CSU-Delegiertenversammlung:Kleine Speerspitzen gegen den Anführer

Lesezeit: 3 min

Nicht mehr unangefochten: Für Florian Hahn als Kreisvorsitzenden sprachen sich in Grünwald nur etwas mehr als 83 Prozent der Delegierten aus. (Foto: Claus Schunk)

Florian Hahn muss bei seiner Wiederwahl als CSU-Kreisvorsitzender mit 25 Gegenstimmen das schlechteste Ergebnis seiner Karriere einstecken und attackiert seinerseits die Grünen scharf.

Von Stefan Galler, Grünwald

Wenn es in den Wahlkampf geht, greift die CSU gerne mal auf die antike römische Militärformation zurück, bei der sich die Legionäre unter einem Panzer aus Schilden verschanzten und mit ausgefahrenen Lanzen vorrückten. Geschlossen zum Angriff bereit und jeden Gegenangriff abwehrend - das war Sinn und Zweck der sogenannten Schildkrötenformation, und dieses Bild vermittelte auch der Kreisverband der Christsozialen bei seiner Delegiertenversammlung am Montagabend, die passenderweise im Bürgerhaus Römerschanz in Grünwald stattfand.

Allerdings konnte es sich der ein oder andere Parteisoldat dann doch nicht verkneifen, eine kleine Speerspitze gegen den eigenen Anführer zu richten, allerdings aus der Deckung durch die anonyme Stimmabgabe: Florian Hahn erhielt bei seiner Wiederwahl zum Chef der Kreis-CSU nur 158 der insgesamt 190 Delegierten-Stimmen, sieben Delegierte enthielten sich und immerhin 25 der Anwesenden votierten gegen den mittlerweile in Ottobrunn lebenden Bundestagsabgeordneten. Womit sich nur etwas mehr als 83 Prozent für Hahn aussprachen.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Fast jeder siebte Delegierte votierte also gegen Hahn, der verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist. Bei der Delegiertenversammlung vor einem Jahr in Sauerlach hatte Hahn noch 92 Prozent Zustimmung erhalten, bei seiner ersten Wiederwahl 2017 waren es sogar noch 96 Prozent gewesen. Hahn fuhr damit das bislang schlechtestes Ergebnis ein, seit er 2015 das Amt in einer Kampfabstimmung gegen Kerstin Schreyer mit 57 Prozent der Stimmen erobert hat. Und das, obwohl Landrat Christoph Göbel vor der Abstimmung noch eine flammende Rede für den Parteifreund gehalten und ihn dafür gerühmt hatte, "Weltpolitik und geerdete Politik für die Menschen im Wahlkreis" unter einen Hut zu bringen.

Hahn nahm das Ergebnis gelassen zur Kenntnis: "Ich bin absolut zufrieden", sagte er und begründete den latenten Gegenwind mit seiner Art, den Kreisverband zu führen: "Ich bin einer, der geradeheraus ist", möglicherweise ecke er damit eben bei einigen an. Die Gründe für die Gegenstimmen blieben unausgesprochen, vielleicht hatte ja der ein oder andere ein Problem mit Hahns jüngster Reise zu Floridas erzkonservativem Gouverneur Ron DeSantis, Kritik am Vorsitzenden wurde jedenfalls nicht geäußert. Die galt stattdessen dem politischen Gegner, insbesondere den Grünen, und kam vor allem von: Florian Hahn.

Der warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, den er "diesen Habeck" nannte, unter anderem vor, mit seinem Heizungsgesetz eine "Enteignung der Bürger" zu betreiben. Danach soll von 2024 an jede neu eingebaute Heizung in Deutschland mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. "Eine Förderung wird im Gesetzentwurf mit keiner Silbe erwähnt", schimpfte Hahn und warf den Grünen vor, "nur mit Verboten und Strafen" zu regieren. Es ist die Wahlkampfstrategie, die CSU-Chef Markus Söder aus- und vorgibt.

Die Landtagswahl ist in de Augen Hahns "die Mutter aller Schlachten"

Wie scharf die Söder-CSU den Wahlkampf betreiben wird, spricht aus Hahns Worten, der die Landtagswahl am 8. Oktober als "die Mutter aller Schlachten" bezeichnet und die CSU in Sachen Energiewende auf dem Vormarsch: "In Bayern gab es 2022 den meisten Zuwachs beim erneuerbaren Strom. Wir sind spitze bei Photovoltaik, Geothermie, Biomasse und Wasserstoff", sagte Hahn. Bei der Windenergie liege Bayern auf Rang acht von 16 Bundesländern. "Das liegt aber nicht an der 10-H-Regel, sondern am fehlenden Wind."

Um ihren neuerlichen Einzug ins Maximilianeum kämpft für die CSU im Stimmkreis München-Land Süd die frühere Sozial- und Verkehrsministerin Kerstin Schreyer, die in einer emotionalen Stegreifrede in Richtung der Ampelregierung ausrief: "Diesen Leuten wollen wir das wunderbare Bayern nicht überlassen." Im Stimmkreis München-Land Nord tritt Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl an, der wie Karin Hobmeier, Stefan Kern, Marianne Hellhuber und Nicola Gehringer von den Delegierten in Grünwald als stellvertretender Kreisvorsitzender bestätigt wurde.

Die Vorstandswahlen auf der CSU-Kreisdelegiertenversammlung in Grünwald erbrachten keine personellen Veränderungen. (Foto: Claus Schunk)

Schatzmeister Volker Rhein macht seinen Parteijob schon seit 28 Jahren und bleibt mindestens zwei weitere Jahre an Bord, auch Schriftführerin Annabella Wünsche macht weiter, während Jakob Schneider als neuer Digitalbeauftragter Stefan Krimmer ersetzt, der als Regionalbeauftragter für den nördlichen Landkreis dem Anfang des Jahres verstorbenen Unterschleißheimer Bürgermeister Rolf Zeitler nachfolgt.

Apropos Zeitler: Der emotionalste Moment der Versammlung war die posthume Auszeichnung des langjährigen Kommunalpolitikers mit der 2015 von der CSU eingeführten "Silbernen Raute". Zeitlers Witwe Monika nahm die Ehrung sichtlich bewegt entgegen. Und auch Florian Hahn konnte sich ein paar Tränen nicht verdrücken.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungFlughafen-Anbindung per U-Bahn
:Der Transrapid lässt grüßen

In 15 Minuten von München zum Flughafen - das klingt zu schön, um wahr zu werden. Leider ist eine Verlängerung der U6 ebenso unrealistisch wie einst der Plan für die Magnetschwebebahn.

Kommentar von Martin Mühlfenzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: