Konzert:Jazz mit Konzept

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Perfekte Harmonie: Sängerin Gabrielle Cavassa und Saxofonist Joshua Redman im Prinzregententheater (Foto: OliverHochkeppel)

Saxofonist Joshua Redmans musikalisches Amerika-Puzzle im Prinzregententheater.

Von Oliver Hochkeppel

Joshua Redman war nie Mainstream. Zwar hat der 54-jährige Tenorsaxofonist schon wegen seines Vaters Dewey, als Harvard-Absolvent und mit Sonny Rollins als prägendem Vorbild nie die Tradition vergessen. Aber er hat sie immer zu neuen Ufern getragen, ob als Gründer des SF Jazz Collective, als sich am Pop Bedienender oder als einer der wenigen Amerikaner, die sich auch für den europäischen Jazz interessierten - was etwa bei seinem bislang letzten München-Auftritt vor sieben Jahren mit dem Trondheim Jazz Orchestra zu bewundern war. Doch so viele neue Wege wie bei seinem neuen, nun im Prinzregententheater vorgestellten Projekt hat er noch nie beschritten.

Erstmals arbeitete er mit einer Sängerin zusammen, der jungen Gabrielle Cavassa, Gewinnerin der Sarah Vaughan International Jazz Vocal Competition. Das Ergebnis ist sein Debüt beim Vorzeige-Label "Blue Note", und erstmals ist es ein Konzept-Album: "Where We Are" fasst wie bei einem Puzzle Songs über amerikanische Städte und Regionen zu einem Gesamtbild zusammen. Worum es dabei geht und dass die Kombination mit Cavassa dafür eine Idealbesetzung ist, demonstrierte im Prinzregententheater schon der Einstieg. Für seinen "Chicago Blues" spannte Redman Count Basies "Going to Chicago" und Sufjan Stevens' "Chicago" zusammen und ließ sein weit in die Sopranlage reichendes, elegantes Tenorsaxofon mit Cassavas extrem reduzierten, feinen und mit einem leicht gebrochenem Blues-Unterton garnierten Gesang verschmelzen.

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Als über das rein Musikalische hinausreichende Suche nach einem gemeinsamen Nenner, nach Verständigung konnte dies verstanden werden. Auch andere Stücke wie das nostalgische "That's New England" waren weniger Zustandsbeschreibung als Wunschbild. Da hätte das Album auch "Where We Should Be" heißen können. Doch dann ließ Redman - immer artifiziell, doch darum nicht weniger brutal - die harte Realität einbrechen. Mit Bruce Springsteens Anti-Aids-Hymne "Philadelphia", mit John Coltranes Antirassismus-Meditation "Alabama", vor allem aber mit seinem eigenen Stück "After Minneapolis", das er fünf Tage nach der Ermordung von George Floyd geschrieben hatte.

Das Album beginnt damit, in München kam es erst spät, vermutlich aus Rücksicht auf das Münchner Publikum. Von dem er sich in der Zugabe dann mit "Ich hab' noch einen Koffer in Berlin" verabschiedete. Und, nachdem der Jubel kein Ende nahm, mit einer umwerfenden Jazz-Version von "Hotel California". Anders als bei James Carter zwei Tage zuvor stand hier ein Ausnahme-Saxofonist auf der Bühne, der sich ganz in den Dienst der (obendrein einer höheren Sache verpflichteten) Musik stellte statt umgekehrt.

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