Freisinger Moos:Moorschutz, der auch Landwirten hilft

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Auf der alten Versuchsanlage im Freisinger Moos haben sich die Forscher bereits mit neuen Anbauformen befasst. Nun wollen sie ihre Erkenntnisse in einem neuen Projekt auf größere Flächen übertragen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Stadt will ein Forschungsprojekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf zu Paludikulturen unterstützen. Erste Versuche mit dem Anbau von Sumpf-Segge und Rohrglanzgras sind vielversprechend.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Stadt Freising will sich an einem Forschungsprojekt zu Paludikulturen im Freisinger Moos beteiligen und dafür auch gut 30 000 Euro zum Ankauf von Flächen beisteuern. Diesen Beschluss hat der Finanzausschuss des Stadtrats am Montag nach kurzer Debatte gefasst. Er leistet damit möglicherweise langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaneutralität der Stadt - dann nämlich, wenn der Weihenstephaner Wissenschaftler Matthias Drösler mit seinem Institut für Vegetationsökologie und Landschaft an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) den Zuschlag für dieses Forschungsprojekt erhält.

Bei dem auf zehn Jahre angelegten Projekt handelt es sich um ein "Modell- und Demonstrationsvorhaben", das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert werden soll. Konkret geht es dabei um "Moorschutz inklusive der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus Paludikultur". Ziel ist es, eine großflächige Umstellung der Bewirtschaftung hin zu torferhaltender, nasser Moornutzung vorzubereiten, wie im Finanzausschuss erklärt wurde.

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Die erzeugte Biomasse könnte energetisch verwertet werden

Unter Paludikultur versteht man die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore, bekannt ist in erster Linie der Anbau von Schilf. Die daraus erzeugte Biomasse könnte beispielsweise energetisch verwertet werden oder der Erzeugung neuer Baustoffe dienen. Generell bringt die damit verbundene nasse Bewirtschaftung von Moorböden eine Minderung des CO₂-Ausstoßes mit sich.

Umgekehrt tragen trockengelegte Moore bis zu fünf Prozent zu den Gesamtemissionen Bayerns an klimaschädlichen Gasen bei. Deutschlandweit sind es bis zu 30 Prozent. Zudem liefern die Paludikulturen Alternativen für fossile Rohstoffe und fördern die Biodiversität in Mooren, als Lebensraum für seltene oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten.

Das Projekt soll auf zehn Hektar im Freisinger Moos fortgesetzt werden

Drösler und sein Team von der HSWT haben auf einer kleineren Testfläche im Freisinger Moos bereits untersucht, mit welchen Pflanzen es möglich wäre, das wertvolle Moor einerseits zu schützen - und andererseits eine Wertschöpfungskette zu etablieren, die den Anbau für die betroffenen Landwirte interessant machen würde. Als sehr geeignet hätten sich bei diesen Versuchen das Rohrglanzgras und die Sumpf-Segge erweisen, schilderte Drösler den Stadträtinnen und Stadträten.

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Nun wolle man die Forschung über das Projekt des Bundesministeriums auf einer größeren Fläche von gut zehn Hektar im Freisinger Moos fortsetzen, so der Professor weiter. Besonders sei daran die Laufzeit von zehn Jahren, denn "so etwas muss langfristig angelegt sein".

"Grundsätzlich auf alle Fälle unterstützenswert"

In dem bayerischen Konsortium, mit dem man sich um den Zuschlag beworben habe, sei auch eine Firma aus Landshut, die sich auf die Verwertung der aus den Pflanzen erzeugten Biomasse verlegt habe, warb er weiter für die Teilnahme an dem Forschungsprojekt, wobei er in dem Ausschuss eigentlich kaum noch Überzeugungsarbeit leisten musste. Das Projekt sei "grundsätzlich auf alle Fälle unterstützenswert", sagte etwa Umweltreferent Manfred Drobny (Grüne), auch wenn "der Teufel ja manchmal im Detail steckt".

So müsse beispielsweise die Verträglichkeit des Vorhabens im Vogelschutzgebiet noch geklärt werden - außerdem könnte es Konflikte mit der extensiven Weidebewirtschaftung im Freisinger Moos geben. Beweidung sei nicht automatisch gleichzusetzen mit Klimaschutz, hielt Drösler dem entgegen. Tatsächlich wolle man den Landwirten ja gerade Alternativen für die nassen Flächen aufzeigen. Das langfristige Ziel sei, dass diese an dem neuen Anbau verdienen könnten.

Lebensräume sollen erhalten und verbessert werden

Da Teile des Freisinger Mooses im Klimaprogramm Bayern Moore (KLIP 2050) ohnehin renaturiert werden sollen und das Forschungsprojekt auch zum städtischen Ausgleichsflächenkonzept passt, stimmte der Ausschuss der Beteiligung am Ende zu. Zu den Zielvorgaben dieses Konzepts gehören beispielsweise der Erhalt und die Entwicklung grundwassergeprägter Lebensräume, die Steigerung der Qualität als Wiesenbrüterlebensraum, ein Verzicht auf eine ackerbauliche Nutzung und die Erhöhung des Grünlandanteils sowie die Förderung hoher Grundwasserstände oder das Auflassen von Entwässerungsgräben.

© SZ vom 09.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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