Hort "Kinderhouse" in Neuhausen muss ausziehen:Kein Platz für Kinder

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Gut aufgehoben nach der Schule - noch: Hort "Kinderhouse" in der Nymphenburger Straße (Foto: Stephan Rumpf)

Seit Langem sucht der zweisprachige Hort in der Nymphenburger Straße nach neuen Räumen und hatte tatsächlich etwas in Aussicht - bis nun der Verwalter absagte. Doch der Hort muss schon bald ausziehen.

Von Ellen Draxel

Die Mädchen und Jungen trudeln kurz nach elf Uhr im "Kinderhouse" ein. 24 Schülerinnen und Schüler aus den Grundschulen an der Alfons- und Blutenburgstraße besuchen den bilingualen Hort in Neuhausen an der Nymphenburger Straße 86. Noch. Denn die Tage der Einrichtung an diesem Standort sind gezählt: Ende Dezember 2024 muss die deutsch-/englischsprachige Eltern-Kind-Initiative, die bereits seit mehr als 20 Jahren existiert, aus ihren Räumlichkeiten ausziehen. Und eine neue Bleibe ist nicht in Sicht.

"Wenn wir in den nächsten zwei Monaten keine Alternative bekommen, dann wird es das gewesen sein", konstatiert Normann Goodwin ernüchtert. Der Vater von vier Kindern, von denen zwei in das "Kinderhouse" gehen, ist im "Immo-Team" des Trägervereins. Seit einem Dreivierteljahr durchforstet es Inserate auf Immobilienplattformen und schreibt Vermieter an.

Fahndungsplakate haben bisher nicht zum Erfolg geführt, noch hat der Hort keine neue Bleibe gefunden. (Foto: Stephan Rumpf)

Andere Eltern streifen immer wieder durch Neuhausens Straßen und halten Ausschau nach Entrümpelungen oder abmontierten Firmenschildern. Ihre Erfahrung: Es gibt etliche Büroflächen, die im Viertel leer stehen. "Trotzdem kriegen wir den Fuß nicht in die Tür", sagt Goodwin. "Weil offensichtlich keiner Kitas will. Anscheinend scheint es lukrativer zu sein, die Räume leer stehen zu lassen, als sie an uns zu vermieten."

Noch befindet sich der Hort auf dem ehemaligen Gelände des Bruckmann-Verlags. 2014 hat die Rock Capital Group das 11 000 Quadratmeter große Grundstück an der Nymphenburger Straße 84 und 86 sowie der Lothstraße 3 und 5 erworben, um es umzugestalten. Was auf dem teilweise denkmalgeschützten Areal entstehen soll, ist im Detail nicht bekannt, man sei noch in der Abstimmung mit der Stadt und könne deshalb "keine konkreten Aussagen treffen", sagt Peter G. Neumann. Der geschäftsführende Gesellschafter spricht lediglich vom Ziel einer "Neupositionierung und Weiterentwicklung des Standortes". Die vorbereitenden Maßnahmen seien für Anfang 2025 geplant.

Genehmigt sind laut einem Sprecher des Planungsreferats bereits Vorbescheidsanträge zum Neubau eines Büro- und Geschäftshauses und einer Wohnanlage, jeweils mit Tiefgarage. Ein Bauantrag liegt der Behörde noch nicht vor.

Die Eltern zeigen Verständnis für die Interessen des Investors. "Die Zusammenarbeit mit Rock Capital war immer gut", betont Michael Haal vom Vorstand des Trägervereins. Die Kündigung sei schon vor geraumer Zeit ausgesprochen worden - rechtzeitig, um sich nach einer neuen Lösung umzuschauen. Die Firma habe auch die Hort-Nutzung bereits wiederholt verlängert. "Außerdem haben wir eine positive Mieterempfehlung von Rock Capital bekommen."

Genutzt hat der gute Leumund bislang allerdings wenig. Bis vor Kurzem hatten die Eltern noch die Hoffnung, in einer Immobilie an der Blutenburgstraße unterzukommen. "Als uns die Räume Ende November vom Makler präsentiert wurden, waren wir hellauf begeistert", sagt Goodwin. 190 Quadratmeter im Erdgeschoss in idealer Lage unweit der Schulen und optimal geschnitten für eine Hortnutzung - "ein Traum". Laut dem Makler wäre das "Kinderhouse" auch der einzige Mietinteressent gewesen. Aber dann kam von Verwalterseite vor wenigen Tagen die Absage. "Mit sehr fadenscheinigen Argumenten", wie Goodwin findet.

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Als einer der Gründe wurden mögliche Investitionskosten angeführt, die der Eigentümer nicht umlegen könne, weil Bildungsträger nicht umsatzsteuerpflichtig seien. "Solche theoretischen Kosten ließen sich aber über den Mietzins regeln, das ist ein absolutes Standardverfahren", sagt Goodwin. Ein anderer Grund: eventuelle Kosten für Umbauten. "Wir haben die Immobilie einem Gutachter gezeigt, der sagt, von außen müsste gar nichts geändert werden", erklärt der Vater. Und für Veränderungen im Inneren wie etwa den Umbau der Sanitärräume gäbe es eine städtische Förderung und ebenfalls die Mietkostenoption - auch das ist Usus in der Branche. Die SZ wollte den Verwalter dazu befragen, er äußert sich jedoch nicht.

Aus Sicht der Eltern ist daher klar: Der Hort ist nicht gewollt. Aufgeben aber ist keine Option, gesucht wird weiter nach etwa 200 Quadratmeter großen Mietobjekten. Zugleich hegt die Vereinsführung die Hoffnung auf ein weiteres Entgegenkommen der Rock Capital Group. Eine Verlängerung am derzeitigen Standort sei zwar definitiv ausgeschlossen, sagt Neumann, schon weil die Verkehrssicherheit nicht hinreichend gewährleistet werden könne. Rock Capital werde aber "gerne" seine Marktkontakte nutzen "und das Kinderhouse bei der Suche eines neuen Standortes unterstützen".

Im Hort können die Kinder nach dem Unterricht zur Ruhe kommen. (Foto: Stephan Rumpf)
Oder eine Runde Toben nach dem langen Sitzen in der Schule und über Hausaufgaben. (Foto: Stephan Rumpf)

Wie schwierig die Lage derzeit ist, zeigen zwei weitere Beispiele aus dem Viertel. Wegen geplanter Sanierungsmaßnahmen müssen die Elterninitiative Neuhausen e.V. und die Grissinis e.V. ihre vertraute Bleibe im Münchner Waisenhaus nach fast 30 Jahren verlassen. Vermieterin ist hier die Stadt, die die Kündigung zum Sommer 2025 bereits 2019 angekündigt hat. Ersatzräumlichkeiten wurden den Kindergärten bisher mangels Kapazitäten nicht angeboten, das Bildungsreferat unterstütze die beiden Initiativen aber "nach Kräften" bei der Standortsuche, sagt Sprecherin Inga Heins. Die eigenständige, monatelange Suche nach geeigneten Alternativen blieb wie beim Hort "Kinderhouse" bislang erfolglos.

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