgericht nun festgestellt, "dass es so, wie es aktuell läuft, einer Überprüfung bedarf". Vom Landratsamt heißt es dazu, das Gericht habe lediglich das vorgelegte Lärmschutzgutachten bemängelt. Ob die entsprechenden Richtwerte tatsächlich überschritten würden, sei dagegen nicht behandelt worden. "Das Verwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung somit auch aufgezeigt, dass diesbezüglich keine durchgreifenden Bedenken bestehen werden, wenn die Vorhabensträgerin das vorgelegte Lärmgutachten entsprechend überarbeitet", teilt eine Sprecherin der Behörde mit. Man werde den Beschluss zunächst analysieren. "Die nächsten Schritte hängen dann vom weiteren Vorgehen der Vorhabensträgerin im Umgang mit dem Lärmschutzgutachten ab." Die AEM Projekt München GmbH lehnte einen Kommentar zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab.

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